So war der Medienzirkus rund um Papsttod und Konklave

Journalisten in Käfighaltung

Das Medieninteresse am Vatikan ist in "normalen Zeiten" überschaubar. Doch stirbt ein Papst, ändert sich das schlagartig. Tausende zusätzliche Journalisten strömen nach Rom und bringen die vatikanische Pressearbeit an ihre Grenzen.

Autor/in:
Severina Bartonitschek
Kardinal Fernando Natalio Chomali, Erzbischof von Santiago de Chile (Chile), spricht mit Pressevertretern und Journalisten / © Pablo Esparza/CNS photo (KNA)
Kardinal Fernando Natalio Chomali, Erzbischof von Santiago de Chile (Chile), spricht mit Pressevertretern und Journalisten / © Pablo Esparza/CNS photo ( KNA )

Das Gedränge ist riesig. Es gibt zwei Schlangen. Doch niemand weiß, warum. Ein Mitarbeiter der Vatikan-Pressestelle läuft mit einem Tablet herum, schaut, ob sich die Anstehenden bereits für eine Akkreditierung registriert haben. 

Eine Mitarbeiterin mit zu leiser Stimme für diese Geräuschkulisse versucht, Pressevertreter mit einem bestimmten Anfangsbuchstaben im Nachnamen aufzurufen. Ein nahezu vergebliches Unterfangen.

Währenddessen wird der Unmut der Wartenden größer. Auch der Unmut der bereits Akkreditierten, die die Pressestelle betreten wollen. Doch deren Zugang ist dicht. Es ist das größte Medienaufkommen im Vatikan seit Jahren. Insgesamt etwa 5.000 zusätzliche Akkreditierungen wurden an Medien aus aller Welt vergeben. Denn: Der Papst ist tot; in Kürze wird sein Nachfolger gewählt.

Journalisten bei der Arbeit vor der Poliklinik Agostino Gemelli wo Papst Franziskus seit Freitag, 14. Februar, im Krankenhaus liegt / © Alessandra Tarantino/AP (dpa)
Journalisten bei der Arbeit vor der Poliklinik Agostino Gemelli wo Papst Franziskus seit Freitag, 14. Februar, im Krankenhaus liegt / © Alessandra Tarantino/AP ( dpa )

Schon als Franziskus im Krankenhaus war, reisten zahlreiche zusätzliche Medienvertreter an - und schnell wieder ab. Kaum ein Medium konnte und wollte sich den unabsehbaren Zeitraum der Hospitalisierung leisten. So fand sich bei Franziskus' letztem öffentlichem Auftritt an Ostersonntag fast nur "Stammpersonal" im Pressebereich links vor dem Petersdom auf den Kolonnaden.

Massenandrang bei Papsttod

Das änderte sich schlagartig mit dem Tod des Kirchenoberhaupts am Ostermontag. Die Folgetage waren chaotisch. Die rasch aufgestockte Belegschaft der "Sala stampa", des vatikanischen Pressesaals, konnte trotz drastisch verlängerter Öffnungszeiten die Massen ankommender Journalisten kaum mehr bewältigen. Bald bewachten zusätzliche Sicherheitskräfte den Zugang und kontrollierten jeden, der hineinwollte. Neben der überfordernden Situation war es zu Diebstählen gekommen.

Die Wartezeiten, um die ersehnte "Tessera" abzuholen, zogen sich über Stunden. Mit dem - in diesem Fall temporär geltenden - Presseausweis weisen sich die Journalisten rund um den Vatikan aus, erhalten Zugang zu bestimmten Orten und Veranstaltungen. Das im vergangenen Jahr erst wiedereröffnete Pressezentrum am Ende der Via della Conciliazione vor dem Petersplatz wurde schnell zu klein für die vielen Medienvertreter. So wurde das vorherige Übergangsquartier einige hundert Meter weiter östlich geöffnet.

Menschen stehen dicht gedrängt in einer Schlange und verabschieden sich von Papst Franziskus, dessen Leichnam in einem offenen Sarg aufgebahrt ist, am 23. April 2025 im Petersdom im Vatikan. Viele fotografieren und machen Selfies mit ihrem Smartphone. / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Menschen stehen dicht gedrängt in einer Schlange und verabschieden sich von Papst Franziskus, dessen Leichnam in einem offenen Sarg aufgebahrt ist, am 23. April 2025 im Petersdom im Vatikan. Viele fotografieren und machen Selfies mit ihrem Smartphone. / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Dorthin wurden auch die täglichen Presse-Briefings von Vatikansprecher Matteo Bruni aus dem unter normalen Umständen großzügigen Pressesaal übertragen. Dennoch reichte der Platz nicht.

Journalisten arbeiteten mitunter auf dem Boden, in Büros von Kollegen oder auf den Stufen rund um die Via della Conciliazione.

Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen

Die war bald ohne vorherige Kontrolle nicht mehr zu betreten. Mehr als 4.000 Ordnungskräfte aus ganz Italien patrouillierten an den Hotspots. Die Infrastruktur dafür wurde im Eiltempo geschaffen, zusätzliche Absperrungen sowie Großbildschirme installiert. Die Stadt, die für ihre chaotischen Züge bekannt ist, arbeitete zügig und organisiert.

So dauerte es auch nicht lang bis die vielen Kamerateams einen eigenen "Käfig" hatten, von dem aus sie - aufgrund der Zeitverschiebung mitunter bis tief in die Nacht - ihre Live-Schalten in die ganze Welt machen konnten. Doch ähnlich wie die Arbeitsräume fehlte es auch hier an Bewegungsfreiheit und schnell wurde das Überqueren der Piazza Pio XII. unmittelbar vor dem Petersplatz zu einem Hindernislauf durch Stative und Reporter.

Gerangel und Geschrei

Am Morgen der Beisetzungsfeiern für Franziskus erreichte der mediale Wahnsinn seinen Höhepunkt. Um 5 Uhr morgens warteten Hunderte Journalisten, Fotografen und Kameraleute auf Zugang zum Petersplatz und der Pressetribüne auf dessen Kolonnaden. Der Weg zum Ziel bestand aus Gerangel und Geschrei. Jeder wollte den besten Blick haben - auf die Zeremonie und besonders auf die Herrscher dieser Welt, die sich in großer Zahl für die Trauerfeier angesagt hatten. 

Zwar erhielt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj als einziger Staatschef Publikumsapplaus bei seinem Heraustreten aus dem Petersdom. Mit dem Kameraklicken für US-Präsident Donald Trump konnte er nicht konkurrieren. Wäre sie nicht aus Stein - Berninis meisterhafte Umarmung des Petersplatzes hätte sich in diesem Moment unter den vielen Medienvertretern gebogen.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und die ukrainische First Lady Olena Selenska bei der Trauermesse für den verstorbenen Papst Franziskus auf dem Petersplatz. (dpa)
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und die ukrainische First Lady Olena Selenska bei der Trauermesse für den verstorbenen Papst Franziskus auf dem Petersplatz. / ( dpa )

Eben diese Kolonnaden waren Schauplatz eines mindestens zweimal täglich stattfindenden Spektakels vor Konklavebeginn: Das Lauern und die anschließende Jagd auf Kardinäle, die sich in der Synodenaula des Vatikans zu Gesprächen über die Weltkirche und ihr neues Oberhaupt trafen. In Menschentrauben gefangen, in Schach gehalten von Mikrofonen und teils begleitet von Security kämpften sich die mehr oder weniger redseligen, genervten oder amüsierten Kirchenvertreter durch die Medienmeute in Richtung Vatikaneingang. Hinter den Schweizergardisten dann waren sie weitgehend sicher.

Konklave-Lieferdienst

Zur Papstwahl selbst bot ein nahe gelegenes Restaurant für auf Rauch wartende Medienleute ein eigenes "Conclave Meal" an - mit Mayonnaise gefüllten Eier, Linsensalat oder Rindfleischbällchen mit Zitronen-Joghurtsoße. Jeweils ein Mittag- und ein Abendessen pro Tag, vorausgeplant bis Freitag, den 9. Mai mit direkter Lieferung in die Pressezone am Petersplatz. So lange mussten die Journalisten nicht warten: Am Donnerstag um 18.07 Uhr hatte die Welt einen neuen Papst.

Vatikanstadt: Ein Monitor zeigt Kardinäle bei einem Gebet in der Sixtinischen Kapelle vor der Konklave / © Oliver Weiken (dpa)
Vatikanstadt: Ein Monitor zeigt Kardinäle bei einem Gebet in der Sixtinischen Kapelle vor der Konklave / © Oliver Weiken ( dpa )

Die Menschen auf dem Petersplatz jubelten und stimmten "Viva il Papa"-Sprechchöre an, die Kameras der Fotografen klickten erneut im Millisekundentakt. Bei der Verkündung des Namens "Eminentissimum ac Reverendissimum Dominum, Dominum Robertum Franciscum, Sanctae Romanae Ecclesiae Cardinalem Prevost, qui sibi nomen imposuit Leonem XIV" machte sich zunächst Ratlosigkeit breit. Der Name sagte nur einigen Vatikankennern etwas. Zudem hatten besonders die Italiener mit einem Landsmann als neuem Pontifex gerechnet. Nun leitet zum ersten Mal ein US-Amerikaner die katholische Weltkirche.

Dass es mit dem Erscheinen von Leo XIV. auf der Mittelloggia des Petersdoms nun mehr oder weniger geschafft war, machten die schlagartig gesunkenen Zahlen an Pressevertretern der nächsten Tage deutlich. Medien schickten ihre Korrespondenten nun in die USA oder Peru, um mehr aus dem Leben des Mannes zu erfahren, der von nun an die katholische Weltkirche leiten soll. Um eine Akkreditierungskarte für die Messe zur Amtseinführung des neuen Papstes am vergangenen Sonntag abzuholen, dauerte es nur noch wenige Minuten. Und ein Arbeitsplatz im regulären Pressezentrum war sicher.

Konklave/Papstwahl

Frühestens am 15., spätestens nach Ablauf von 20 Tagen nach dem Tod oder Amtsverzicht eines Papstes müssen die Kardinäle zur Wahl eines Nachfolgers (Konklave) zusammentreten. Sie werden dazu vom Dekan des Kardinalskollegiums einberufen. 

Der Begriff Konklave stammt aus dem klassischen Latein und bedeutet "verschlossener Raum". Denn während des Wahlvorgangs sind die Kardinäle von der Außenwelt abgeschlossen.

Konklave (KNA)
Konklave / ( KNA )
Quelle:
KNA