Im offenen Streit mit Spaniens Rechtspopulisten (Vox) will sich die katholische Kirche des Landes offenbar nicht weiter provozieren lassen. Die Bischofskonferenz wird keine weiteren Kommentare zu Behauptungen von Vox-Chef Santiago Abascal abgeben.
Er hatte der Kirche vorgeworfen, die Migranten-Willkommenskultur der linken Regierung nur deshalb zu unterstützen, weil sie unter anderem die öffentlichen Zuschüsse für die Caritas nicht verlieren wolle.
Hintergrund der Äußerungen des Rechtspopulisten war die Kritik der Bischofskonferenz an einem in der südspanischen Gemeinde Jumilla Ende Juli von Vox vorangebrachten Verbot muslimischer Feiern in öffentlichen Räumen der Gemeinde.
Spaniens Bischöfe bezeichneten das mit Hilfe der Konservativen verabschiedete Verbot in einer gemeinsamen Erklärung mit der Islamischen Kommission Spaniens als eine "verfassungswidrige Einschränkung der Religionsausübung". Sie erklärten, es handle sich um eine "religiöse Diskriminierung, die in demokratischen Gesellschaften nicht vorkommen darf".
Zutiefst enttäuscht
Vox-Chef Abascal zeigte sich als "Katholik mit politischer Verantwortung" in Anspielung an den Generalsekretär der Bischofskonferenz, César García Magán, zutiefst enttäuscht von einem Teil der Kirchenhierarchie. Tatsächlich trat der Bischofssprecher und Weihbischof von Toledo in den vergangenen Jahren immer wieder als Verteidiger von Ausländerrechten auf. Außerdem verurteilte er eine "ideologische Demagogie" und "politische Instrumentalisierung" der Migrationsfrage durch Vox.
Doch nun wollen die Bischöfe offenbar kein neues Öl ins Feuer gießen und damit Vox eventuell noch einen Gefallen tun - zumindest nicht offiziell. Denn die Behauptungen von Abascal wollen nicht alle auf sich sitzen lassen. Am Dienstag empfahl Joan Planellas, Erzbischof von Tarragona, in einem Interview des Catalunya Ràdios Vox und Abascal einen Blick in die Bibel.
Sie sollten lesen, was die Bibel, die Kirchenlehre und das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) zur Behandlung von Fremden und der Aufnahme von Einwanderern sagten. Der Erzbischof betonte, "ein Fremdenfeind kann kein wahrer Christ sein".
Offene Meinungsverschiedenheiten
Am selben Tag sagte Madrids Kardinal José Cobo, "ein Lammfest in einer Stadt mit muslimischer Präsenz kann keine Bedrohung für irgendetwas und niemanden darstellen". Ein Verbot muslimischer Feste in öffentlichen Räumen bedeute einen "Rückschlag für das Zusammenleben".
Zudem lehnen viele Stimmen die Behauptungen Abascals ab, die Bischofskonferenz befinde sich wegen öffentlicher Zuschüsse zu nah an der Seite der Regierung. Tatsächlich kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu offenen Meinungsverschiedenheiten zwischen den regierenden Sozialisten und den Bischöfen - vor allem wegen der Liberalisierung von Abtreibungen und Transgenderrechten.