Spannungsreicher Auftakt der Bischofsvollversammlung

Eine Entschuldigung

Die Bischöfe in Deutschland haben sich für die Missbrauchsfälle in der Kirche entschuldigt. Zum Auftakt ihrer Frühjahrsvollversammlung kündigte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, zugleich an, die Bischöfe wollten die Vorgänge vor den Papst bringen.

Autor/in:
Volker Hasenauer
 (DR)

Das enorme öffentliche Interesse wird auch an der Zahl der Mikrofone deutlich, die ein Dutzend Fernsehteams für den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz im Freiburger Priesterseminar aufgebaut haben. Freundlich lächelnd tritt Erzbischof Robert Zollitsch am Montagnachmittag vor die Presse. Und findet zur Eröffnung der Frühjahrsvollversammlung der katholischen Kirchenführer - nach längerem Schweigen in den vergangenen Wochen - deutliche Worte zu dem Thema, das die Bischofsberatungen bis Donnerstag prägen dürfte:

«Sexueller Missbrauch an Minderjährigen ist immer ein abscheuliches Verbrechen. Ich entschuldige mich im Namen der katholischen Kirche in Deutschland bei allen, die Opfer eines solchen Verbrechens wurden.» Zollitsch kündigt eine Arbeitsgruppe an, die klären soll, ob die kirchlichen Leittlinien im Umgang mit Missbrauchsfällen überarbeitet werden sollen. Er verspricht, dass die Forderung nach einer Verlängerung der Verjährungsfristen ein Thema sein wird.
Genauso wie Überlegungen, ob bei der Priesterausbildung in Sachen Prüfung der sexuellen Reife der Bewerber nachgebessert werden soll.

Kein «systemisches Problem»
Ob zum Ende der Vollversammlung bereits mit greifbaren Ergebnissen zu rechnen sein wird, lässt der Vorsitzende aber offen. Dafür erteilt Zollitsch der Interpretation eine energische Absage, wonach Missbrauch ein «systemisches Problem» der Kirche sei. Er setzt sich damit deutlich ab von Pater Klaus Mertes, dem Leiter des Berliner Canisius-Kollegs, der als erster mit Berichten über sexuelle Übergriffe eine Lawine ins Rollen brachte.

«Missbrauch hat nichts mit Zölibat zu tun», ist Zollitsch überzeugt. Und räumt zugleich ein, dass jeder einzelne Fall im kirchlichen Raum besonders schwerwiegend sei. Hinter verschlossenen Türen beginnen dann die Beratungen. 65 Oberhirten sind nach Freiburg gekommen, das die Bischöfe in den schwarzen Klerikeranzügen mit mildem Frühlingswetter empfängt. Kirchenkritiker hoffen, dass auch in Sachen Umgang mit Missbrauch und Sexualmoral ein neuer Wind aufkommt.

«Ich hoffe auf klare Signale, dass es eine vollständige Aufklärung geben wird», sagt der Sprecher der Initiative «Wir sind Kirche», Christian Weisner. Er fordert einen Runden Tisch mit Politik und Experten und eine bundesweite niederschwellige Anlaufstelle für Missbrauchsopfer. Zur von seiner Organisation organisierten Mahnwache im Schatten des Freiburger Münsters findet sich unter den gelben Spruchbänder «Bischöfe, stoppt den sexuellen Missbrauch!» und «Wir prangern an» eine kleine Gruppe zusammen, die Passanten und Kamerateams neugierig macht.

Zollitsch im März beim Papst
Im engen Sitzungssaal des Kolping-City-Hotels haben derweil die Bischöfe Platz genommen. Als wichtiger Gast nimmt am Montag der Apostolische Nuntius, der Vertreter des Papstes in Deutschland, Erzbischof Jean-Claude Perisset an den Beratungen teil. Zollitsch selbst kündigt an, bei seinem nächsten Rombesuch im März Papst Benedikt XVI. über Missbrauch und Gewalt im Raum der Kirche informieren zu wollen. Am frühen Abend ziehen die Bischöfe ins Münster hinüber, um den liturgischen Auftakt des Kirchentreffens zu gestalten. Rund 350 Musiker von Domsingknaben, Mädchenkantorei, Domchor und Domkapelle begleiten den festlichen Gottesdienst im gotischen Gotteshaus musikalisch.

Besinnliche Töne stimmt Zollitsch in seiner Predigt an. Noch einmal entschuldigt er sich: «Wir leiden mit den Opfern, die wir um Verzeihung bitten.» Er erinnert zum Auftakt der vorösterlichen Bußzeit auch daran, dass die Kirche immer eine Gemeinschaft von Menschen mit Fehlern und Schwächen sei. Und der Vorsitzende zeigt, dass er es nicht nehmen lässt, auch ein Wort zu den gesellschaftlichen Debatten der Gegenwart zu sagen. Einen kritischen Seitenblick richtet er in seiner Predigt auf die aktuelle Hartz-IV-Debatte.

Am Dienstagmorgen gehen die Beratungen der Kirchenführer weiter. Der deutsche Afghanistan-Einsatz steht dann genau so auf der Tagesordnung wie die Frage, wie Kirche für junge Menschen attraktiver werden kann. Und natürlich wird es im Plenum und beim Espresso in der Hotel-Lounge wieder um den Missbrauchsskandal gehen.