Diskussion um Organspende neu entfacht

Eine noble Geste mit Folgen

Nach der Organspende von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier an seine Ehefrau mehren sich die Stimmen für eine Lockerung der Transplantationsvorschriften. Bislang können Organe nur entnommen werden, wenn der Spender zu Lebzeiten zugestimmt hat oder unmittelbar nach dem Tod die Angehörigen ihr Einverständnis geben.

 (DR)

Mehrere Unionspolitiker zeigten sich in der "Welt am Sonntag" offen für eine Umkehrung dieses Prinzips. Danach wäre die Organentnahme bei Hirntoten möglich, sofern diese zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen haben. "In Anbetracht des Mangels an Spenderorganen muss über alle Möglichkeiten offen diskutiert werden", sagte der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU).



Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) äußerte sich zurückhaltend. Rolf Koschorrek, Obmann der Union im Gesundheitsausschuss des Bundestags, bezeichnete die Widerspruchsregelung als "Möglichkeit, die Versorgung mit Spenderorganen hierzulande entscheidend zu verbessern". Die derzeitige Gewichtung in Deutschland sei "verquer", kritisierte der Ärztliche Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin, Roland Hetzer: "Die Rechte von Verstorbenen werden höher gewertet als die von kranken Lebenden."



Auch die Kirchen haben sich mehrfach dafür ausgesprochen, die Bereitschaft zur Organspende grundsätzlich zu vergrößern. Ein solcher Schritt könne ein "Akt der Nächstenliebe" sein, erklärte die Deutsche Bischofskonferenz unmittelbar nach Verabschiedung des Transplantationsgesetzes vor gut zehn Jahren. Gesundheitsminister Rösler sagte am Wochenende, die Bereitschaft zur Organspende dürfe nicht gesetzlich verordnet werden. In dieser Frage komme es darauf an, die Menschen zu überzeugen. Der Geschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Bernd Metzinger, unterstrich dagegen: "Die Widerspruchslösung wäre die sinnvollste und einfachste Maßnahme, um den Menschen zu helfen, die auf ein Spenderorgan warten."



Manche Experten fordern weitergehende Regelungen. "Die Bürger sollten dazu verpflichtet werden, sich zu erklären, ob sie nach einem Hirntod mit einer Organspende einverstanden wären oder nicht", so Eckhard Nagel, Mitglied des Deutschen Ethikrats und Direktor des Instituts für Medizinmanagement in Bayreuth. In Deutschland warten nach Angaben der Bundesregierung 12.000 Menschen auf ein Spenderorgan.