Sternberg blickt auf Priesterausbildung an Kölner Hochschule

"Konkordat lässt es nicht zu"

Falls an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie künftig Priesteramtskandidaten ausgebildet würden, sei das ein klarer Konkordatsbruch, sagt Thomas Sternberg. Er sieht die Fakultät an der Universität Bonn als zuständig an.

Prof. 
Thomas Sternberg / © Matthias Jung (KNA)
Prof. Thomas Sternberg / © Matthias Jung ( KNA )

DOMRADIO.DE: Diskutiert wird, ob das preußische Konkordat gebrochen wird, wenn die Priesterausbildung an die Kölner Hochschule verlagert werden würde. Was besagt denn das preußische Konkordat?

Prof. Thomas Sternberg (Ehemaliger CDU-Landtagsabgeordneter in NRW und ehemaliger Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken): Dieses preußische Konkordat von 1929 legt fest, wo und wie die Ausbildung von Theologen im Bereich Preußens geregelt wird. Das heißt, dieses Konkordat zwischen dem Vatikan und dem preußischen Staat legt fest, dass die Theologenausbildung in bestimmten Bistümern an staatlichen Fakultäten zu erfolgen hat.

Für bestimmte Bistümer wird genehmigt, dass sie eigene Seminare unterhalten, allerdings unter bestimmten Bedingungen. Das sind vor allen Dingen Paderborn, Trier, Fulda, Limburg, Hildesheim und Osnabrück. Die sind berechtigt, heißt es da, ein Seminar zur wissenschaftlichen Vorbildung der Geistlichen zu besitzen. Die anderen müssen ihre Geistlichen an den staatlichen Fakultäten, etwa in Münster und Bonn und Breslau unterrichten.

DOMRADIO.DE: Welches Interesse hatte denn Preußen, die Ausbildung an theologischen Fakultäten vorzuschreiben?

Sternberg: Wenn man verstehen will, was Preußen damals wollte und was die Absicht war, dann muss man sich heute mal klar machen, wie die Diskussion um die Imamausbildung läuft. Bei den Imamen sagt man auch: Wir wollen die Imamausbildung an staatlichen Fakultäten haben. Und man muss sich klar machen: die Katholiken waren in Preußen immer etwas schief angesehen. Ob die nicht ihre ultramontanen (wörtl. "jenseits der Berge"; romtreuer, politischer Katholizismus im 19. und frühen 20. Jhd., Anm. d. Red.) Ideen in diesen Seminaren verbreiten würden und mangelnden Nationalismus verbreiten.

Da wollte man lieber eine klare Aufsicht an staatlichen Fakultäten haben. Aber ansonsten ist es natürlich auch einfach sehr gut, wenn die Theologen in einem Umfeld unterrichtet werden, in denen auch die anderen Wissenschaften da sind und Interdisziplinarität etwas Selbstverständliches ist.

DOMRADIO.DE: Sie verfolgen die aktuelle Diskussion rund um die Kölner Hochschule für Katholische Theologie. Wie beurteilen Sie denn da die Pläne des Kölner Kardinals, der mit dieser Einrichtung ja die katholische Theologie stärken will, damit die Theologie eben auf Augenhöhe mit der Gesellschaft diskutieren kann?

Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) / © Gerald Mayer (DR)
Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) / © Gerald Mayer ( DR )

Sternberg: Auf Augenhöhe passiert die Theologie selbstverständlich an der hervorragenden Bonner Fakultät. Das ist eine große Fakultät mit einer großen Geschichte. Selbstverständlich ist man da auf Augenhöhe mit der Gesellschaft. Zunächst war das ja ein ganz sinnvoller Vorgang, dass der Kardinal sagte: Ich möchte gern die Steyler Hochschule, das war ja eine bestehende Hochschule, behalten, damit die überwiegend asiatischen Studierenden dort ihre Examina machen und weiterstudieren können. Das war ja ein vernünftiger Gedanke. Die Steyler konnten die Hochschule nicht weiterführen und dann hat der Erzbischof gesagt: Dann übernimmt das Erzbistum die Steyler Hochschule.

Aber dann wurde ja plötzlich etwas ganz anderes daraus. Dann wurde sie plötzlich diese Hochschule Päpstlichen Rechts, wurde im Grunde genommen als Folie gebraucht, um etwas ganz Neues in Köln zu gründen.

Konkordat

Konkordat (lateinisch für Vereinbarung) nennt man ein völkerrechtliches Abkommen zwischen dem Heiligen Stuhl als oberster Instanz der katholischen Kirche und einem Staat. In Deutschland gelten neben dem Reichskonkordat von 1933 Staatskirchenverträge mit einzelnen Ländern. Das Bayern-Konkordat von 1924 war Vorbild für die Abkommen mit Preußen (1929) und Baden (1932).

Mann hält Holzkreuz in der Hand / © PUWADON SANG (shutterstock)
Mann hält Holzkreuz in der Hand / © PUWADON SANG ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wo liegt da das Problem in Ihren Augen?

Sternberg: Die Kölner Hochschule ist einfach das Überflüssigste, was man an Hochschule in den letzten Jahren gründen konnte. Denn wir diskutieren in Deutschland über zu viele theologische Standorte, nicht über zu wenige. Wir werden wahrscheinlich künftig nicht alle Fakultäten in Deutschland halten können, einfach wegen der Zahl der Studierenden.

Aber im Erzbistum Köln, ausgerechnet dort, wo eine sehr gute und traditionsreiche theologische Fakultät in Bonn besteht, jetzt etwas zu gründen, was wirklich niemand braucht, das ist mir völlig unerfindlich, wie man das machen kann.

DOMRADIO.DE: Dürfte denn das Erzbistum Köln zukünftige Priester an der neuen Hochschule Ihrer Ansicht nach ausbilden lassen?

Sternberg: Sie darf es nach Konkordat eindeutig nicht. Das Erzbistum Köln muss seine – und da spricht das Konkordat merkwürdigerweise von Geistlichen, nicht von Priestern, das heißt, es wäre auch die Frage, ob nicht die Pastoralreferenten mit darunter fallen, in Bonn ausbilden. Das heißt, das Konkordat lässt es schlechterdings nicht zu, das in Köln zu machen. Jetzt gibt es da unterschiedliche Rechtsauffassungen. Schon der Bonner Kirchenrechtler Flasch meinte 1971, die nordrhein-westfälische Verfassung stünde über dem Konkordat, und deshalb sei es möglich, dass der Erzbischof von Köln eine eigene Hochschule errichtet. Dann gibt es jetzt eine Studie von PRof. Mückl, der zu einem ähnlichen Ergebnis kommt.

Es ist aber nicht richtig, denn alle Staatsrechtler, die diese Materie untersucht haben, stellen eindeutig fest, dass das Konkordatsrecht von 1929 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung sogar vorgängig ist. Das heißt, die Weitergeltung dieses Konkordats von 1929 ist eindeutig. Dann ist aber eben die Ausbildung von Geistlichen, was immer mit Geistlichen gemeint ist, oder von Klerikern, in Bonn vorgeschrieben.

DOMRADIO.DE: Ist es denn von Seiten der Kirche klug, das bestehende Konkordat quasi auf den Prüfstand zu stellen, also zumindest in die Diskussion zu bringen?

Schild der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn / © Harald Oppitz (KNA)
Schild der Katholisch-Theologischen Fakultät an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn / © Harald Oppitz ( KNA )

Sternberg: Meines Erachtens überhaupt nicht. Es gibt doch gar keinen Grund dafür. Dieses Konkordat ist etliche Male intensiv behandelt worden, zum Beispiel bei der Gründung des Bistums Essen. Da war die Frage: Wo wird denn jetzt dieses neue Bistum Essen seine bisherigen Kandidaten, als es sie noch gab, ausbilden? Ich wünschte mir ja, es gäbe wieder mehr Priesteramtskandidaten, auch aus Essen. Aber damals hat man dann Bochum gegründet. Das sind nicht Dinge, die rechtlich geruht haben, sondern daran diskutiert und arbeitet man ständig. Es wäre völlig töricht, das Konkordat in Zweifel zu stellen.

Das Interview führte Julia Reck.

Quelle:
DR
Mehr zum Thema