Kirchliche Sozialverbände warnen vor Großunterkünften

Sorge um Hamburgs Obdachlose im Corona-Winter

Der Winter steht vor der Tür und noch ist ungewiss, welche städtischen Hilfsangebote Obdachlose in Hamburg erwarten können. Die kirchlichen Sozialverbände fordern möglichst eine Unterbringung in Einzelzimmern.

Autor/in:
Michael Althaus
Mittagessen für Obdachlose / © Harald Oppitz (KNA)
Mittagessen für Obdachlose / © Harald Oppitz ( KNA )

Die kalte Jahreszeit ist für Menschen ohne Wohnung ohnehin schon eine Herausforderung. In diesem Jahr erschwert die Corona-Pandemie zusätzlich die Lebensbedingungen der Obdach- und Wohnungslosen. Die kirchlichen Sozialverbände warnen davor, die Menschen trotz hoher Ansteckungsgefahr wie bisher in Großunterkünften unterzubringen.

Gute Erfahrungen mit Unterbringung in Hotels

Dass in Mehrbettzimmern eine Ansteckungsgefahr mit Covid-19 besteht, hatte sich in der Hansestadt im vergangenen Winter gezeigt. Anfang März hatten sich in einer Großunterkunft mehrere Menschen infiziert. Alle rund 300 Bewohner mussten für 14 Tage in Quarantäne in der Einrichtung verbleiben. Dagegen waren im Sommer rund 170 Wohnungslose zum Schutz vor dem Coronavirus in Hamburger Hotels untergebracht worden. Das Projekt war durch die Spende eines großen Unternehmens ermöglicht worden und im Juni ausgelaufen.

"Mit der Hotel-Unterbringung haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht", sagt Peter Ogon von der Diakonie. Keiner der Gäste habe sich mit dem Coronavirus infiziert. Sie hätten Kraft tanken und in Hilfsangebote vermittelt werden können. "Wir fordern daher, Wohnungslose verstärkt in Einzelzimmern und dezentral unterzubringen", so der Leiter des Fachbereichs Existenzsicherung. "Möchten Sie gerne in einem Vierbettzimmern mit wildfremden Menschen schlafen?", ergänzt seine Kollegin Andrea Hniopek von der Caritas.

Winternotprogramm

Anders als in früheren Jahren wurden die beiden Großunterkünfte des städtischen Winternotprogramms, die jeweils mehrere hundert Menschen beherbergen können, in diesem Frühling und Sommer nicht geschlossen. Sie standen den Wohnungslosen weiterhin zur Verfügung - allerdings mit geringerer Belegung. Statt sechs Personen wurden nur zwei bis drei in einem Raum untergebracht. "Grundsätzlich war die Verlängerung des Winternotprogramms eine gute Entscheidung", lobt Andrea Hniopek. Allerdings hätten die Menschen das Angebot so gut angenommen, dass die Einrichtungen voll seien. "Jetzt brauchen wir dringend weitere Plätze."

Normalerweise startet das Winternotprogramm der Stadt Hamburg nach der Sommerpause immer am 1. November. Ob es in diesem Jahr ausgeweitet wird, steht noch nicht fest. Die Planungen seien im Gange, aber noch nicht abgeschlossen, so ein Sprecher der Sozialbehörde auf Anfrage. Nach Informationen des Straßenmagazins "Hinz & Kunzt" soll es auch im Corona-Winter "ausreichend Platz für obdachlose Menschen geben". Hinweise, dass eine Unterbringung in Einzelzimmern geplant ist, gibt es bislang nicht. In der Vergangenheit hatte die Stadt Hamburg ein solches Konzept wiederholt abgelehnt.

Einrichtungen bereiten sich auf den Winter vor

Unterdessen richten sich die kirchlichen Träger in der Hansestadt auch mit eigenen Angeboten auf den Winter ein. Weil momentan der Bedarf an Textilien besonders hoch ist, will die Caritas zusätzlich eine Kleiderkammer mit speziellem Hygienekonzept eröffnen. Die Diakonie plant, an ihrer Tagesaufenthaltsstätte im Stadtteil Eimsbüttel ein Zelt aufzustellen und so zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. "In den meisten Tageseinrichtungen können sich aktuell wegen der Abstandsregeln weniger Menschen aufhalten. Das ist ein großes Problem", erklärt Peter Ogon.

So ist etwa die katholische Einrichtung "Alimaus" nahe der Reeperbahn weiter für den Tagesaufenthalt geschlossen. Man arbeite derzeit an einer Alternative, die aber noch nicht spruchreif sei, sagt Leiterin Christiane Hartkopf. Bis auf Weiteres bleibe es bei einer täglichen Essensausgabe draußen an der Tür. Außerdem solle ab 25. Oktober der Kältebus der "Alimaus" wieder unterwegs sein, um Obdachlose vor dem Erfrieren zu schützen.

Optimal sei das alles nicht, betont Andrea Hniopek. "Wir können noch so viele Angebote machen, das lindert die Situation aber allenfalls nur etwas", sagt die Expertin und untermauert, was die Sozialverbände auch schon vor Corona immer wieder gefordert haben: "Die eigentliche Frage muss lauten: Wie schaffen wir es, die Menschen so schnell wie möglich in Wohnraum zu bringen und nicht auf der Straße zu versorgen?"


Quelle:
KNA