Heißer Herbst für Gesundheitspolitiker

Spahn macht Dampf

Organspende, Notfallversorgung, Impfpflicht gegen Masern und Apothekengesetz: Der Herbst wird arbeitsreich. Auf dem Tisch der Gesundheitspolitiker des Bundestags liegen 16 Gesetze und Verordnungen. Minister Spahn macht Dampf.

Autor/in:
Christoph Arens
Symbolbild: Krankenhausflur / © Monkey Business Images (shutterstock)
Symbolbild: Krankenhausflur / © Monkey Business Images ( shutterstock )

"Der schafft was weg", hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihren Minister auf ihrer Sommerpressekonferenz im August gelobt. Anerkennend äußerte sich auch der frühere Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery: "Spahn prescht vor und hat die Folgen nicht immer vor Augen", sagte er. Das empfinde mancher als Aktionismus. Zugleich bescheinigte er dem CDU-Politiker, dass er Themen anpackt und auch zurückrudert, wenn ihn Argumente überzeugen.

Ehrgeiz und Durchsetzungsfähigkeit: Für Spahn, der sich vergeblich für den CDU-Vorsitz bewarb und auch als Verteidigungsminister im Gespräch war, hat ein funktionierendes Gesundheitswesen eine große Bedeutung für das Vertrauen der Bürger in den Staat. Deshalb ist der kampfeslustige Münsterländer auch bereit, sich mit wichtigen Interessengruppen anzulegen. Blutige Nase nicht ausgeschlossen.

Welche Lösung bei der Organspende?

Zum Beispiel bei der von ihm wesentlich mitbeförderten Debatte über eine Kehrtwende bei der Organspende. Hatte der Katholik früher die Meinung vertreten, dass alle Bürger einer Organspende ausdrücklich zustimmen müssten, so kämpft er nun für die gegenteilige Lösung: Jeder Bürger soll potenzieller Organspender sein - außer er hat ausdrücklich widersprochen: "Ich musste einfach erkennen, dass das, was ich damals als die Lösung verkauft habe, nicht funktioniert hat", begründet Spahn seinen Meinungswandel.

Ein großer Brocken ist auch die Finanzierung der Pflege in der alternden Gesellschaft. Die Kosten drohen zu explodieren. Im ersten Halbjahr 2020 will der Minister deshalb einen Vorschlag für eine Finanzreform in der Pflegeversicherung vorlegen. Die Pflege steckt in einem Teufelskreis: Um die Personalnot zu lindern, fordert die Koalition flächendeckende Tariflöhne in der Altenpflege. Das aber erhöht die Eigenanteile der Pflegeheimbewohner. Die Reform ist ein Balanceakt: Pflegebedürftige und ihre Angehörigen nicht zu überfordern, die Belastung der Beitragszahler im Blick zu behalten und auch die Steuerzahler nicht zu stark zur Kasse zu bitten. Dieser Gordische Knoten muss noch durchschlagen werden.

Heftige Debatten gibt es auch um die Reform der Notfallversorgung. Krankenhäuser, Kassenärzte und Kassen sind sich einig, dass sich dort etwas grundlegend ändern muss. Denn zu viele Patienten mit Bagatellerkrankungen verstopfen abends und an den Wochenenden die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Doch zugleich streiten sie wie die Kesselflicker um Kompetenzen und Vergütung. Zusätzlich erschwert wird die Sache durch die Rettungsdienste, die bisher in der Kompetenz der Länder und der Kommunen liegen. Spahn will, dass künftig der Bund die Rahmenbedingungen festlegt. Dafür könnte auch eine Grundgesetzänderung nötig werden.

Impfpflicht bei Masern

Noch nicht in trockenen Tüchern ist auch die Impfpflicht bei Masern. Ab März sollen Eltern vor der Aufnahme ihrer Kinder in eine Kita oder Schule nachweisen, dass der Nachwuchs geimpft ist. Auch für Tagesmütter sowie das Personal in Kitas, Schulen, in der Medizin und in Gemeinschaftseinrichtungen soll eine Impfpflicht gelten.

Allerdings: Der Bundesrat fordert Änderungen. Die Länder bemängeln, dass Personen ohne Impfung künftig die Aufnahme in Gemeinschaftseinrichtungen verwehrt werden kann. Hierdurch würden der Zugang zu Bildungseinrichtungen und die Förderung von Chancengleichheit konterkariert, hieß es.

Eine Welle des Protests hat der Gesundheitsminister auch mit seinem Gesetzentwurf zur Intensivpflege ausgelöst. "Außerklinische Intensivpflege soll in der Regel in stationären Pflegeeinrichtungen und spezialisierten Wohneinheiten erbracht werden", heißt es dort.

Aus Sicht der Kritiker greift die Politik damit in die Freiheitsrechte von schwerstkranken Menschen ein und verhindert weitgehend eine Intensivpflege in den eigenen vier Wänden. Das Ministerium hat inzwischen ein Einlenken signalisiert.


Gesundheitsminister Spahn / © Rolf Vennenbernd (dpa)
Gesundheitsminister Spahn / © Rolf Vennenbernd ( dpa )
Quelle:
KNA