Sozialethiker gegen Steuersenkung bei Gaspreisen

"Akzeptieren, dass wir alle ärmer werden"

Der katholische Sozialethiker Gerhard Kruip warnt davor, die Gaspreise durch Obergrenzen, staatliche Subventionen oder eine Mehrwertsteuersenkung zu deckeln. Dies wäre ein völlig falsches Signal, sagte er am Samstag in einem Podcast.

Armut / © MR.SUWAT RITTIRON (shutterstock)

Ärmere Menschen müssten durch andere Hilfen gezielt entlastet werden, betont der katholische Sozialethiker Gerhard Kruip im Podcast "Mit Herz und Haltung" der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen.

Billigeres Gas würde den notwendigen Transformationsprozess hin zu einem weniger klimaschädlichen Energie-Mix bremsen. Die Verteuerung dagegen könne die dringend notwendigen Veränderungen beschleunigen und auch den Anreiz zum Energiesparen erhöhen: "Es muss Geld kosten, die Atmosphäre mit klimaschädlichen Gasen zu belasten, so dass es sich lohnt, auf andere Energieträger umzusteigen."

Theologe Gerhard Kruip / © Harald Oppitz (KNA)
Theologe Gerhard Kruip / © Harald Oppitz ( KNA )

Zahlungen an besonders Betroffene

Natürlich müsse die Gesellschaft dafür sorgen, dass einkommensschwächere Haushalte nicht überfordert werden durch die höheren Preise, fügte der in Mainz lehrende Sozialethiker hinzu. Das müsse aber durch gezielte Entlastungen erfolgen. Dabei solle allerdings allen bewusst sein, dass staatliche Hilfen letztlich von den aktuellen und künftigen Steuerzahlern getragen werden müssten.

"Wir müssen akzeptieren, dass wir alle durch die hohen Energiepreise ärmer werden", ergänzte Kruip. Ein großer Teil der Gesellschaft werde dies verkraften können - "nicht aber die knapp 16 Prozent, die schon jetzt von Armut gefährdet oder arm sind".

Sinnvoll seien hier direkte Zahlungen an die besonders betroffenen Menschen, insbesondere durch eine möglichst rasche Erhöhung der "bedarfsabhängigen Sozialleistungen wie Hartz IV, Grundsicherung im Alter oder Wohngeld".

Einmalige Energiepreispauschale problematisch?

Auch ein höheres Kindergeld sei sinnvoll, so der Experte weiter. Problematisch finde er dagegen die einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro für alle Einkommenssteuerpflichtigen: "Diejenigen mit höherem Einkommen brauchen sie nicht, während die ärmeren Nichterwerbspersonen davon nichts haben." Kruip rief die Politik auf, bei der Suche nach Lösungen das Allgemeinwohl über parteipolitische Ziele zu stellen und das langfristige Ziel einer notwendigen sozial-ökologischen Transformation nicht aus dem Blick zu verlieren.

Eva Maria Welskop-Deffaa, Caritaspräsidentin / © Philipp von Ditfurth (dpa)
Eva Maria Welskop-Deffaa, Caritaspräsidentin / © Philipp von Ditfurth ( dpa )

Am Freitag hatte auch Caritas-Präsidentin Eva-Maria Welskop-Deffaa die geplante Senkung der Mehrwertsteuer auf Gaspreise als sozial- und klimapolitisch falsches Signal kritisiert. Ein Entlastungspaket müsse gezielt diejenigen unterstützen, die auf Hilfe angewiesen seien.

Gasumlage soll zunächst rund 2,4 Cent pro Kilowattstunde betragen

Gasverbraucher müssen mit zusätzlichen Kosten ab Oktober rechnen. Die für das deutsche Marktgebiet verantwortliche Gesellschaft Trading Hub Europe gab in Berlin die Höhe der errechneten Gasumlage mit 2,419 Cent pro Kilowattstunde bekannt.

Damit können Gasversorger bis Ende März 2024 den Großteil der Kosten an ihre Kunden weitergeben, die ihnen entstehen, weil sie ausbleibende Lieferungen aus Russland mit neu gekauftem und deutlich teurerem Gas ersetzen müssen.

Eine Gasflamme brennt auf einem Küchenherd / © Hauke-Christian Dittrich (dpa)
Eine Gasflamme brennt auf einem Küchenherd / © Hauke-Christian Dittrich ( dpa )
Quelle:
KNA