Strittige Themen überlagern den EU-Russland-Gipfel

Schwierige Partnerschaft

Die Europäische Union und Russland wollen trotz der aktuellen Schwierigkeiten in ihrem Verhältnis die "strategische Partnerschaft" ausbauen. EU-Ratspräsidentin Angela Merkel sagte am Freitag, von einer Sackgasse in den Beziehungen könne keine Rede sein. Putin hob hervor, beide Seiten bräuchten einander. Zuvor gab es allerdings einen Schlagabtausch zwischen den Partnern

 (DR)

Stattfinden als Erfolg
Schon das Stattfinden des Gipfels wurde von der EU als Erfolg gewertet. Es sei sehr wichtig gewesen, den Gipfel abzuhalten, betonte Barroso. "Es ist immer besser, miteinander als übereinander zu reden", ergänzte Merkel. Dies könne man offen und ehrlich miteinander tun. Dabei gelinge es aber nicht immer, die andere Seite zu überzeugen.

Auf der Pressekonferenz traten mehrere Konflikte zwischen der EU und Russland offen zu Tage. Merkel und Barroso stellten klar, dass die von Russland blockierten Fleischimporte aus Polen EU-Sache sei. Dem Hinweis Putins auf Qualitätsmängel begegnete Barroros mit der Bemerkung, in der EU herrsche ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes. Das gelte auch für Fleisch aus Polen.

Differenzen beim Thema Demonstrationsfreiheit
Auch beim Thema Demonstrationsfreiheit wurden Differenzen deutlich. Merkel zeigte sich "besorgt", dass einige Demonstranten gegen den Gipfel nicht nach Samara reisen konnten. Den Namen des russischen Oppositionspolitikers Garri Kasparow nannte Merkel nicht. Der frühere Schachweltmeister war von den russischen Behörden am Flug nach Samara gehindert worden. Kasparow sagte, vor den Augen der EU-Spitze werde die russische Verfassung de facto außer Kraft gesetzt. Putin betonte, ihn störten Demonstrationen nicht, sie müssten aber im Rahmen der Gesetze bleiben. Putin verteidigte zugleich das Recht der Behörden, präventiv tätig zu werden.

In einer Reihe von Sachfragen gab es laut Merkel konstruktive Gespräche. Beide Seiten hoben die Bedeutung des Handels hervor und bekundeten Bereitschaft zur Verbesserung der Investitionsbedingungen. Putin sagte ferner, es solle ein Verfahren gefunden werden, wenn sich Energielieferprobleme aus Russland in Richtung EU abzeichnen. Verbessert werden soll die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung sowie in Visa-Fragen. Merkel äußerte zudem das Interesse, ein neues Partnerschaftsabkommen auszuhandeln.

Roth: Merkel muss Opposition treffen
Grünen-Chefin Claudia Roth forderte Merkel zu einem baldigen Treffen mit Vertretern der russischen Opposition auf. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Ruprecht Polenz (CDU), mahnte, die EU müsse Fragen der Presse- und Versammlungsfreiheit in Moskau "immer wieder ansprechen".

Roth sprach zugleich von einem "gefährlichen Tiefpunkt" im Verhältnis der EU zu Russland. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft sei an der Aufgabe gescheitert, diese Beziehungen voranzubringen. Der FDP-Außenexperte Werner Hoyer wertete den Gipfel als Beleg dafür, dass die Beziehungen "technisch funktionieren, allerdings ohne das notwendige Vertrauen" zur Lösung von Problemen.

amnesty beklagt Menschenrechtslage in Russland
Die Menschenrechtsorganisation amnesty international sagte im Vorfeld des Gipfels, das gegenwärtige Klima der Einschüchterung und das Ausmaß an Straflosigkeit bei Verbrechen sei in einer demokratischen Gesellschaft nicht hinnehmbar.

An die deutsche EU-Präsidentschaft appellierte amnesty, diese Themen anzusprechen. Die EU müsse dazu beitragen, dass sich die Lage in Russland nicht noch weiter verschlechtere. Damit diene sie nicht nur der russischen Bevölkerung, sondern auch Europa.