Streit um Abtreibungen

Klinik und Chefarzt vor Trennung

​Ein Chefarzt im niedersächsischen Dannenberg lehnt Abtreibungen in seiner Klinik aufgrund seines christlichen Glaubens ab. Im Streit darüber gehen der Mediziner und das Krankenhaus-Leitung möglicherweise bald getrennte Wege. 

Schwangerschaft / © Uli Deck (dpa)
Schwangerschaft / © Uli Deck ( dpa )

Der Chefarzt der Geburtshilfe in der Elbe-Jeetzel-Klinik, Thomas Börner, sagte, er werde dem Vorschlag der Leitung des Capio-Mutterkonzerns, dass Schwangerschaftsabbrüche in seiner Abteilung durch andere Fachärzte oder Kooperationsärzte vorgenommen werden, nicht zustimmen. "Ich muss zu meiner Meinung stehen und gegebenenfalls die Konsequenzen tragen", erklärte Börner gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Er trage die Verantwortung für seine Abteilung, so Börner. Das könne auch bedeuten, dass er den Chefarztposten, den er erst seit Dezember innehabe, wieder verlassen werde. Es stünden aber noch Gespräche mit der Konzernleitung aus. Börner hatte verfügt, dass in seiner Abteilung keine Abtreibungen nach der Beratungsregelung mehr vorgenommen werden sollten. Schwangerschaftsabbrüche widersprächen seiner christlichen Überzeugung.

"Im Zweifel Trennung"

Capio-Geschäftsführer Martin Reitz sagte dem epd, er respektiere die Auffassung des Chefarztes. Allerdings dürfe er seine Meinung nicht anderen Ärzten aufzwingen: "Persönliche Entscheidungen akzeptieren wir. Aber Abteilungsorganisation ist nun mal Trägerhoheit." Bestehe Börner auf seiner Weisung, "dann würden wir uns im Zweifel von ihm trennen oder er sich von uns".

Der Capio-Konzern mit Sitz in Fulda hatte zuvor betont, er wolle als weltanschaulich neutrale und konfessionsübergreifende Einrichtung auch weiterhin Abtreibungen nach der gesetzlich vorgesehenen, eingehenden Beratung ermöglichen. Deshalb solle es Gespräche darüber geben, inwieweit in Dannenberg andere Fachärzte oder Kooperationsärzte Schwangerschaftsabbrüche übernehmen könnten.

CDL: "Dringender Handlungsbedarf"

Die unionsinterne Initiative Christdemokraten für das Leben (CDL) lobten Börners Entscheidung. CDL-Bundesvorsitzende Mechthild Löhr teilte mit, Börner habe damit gezeigt, "dass er sich als Arzt und Christ ernsthaft seinem Gewissen und dem hippokratischen Eid verpflichtet versteht und das tatsächlich brutale Geschehen einer Abtreibung eines lebensfähigen Kindes nicht als normale 'Gesundheitsdienstleistung' anerkennen kann".

Das Recht auf Leben stehe als das zentrale Grundrecht allen anderen Menschenrechten voran. Eine Abtreibung bedeute immer, dieses Recht zu missachten, sagte Löhr. "Wenn heute mindestens jede sechste Schwangerschaft mit einer Abtreibung beendet wird, zeigt dies überdeutlich, daß hier gesellschaftlich und politisch sehr dringender Handlungsbedarf besteht", erklärte die CDL-Vorsitzende. "Medizin und Kliniken sollten grundsätzlich dem Lebenserhalt verpflichtet sein und nicht der Tötung Ungeborener."

Auch die Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA) betonte, jeder Mensch habe das Recht, bestimmte Handlungen aus Gewissensgründen nicht durchzuführen. "Dieses Recht ist besonders wichtig, wenn es, wie in diesem Fall, um Leben und Tod geht", so die ALfA-Bundesvorsitzende Alexandra Lindner. Ärzte, die sich im Zusammenhang mit Abtreibung auf das Grundrecht beriefen, müssten geschützt und respektiert werden.

Rund 30 Abtreibungen im vergangenen Jahr

In dem Krankenhaus in Dannenberg wurden nach Angaben des Capio-Konzerns im vergangenen Jahr insgesamt 31 Schwangerschaften abgebrochen. Der Capio-Konzern betreibt zehn Kliniken in Deutschland. Dannenberg ist darunter die einzige mit einer Geburtshilfe-Abteilung.

Abtreibungen sind in Deutschland straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen nach der Empfängnis erfolgen und legal, wenn es medizinische Gründe gibt oder nach einer Vergewaltigung. In jedem Fall muss sich die Frau vor dem Eingriff bei einer staatlich anerkannten Stelle beraten lassen.

(epd, KNA, CDL)