Sozialbischof Marx gegen Freigabe der Ladenöffnungszeiten

"Ich halte davon überhaupt nichts"

Seit der Föderalismusreform können die Bundesländer die Ladenöffnungszeiten selbst festlegen. Einzig das Saarland will an den bisherigen Beschränkungen festhalten. Nordrhein-Westfalen hat Anfang September als erstes Bundesland ein Gesetz zur völligen Freigabe der Ladenöffnung an Werktagen auf den parlamentarischen Weg gebracht.

Lehmann: Für gleiche Behandlung aller Religionen (DR)
Lehmann: Für gleiche Behandlung aller Religionen / ( DR )

Seit der Föderalismusreform können die Bundesländer die Ladenöffnungszeiten selbst festlegen. Einzig das Saarland will an den bisherigen Beschränkungen festhalten. Nordrhein-Westfalen hat Anfang September als erstes Bundesland ein Gesetz zur völligen Freigabe der Ladenöffnung an Werktagen auf den parlamentarischen Weg gebracht. Kritik an den Plänen kommt von Gewerkschaften und Kirchen. Sozialbischof Dr. Reinhard Marx aus Trier erläutert im domradio-Interview, welche Folgen eine Freigabe der Öffnungszeiten für Menschen und Gesellschaft hätte.

Es sei im Interesse der Verbraucher, wenn die Geschäfte künftig montags bis samstags rund um die Uhr öffnen dürften, sagte Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) am Mittwoch bei der Einbringung des Gesetzentwurfs in den Düsseldorfer Landtag.

Nach dem Willen der schwarz-gelben Koalition sollen die Läden bereits im diesjährigen Weihnachtsgeschäft ganztägig öffnen dürfen. Der Sonn- und Feiertagsschutz bleibe wie bisher erhalten. Es soll weiterhin nur vier verkaufsoffene Sonn- und Feiertage im Jahr geben, die nicht auf einen Adventssonntag oder einen Weihnachtstag fallen dürfen. Thoben wies den Vorwurf zurück, die Liberalisierung des Ladenschlusses sei familienfeindlich. Der "Spielraum für die Gestaltung der individuellen Arbeitszeit" werde vielmehr erhöht, es entstünden keine unzumutbaren Mehrbelastungen.

Auch CDU-Fraktionsvize Christian Weisbrich hob die Bedeutung des arbeitsfreien Sonntags hervor. Dieser schütze den Menschen davor, ein bloßes Funktionselement im Arbeits- und Wirtschaftsbetrieb zu sein. FDP-Wirtschaftssprecher Dietmar Brockes lobte das Gesetz als kunden- und einzelhandelsfreundlich.

Massive Kritik an den Plänen äußerten dagegen SPD und Grüne. Das Gesetz gehe zu Lasten kleiner Unternehmen und der 410.000 Beschäftigten im nordrhein-westfälischen Einzelhandel, sagte SPD-Fraktionsvize Rainer Schmeltzer. Er bezweifelte, dass der Sonn- und Feiertagsschutz unangetastet bleiben wird. Der Gesetzestext enthalte «Hintertüren», die eine Aushöhlung ermöglichten. Schmeltzer sagte aber zu, die SPD werde das Gesetzgebungsverfahren nicht blockieren, sondern sich konstruktiv beteiligen.

Zweifel am völligen Erhalt der Sonntagsruhe äußerten auch die Grünen. Die stellvertretende Fraktionschefin Barbara Steffens warf CDU und FDP zudem ein familienfeindliches Konzept vor. Für die Einzelhandelsbeschäftigten gebe es nach den Plänen «keinen geregelten Freiraum mehr für ein gesellschaftliches Leben jenseits der Erwerbstätigkeit». So werde ehrenamtliches Engagement erheblich erschwert. Die Liberalisierung des Ladenschlusses nütze allenfalls Großunternehmen, kleine Läden und der Mittelstand würden benachteiligt.