So leben deutschsprachige Katholiken in Japan ihren Glauben

In der Minderheit

Die einzige deutsche katholische Gemeinde Japans befindet sich in Tokio. Pfarrer Mirco Quint ist als Seelsorger im Land der aufgehenden Sonne unterwegs und spricht über das Gemeindeleben in der Mega-Metropole und in der Diaspora.

Skyline von Tokio mit Shinjuku-Gebäude und dem Berg Fuji im Hintergrund / © Sakarin Sawasdinaka (shutterstock)
Skyline von Tokio mit Shinjuku-Gebäude und dem Berg Fuji im Hintergrund / © Sakarin Sawasdinaka ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie sind Pfarrer der Gemeinde St. Michael im Erzbistum Tokio. Wo kommen die Deutschen her, die bei Ihnen in der Gemeinde sind?

Pfarrer Mirko Quint aus dem Erzbistum Tokio (privat)
Pfarrer Mirko Quint aus dem Erzbistum Tokio / ( privat )

Mirco Quint (Pfarrer der Gemeinde St. Nikolaus im Erzbistum Tokio): Dafür teile ich die Gemeinde in drei fast gleich große Gruppen. Die erste Gruppe besteht aus den sogenannten "Ex-pats", also die "Ex-Patriots". Nach Tokio schicken deutschsprachige Firmen hochrangige Mitarbeiter für ein paar Jahre, um den Standort für die Firmen zu betreuen und zu leiten. Dazu gehören z.B. E-on, Bayer und die großen Autokonzerne. Ein solcher Mitarbeiter hat natürlich Frau und Kinder mit. Die Familien sind immer für wenige Jahre, maximal drei, vier Jahre, hier vor Ort. 

Die zweite Gruppe sind die, die früher als "Ex-pats" hier hingekommen sind. Singles, die dann hier einen japanischen Partner oder eine Partnerin gefunden, geheiratet haben und über Jahre und Jahrzehnte hier leben. Das sind dann "Locals" geworden, die nicht mehr wegziehen. 

Und der dritte Bereich sind dann Japanerinnen und Japaner, die ausgezeichnet die deutsche Sprache gelernt haben, weil sie selber mal als "Ex-pats" in Deutschland waren oder als diplomatische Angehörige.

DOMRADIO.DE: Am Silvestertag haben Sie die Heilige Messe zum Jahresende mit Kardinal Jean Claude Hollerich aus dem Erzbistum Luxemburg gefeiert. War das ein Zufall oder gibt es da eine besondere Beziehung?

Kardinal Jean-Claude Hollerich / © Julia Steinbrecht (KNA)
Kardinal Jean-Claude Hollerich / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Quint: Es gibt eine tolle Beziehung. Kardinal Hollerich ist mein Vor-Vorgänger an dieser Stelle. Kardinal Hollerich wird hier im Land und bei uns immer nur ganz liebevoll Pater Rollo genannt. Er ist damals in den Jesuitenorden eingetreten und hat seine ewige Bindung an den Jesuitenorden in Japan abgelegt. Er kommt immer wieder gerne hierhin zu Besuch und wenn er da ist, dann meldet er sich auch bei mir oder in unserer Gemeinde. Ich wusste erst zwölf Tage vor Silvester, dass er ins Land kommt und dann haben wir noch schnell einen Gottesdienst organisieren können. Wir haben uns alle sehr gefreut.

DOMRADIO.DE: Wie wird denn die Zeit zwischen Weihnachten und "Taufe des Herrn" in Japan gefeiert? 

Quint: Da gehen wir mal vom katholischen System weg und betrachten Japan. Weihnachten beginnt hier tatsächlich schon Anfang November. Und das sage ich im Hinblick auf Weihnachtsdekoration in den Straßen, den Häusern und den Shopping Malls. Am 25. Dezember ist das eigentliche Weihnachtsfest, aber dann ist alles schon wieder weg und man findet keinen Baum, kein Licht, nichts mehr. In der letzten Woche vor dem Jahreswechsel bereitet sich die japanische Gesellschaft schon auf das japanische Neujahrsfest vorbereitet, was von der Wertigkeit deutlich größer ist als das christliche Weihnachtsfest. 

Wir müssen ja auch davon ausgehen, dass in der in Japan lebenden Gesellschaft nur 1 % Christen vertreten sind. Das heißt, die christlichen Feiertage wie Weihnachten, Ostern und Pfingsten sind in der Gesellschaft eigentlich nicht bekannt. Weihnachten wird hier nur ein bisschen äußerlich zelebriert, weil es natürlich über die Film- und Werbeindustrie auch hier angekommen ist. Man glaubt in Japan auch eher an den "Coca-Cola-Nikolaus" und nicht an den heiligen Nikolaus aus Myra. 

DOMRADIO.DE: Sie sind in einem nicht-christlichen Land aktiv. In Japan müssen die Menschen mehr oder weniger "rund um die Uhr" arbeiten und es gibt sehr wenige Feiertage. Wie können wir uns einen Sonntag in Ihrer Kirche vorstellen? 

Mirco Quint

"Wir sind gar nicht so schlecht aufgestellt."

Quint: Ich darf mich glücklich schätzen, dass ich sonntags 65 bis 70 Personen in der Kirche habe. Das ist nicht jeden Sonntag so voll, aber dafür gibt es andere Sonntage. Einmal im Monat feiern wir zum Beispiel einen Familiengottesdienst, da ist die Kirche fast zu klein. Unsere Kirche, die wir hier nutzen, ist entsprechend der Zahl gut angepasst. Und ich weiß von meinem Heimatbistum Essen, dass man sich da freut, wenn man 65 Personen am Sonntag überhaupt in der Kirche zählen kann. Also sind wir gar nicht schlecht aufgestellt. 

Vieles gemeinsam? Buddha und Jesus / © beachlane (shutterstock)
Vieles gemeinsam? Buddha und Jesus / © beachlane ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Welche spezielle Herausforderungen oder Anforderungen gibt es denn im Vergleich zwischen Christen und dem Buddhismus, der ja in Japan den größten Teil der Gläubigen stellt?

Quint: 80 % der Japaner sind Buddhisten oder Shinto. Wobei die Japaner dem Buddhismus und den Shinto-Glauben nicht als ein Glauben bezeichnen, sondern eher als eine Naturphilosophie, der man einfach angehört. Wenn ich mit einem Japaner ins Gespräch kommen und ihn fragen "Was bist du von deiner Religion? Ich bin Christ", dann guckt er mich an und weiß das gar nicht zu beantworten. 

Mirco Quint

"Wir feiern das 70-jährige Bestehen der diözesanen Patenschaft von Köln und Tokio"

DOMRADIO.DE: Das Erzbistum Tokio hat eine partnerschaftliche Verbindung mit dem Erzbistum Köln. Im Januar gibt es da etwas zu feiern. Was ist da los? 

Blick auf den Kölner Dom / © fokke baarssen (shutterstock)
Blick auf den Kölner Dom / © fokke baarssen ( shutterstock )

Quint: Wir feiern dieses Jahr das 70-jährige Bestehen der diözesanen Patenschaft von Köln und Tokio. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg haben zwei verlierende Mächte des Krieges entschieden, zu helfen, dass partnerschaftlichen Beziehungen über den internationalen Austausch auch wieder zu Frieden führen kann. Und so ist damals, auf Initiative der beiden Kardinäle und Erzbischöfe von Köln und Tokio, eine Partnerschaft entstanden, wo man gegenseitig im Gebet nahe ist, aber über viele Jahre und Jahrzehnte auch finanziell geholfen hat. 

Es wird dieses Jahr eine Gruppe von Pfadfindern aus Tokio nach Köln kommen, um dort am Altenberger Licht am teilzunehmen. Aktuell ist auch eine hochrangige Mitarbeiterin aus der Jugendpastoral im Erzbistum Köln bei uns zu Besuch. Und da gibt es 2024 ganz viel partnerschaftliche Begegnung.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Religionen in Japan

In Japan haben immer mehrere religiöse Glaubensformen nebeneinander bestanden. Die wichtigsten sind der Shinto, der sich von der japanischen Urreligion herleitet, und der Buddhismus, der Japan im 5. oder 6. Jahrhundert erreichte. Die meisten Japaner gehören beiden Hauptreligionen gleichzeitig an. Deshalb gilt die religiöse Grundeinstellung der Japaner als synkretistisch. Offizielle Religionsstatistiken listen rund 85 Prozent der Bevölkerung als Buddhisten und zugleich über 90 Prozent als Shintoisten.

Kirchenzeitung des Erzbistums Tokio / © Jan Heysel
Kirchenzeitung des Erzbistums Tokio / © Jan Heysel
Quelle:
DR