DOMRADIO.DE: Im Moment ist Hochsommer in der Antarktis. Wie warm ist es denn?
Annika Salveter (Forscherin auf der Neumayer Station in der Antarktis): Wir liegen aktuell knapp unter dem Gefrierpunkt, etwa bei minus zwei Grad. Allerdings kommt gerade ein starker Sturm auf, mit Windgeschwindigkeiten um die 50 Kilometer pro Stunde. Das macht es deutlich ungemütlicher – vor allem über Silvester. Ohne Wind sind die Temperaturen ansonsten gut auszuhalten.
DOMRADIO.DE: Wenn Sie jetzt vor die Tür gehen würden, wäre das riskant?
Salveter: Ja, vor allem wegen des Windes. Da kann man sich schnell Erfrierungen holen. Deshalb ziehen wir uns selbst bei Sonne sehr gut an. Sonnenbrand ist hier übrigens auch ein echtes Thema, weil die Sonne sehr intensiv scheint.
DOMRADIO.DE: Und sie geht ja auch gar nicht unter. Wie kommt man damit klar, wenn es rund um die Uhr hell ist?
Lea Buse (Forscherin auf der Neumayer Station in der Antarktis): Eigentlich empfinden viele das als angenehm, weil es viel Energie gibt. Abends versuchen wir trotzdem, eine Art Nachtgefühl herzustellen. Wir lassen die Jalousien runter und dimmen das Licht, damit der Körper merkt: Jetzt ist Schlafenszeit. Aber sobald man das Rollo wieder hochzieht, ist sofort wieder Tag.
DOMRADIO.DE: Was sind Ihre Aufgaben auf der Station? Woran wird geforscht?
Salveter: Ich arbeite in der Geophysik. Dazu gehören unter anderem seismologische Messungen, also die Beobachtung von Erdbeben. Gerade in der Antarktis ist das spannend, weil es aus vielen Regionen sonst kaum Daten gibt.
Außerdem erforschen wir das Magnetfeld – nahe dem Südpol ist das besonders interessant. Seit diesem Jahr kommt auch Meereisphysik hinzu. Wir messen zum Beispiel die Dicke des Meereises in der Bucht, um Veränderungen über die Jahre hinweg besser zu verstehen.
DOMRADIO.DE: Und bei Dir, Lea?
Buse: Ich bin Elektroingenieurin und kümmere mich zusammen mit dem Technikteam um den Betrieb der Station. Dazu gehören Stromversorgung, Fahrzeuge, Schneemobile, Wartungsarbeiten – eigentlich alles Technische.
Auch die Wasserversorgung gehört dazu. Jeden Morgen müssen wir raus und die Schneeschmelze auffüllen. Es ist sehr abwechslungsreich.
DOMRADIO.DE: In Deutschland wird Silvester mit Partys, Feuerwerk und "Dinner for One" gefeiert. Wie sieht das bei Ihnen aus?
Salveter: Wir hatten erst überlegt, draußen eine Schneebar zu bauen – Schnee hätten wir genug. Aber wegen der Mitternachtssonne ist das gerade leider nicht möglich. Deshalb feiern wir drinnen. Geplant ist ein Pubquiz mit vielen Fragen rund um die Station und wahrscheinlich auch ein paar lustigen Überraschungen. Wir treffen uns alle in der Lounge und feiern dort gemeinsam ins neue Jahr.
DOMRADIO.DE: Und kulinarisch? Haben Sie einen guten Koch?
Buse: Zum Glück ja. Unser Koch gehört zum Überwinterungsteam – das ist wirklich Gold wert.
Salveter: Es wird einen Braten geben und eine Maronen-Cremesuppe. Und auch Eis steht auf dem Plan.
DOMRADIO.DE: Eis – wo kommt das her?
Salveter: Die Kühlkette ist hier sehr zuverlässig.
DOMRADIO.DE: Ein Versorgungsschiff kommt ja nur einmal im Jahr. Was passiert, wenn zwischendurch etwas fehlt?
Buse: Dann heißt es: improvisieren. Im Sommer ist es noch einfacher, weil gelegentlich Flugzeuge mit Gästen oder Frischwaren kommen. Im Winter dagegen muss man kreativ werden. Wir haben viel Werkzeug und auch einen 3D-Drucker, mit dem man sich manches selbst herstellen kann.
DOMRADIO.DE: Das klingt nach einer großen Herausforderung – aber Sie gehen sehr gelassen damit um.
Lea: Muss man ja.
Das Interview führte Carsten Döpp.