Spätabtreibungen: Abgeordnete erarbeiten neuen Gesetzesentwurf

Kompromiss im Sicht?

In die Debatte um eine gesetzliche Neuregelung der Spätabtreibung kommt Bewegung. Abgeordnete von Union, SPD, FDP und Grünen arbeiteten an einem Kompromiss, sagte die SPD-Familienexpertin Kerstin Griese am Dienstag in Berlin. Zusammen soll ein Entwurf mit neuen Formulierungen ins Parlament eingebracht werden, der dann eine breitere Unterstützung der Abgeordneten erfahren könnte. Im Mai könnte dann im Bundestag abgestimmt werden.

 (DR)

Im Kern geht es dabei um eine Zusammenlegung der Entwürfe Grieses, des Unions-Familienexperten Johannes Singhammer und der FDP-Fraktion. Alle drei sprechen sich für gesetzliche Änderungen für eine bessere Beratung von schwangeren Frauen in Konfliktsituationen aus. Über das Schwangerschaftskonfliktgesetz soll eine Verpflichtung der Ärzte erreicht werden, damit diese Frauen in eine psychosoziale Beratung vermitteln. Nach einer kritischen Diagnose und vor der medizinischen Indikation durch den Arzt soll eine Mindestbedenkzeit von drei Tagen eingeführt werden. Bei Verstößen müssen Ärzte mit Ordnungsstrafen rechnen.

Singhammer und die FDP verzichten nun laut Griese auf den Vorschlag, im Gesetzentwurf bereits ausführlich Informationsmaterialien für Betroffene zu beschreiben. Desweiteren soll in dem Entwurf betont werden, dass es um die Vermittlung in eine Beratung geht und nicht nur den Hinweis auf Beratung. Gestrichen werden soll das Vorhaben, dass jede Beratung dokumentiert und einer Behörde vorgelegt werden muss.

Griese stellte klar, dass es bei einer Gesetzesänderung nicht nur um die wenigen hundert Fälle geht, bei denen Frauen ab der 23. Schwangerschaftswoche vor die Entscheidung für oder gegen das Kind gestellt würden. Zu diesem Zeitpunkt können Kinder schon lebensfähig sein. Es ginge hier um jeden Fall, in dem eine Schwangere ein möglicherweise schwerbehindertes Kind erwarte und ein Arzt die medizinische Indikation stelle.

Keine Einigkeit herrscht bei der Frage nach einer genaueren statistischen Erfassung der Daten. Singhammer plädiert in seinem Entwurf dafür, die Daten auszuweiten, um ein genaueres Bild vom Ausmaß der Spätabtreibungen zu erhalten. Die Gruppe um Griese lehnt das ab. Über diesen Punkt soll daher getrennt abgestimmt werden.

Griese sagte, Ziel müsse ein überarbeiteter Entwurf sein, bei dem über Sachfragen entschieden werde. Es dürfe nicht darum gehen, in Sieger und Verlierer aufzuteilen. Sie betonte, auch die Forderungen im Antrag der Gruppe um die SPD-Familienpolitikerin Christel Humme seien wichtig. Diese sprechen sich zwar auch für eine bessere Beratung, aber gegen Gesetzesänderungen aus. Sie wolle versuchen, die Vertreter der verschiedenen Positionen zu einem Gespräch zusammenzubringen, sagte Griese. Geplant sei, den neuen Antrag in der nächsten oder übernächsten Sitzungswoche im Familienausschuss zu behandeln und ins Plenum zu überweisen.

Nach der Novelle des Paragrafen 218 von 1995 dürfen Frauen auch nach der 12. Schwangerschaftswoche abtreiben, wenn ihre körperliche oder seelische Gesundheit gegenwärtig oder zukünftig gefährdet ist.
Eine zeitliche Befristung gibt es nicht.