SPD-Fraktionschef Steinmeier belebt das Thema Organtransplantation neu

Comeback nach Nierenspende

SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier ist zurück. Zwei Monate nach seiner viel beachteten Nierenspende für seine Frau meldete er sich am Dienstag in Berlin wieder ins politische Tagesgeschäft zurück. Nicht ohne seine persönlichen Erfahrungen mit einer politischen Forderung zu verbinden.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

Der SPD-Politiker sprach sich für eine neue rechtliche Regelung von Organspenden aus - ohne freilich konkret zu werden. Steinmeiers zwischenzeitlicher Rückzug aus der Politik hatte nicht nur seine Sympathiewerte steil ansteigen lassen. Seine selbstlose Nierenspende hatte auch ein wachsendes Interesse am sonst tabuisierten Thema Organspende angestoßen. Die Nachfrage nach Spenderausweisen bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) und die Klickzahlen auf den entsprechenden Internetseiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung waren vorübergehend stark angestiegen.



Ob sich dieses Interesse auch bei den Organspenden niederschlägt, bleibt offen. Es wäre wünschenswert. Denn die Zahl der Spender in Deutschland stagniert seit Jahren. 2009 beispielsweise spendeten bundesweit 1.217 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe. Das waren 19 mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig ging die Anzahl der gespendeten Organe um 48 zurück, so dass für die Patienten aus Deutschland 3.897 Organe zur Verfügung gestellt werden konnten. Rund 12.000 Menschen stehen aber auf der Warteliste. Jeden Tag sterben drei von ihnen - weil sich kein geeignetes Organ für sie fand. Im europäischen Bereich ist Deutschland mit 14,9 Spendern pro eine Million Einwohner nicht mal Mittelmaß. Der Weltmeister heißt - wie beim Fußball - Spanien, das auf 34,2 Spender kommt.



"Es gibt viel zu wenig Organspender, dabei können wir das alle gemeinsam leicht ändern, indem wir einen Spenderausweis ausfüllen", appellierte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) an die Bundesbürger. Zwar befürworten etwa 80 Prozent die Organspende, dennoch haben nur 17 Prozent einen Spendeausweis ausgefüllt.



Umstrittene Forderung

Das Bekanntwerden der Organspende Steinmeiers hatte darüber hinaus auch zu Forderungen nach einer Änderung des Transplantationsgesetzes von 1997 geführt. Bislang dürfen Mediziner Organe nur entnehmen, wenn der Spender zu Lebzeiten zugestimmt hat oder nach dem Tod die Angehörigen ihr Einverständnis geben. Statt dieser "erweiterten Zustimmungslösung" plädierten Politiker aller Parteien in diesem Sommer für eine "Widerspruchslösung". Danach wäre die Organentnahme immer dann möglich, wenn Spender zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen haben.



Eine Regelung, die allerdings bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO), die für die Koordination der Organspende bundesweit zuständig ist, auf wenig Gegenliebe stößt. Sie fürchtet einen Vertrauensverlust in die Medizin und will an einem anderen Punkt ansetzen: Sie kämpft darum, die Krankenhäuser zu einer besseren Zusammenarbeit zu gewinnen. Nach spanischem Vorbild. Denn auf der iberischen Halbinsel genießt die Organspende ein hohes Ansehen. Dort wurden viele Ärzte speziell für Transplantationen geschult und ein dichtes Netz von Koordinatoren in den Hospitälern aufgebaut. Daran sollen sich deutsche Kliniken ein Beispiel nehmen.



Bei der Lebendspende, wie Steinmeier sie durchgeführt hat, gibt es ganz eigene Probleme: 2009 wurden 600 Transplantationen nach Lebendspende durchgeführt - ein leichter Anstieg gegenüber den Vorjahren. Doch bislang ist die Lebendspende nur bei Verwandten, Ehepartnern und nahe stehenden Personen erlaubt. Damit soll der Organhandel verhindert werden. Problematisch ist auch die Absicherung des Spenders: Der Vorsitzende der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer (BÄK), Hans Lilie, betont zwar, dass Schädigungen von Spendern die Ausnahme blieben. Doch im Fall von Folgeerkrankungen hätten die Spender bislang die Beweislast bei den Krankenkassen. "Und dieser Beweis ist faktisch nicht zu führen."