Steinmeier beklagt "Irritationen" im deutsch-polnischen Verhältnis

Streit um Minderheiten-Rechte

Die von polnischer Seite erwogene Einschränkung der deutschen Minderheitenrechte im Land sorgt für neue Spannungen im bilateralen Verhältnis. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) beklagte am Wochenende "Irritationen" im deutsch-polnischen Verhältnis. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hartmut Koschyk, warnte nachdrücklich vor einer Verschlechterung der nachbarschaftlichen Beziehungen.Reihe von StreitpunktenNach dem Streit über die Vertriebenen-Ausstellung "Erzwungene Wege" in Berlin sorgt nunmehr eine gegen die deutsche Minderheit in Polen gerichtete politische Initiative für Spannungen.

 (DR)

Die von polnischer Seite erwogene Einschränkung der deutschen Minderheitenrechte im Land sorgt für neue Spannungen im bilateralen Verhältnis. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) beklagte am Wochenende "Irritationen" im deutsch-polnischen Verhältnis. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hartmut Koschyk, warnte nachdrücklich vor einer Verschlechterung der nachbarschaftlichen Beziehungen.

Reihe von Streitpunkten
Nach dem Streit über die Vertriebenen-Ausstellung "Erzwungene Wege" in Berlin sorgt nunmehr eine gegen die deutsche Minderheit in Polen gerichtete politische Initiative für Spannungen. So will die ultranationalistische Koalitionspartei "Liga polnischer Familien" (LPR) der deutschstämmigen Minderheit das Wahlprivileg entziehen, das ihnen erlaubt, in das Parlament einzuziehen, auch wenn sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht überwinden.

Der polnische Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski schloss sich am Wochenende der Initiative an. So betreibe Deutschland gegenüber den Polen eine Politik der "Assimilation". Wenn jemand in Polen ein Recht
haben wolle, müsse er den Polen bei sich zu Hause dieselben Rechte zuerkennen. Er wolle in Zukunft "keine asymmetrischen Zustände" mehr hinnehmen, wurde der polnische Regierungschef in den Medien zitiert.

Steinmeier äußerte sich besorgt und sagte, er habe mit der polnischen Außenministerin Anna Fotyga abgesprochen, "eine Brücke der Verständigung zu installieren." Aus den Irritationen dürften "keine
Spannungen" entstehen. Der SPD-Politiker sagte, er habe seiner polnischen Amtskollegin angeboten, "persönlich im Gespräch zu bleiben", um die guten Beziehungen wieder herzustellen. Ob das
gelinge, hänge allerdings nicht nur von der deutschen Seite ab. Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, betonte Steinmeier.

Nachhaltige Erschütterung des Verhältnisses
Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hartmut Koschyk, appellierte an Jaroslaw Kaczynski, sich Tendenzen in der Regierungskoalition zu widersetzen, den deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag von 1991 sowie die darin enthaltenen Schutzrechte für die deutsche Minderheit in Polen in Frage zu stellen. Koschyk warnte: "Bestrebungen dieser Art würden den wertvollen Bestand deutsch-polnischer Gemeinsamkeiten, die seit 1989 erreicht worden sind, nachhaltig erschüttern."

Koschyk wies darauf hin, dass die Rechte der deutschen Minderheit in Polen nicht nur durch den Nachbarschaftsvertrag von 1991, sondern auch durch den Grundrechtschutz der Europäischen Union (EU) und des Europarates, abgesichert sind. Wer den Standard des europäischen Minderheitenschutzes in Frage stelle, der stelle damit "auch seine Europatauglichkeit in Frage", warnte Koschyk.

Merkel trifft Kaczynski beim ASEM-Gipfel: Staatsbesuch in Berlin am 30. Oktober
Am Rande des ASEM-Gipfels ist Bundeskanzlerin Angela Merkel mit dem polnischen Ministerpräsidenten Jaroslaw Kaczynski zu einem kurzen Gespräch zusammengetroffen. Beide betonten die Wichtigkeit der deutsch-polnischen Beziehungen. Nach Aussagen der Bundeskanzlerin habe Kaczynski deutlich gemacht, dass an dem Nachbarschaftsvertrag von 1991 nichts geändert werden soll. Damit würden die Rechte der deutschen Minderheit nicht reduziert. "Wir wissen um die Bedeutung der deutsch-polnischen Beziehungen", so die Kanzlerin. Sie zeigte sich sehr erfreut, dass Kaczynski angekündigt hat, am 30. Oktober nach Berlin zu kommen. "Dort werden wir alle Punkte anprechen, die angesprochen werden müssen", sagte Merkel.
(dr, Peter Kosfeld, ddp)