Maria Jepsen, weltweit erste lutherische Bischöfin, wird 75

Sensationeller Anfang - und trauriger Abgang

Ihre Wahl zur weltweit ersten evangelisch-lutherischen Bischöfin war 1992 eine Sensation. Und auch im Amt wusste Maria Jepsen Akzente zu setzen. Unrühmlich war dann ihr Abgang - im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Maria Jepsen / © Stephan Wallocha (epd)
Maria Jepsen / © Stephan Wallocha ( epd )

"Ihre Anfrage kann ich nur mit einer Absage beantworten. Ich bin seit über neun Jahren im Ruhestand und damit eben auch keine Person des öffentlichen Lebens mehr." Nein, Interviews möchte Maria Jepsen nicht mehr geben. Obwohl die frühere Bischöfin der evangelischen Kirche in Norddeutschland immer noch gelegentlich öffentlich auftritt. An diesem Sonntag wird die Frau aus dem hohen Norden 75 Jahre alt.

Es war eine Sensation, was am 4. April 1992 in der Hamburger Hauptkirche Sankt Michaelis geschah. Die Synode der damaligen Nordelbischen Kirche wählte nicht den männlichen Bewerber, sondern Maria Jepsen. Und damit die weltweit erste evangelisch-lutherische Bischöfin. 2002 bestätigte das Kirchenparlament sie für weitere zehn Jahre - wohl niemand ahnte, dass Jepsen die Amtszeit nicht vollenden würde.

Feministische Bischöfin

Die Tochter eines Bad Segeberger Zahnarztehepaars setzte sich als Bischöfin für Themen wie soziale Gerechtigkeit und Ökumene, für interreligiösen Dialog und gegen Antisemitismus ein. Ebenso ließ sie die Rolle ihrer Kirche während der NS-Zeit überprüfen. Besondere Freude bekundete die studierte Altphilologin an der täglichen Bibellektüre in den Originalsprachen Hebräisch und Griechisch. "Mit dem Lexikon in der Hand in der Bibel herumzustöbern" sei für sie "so erfrischend und erlebnisreich wie ein Morgengang zum See".

Dennoch war Jepsen alles andere als eine "Bischöfin im Elfenbeinturm": Die häufig in Pink und Lila gekleidete Theologin, vertrat oft feministische Thesen und wandte sich gegen Glaubenssätze wie den von der Jungfrauengeburt Marias. Dahinter stehe eine "Abwertung der Sexualität", erklärte sie einmal. Auch manch andere Äußerung der mit dem evangelischen Pfarrer Peter Jepsen verheirateten Bischöfin erregte über die Jahre Aufsehen: So schlug sie vor, das Kreuz, das ursprünglich ein Hinrichtungsinstrument war, als christliches Symbol durch die Krippe zu ersetzen.

Die Anhängerin des "Kiezclubs" FC Sankt Pauli setzte sich auch für die Legalisierung homosexueller Lebenspartnerschaften und deren kirchliche Segnung ein. Dabei sorgte ihre Schirmherrschaft für den Christopher-Street-Day in Schleswig-Holstein 2003 für teils heftige Kritik.

Zeichen der Nähe und des Mitfühlens

So aufsehenerregend wie der Anfang ihrer Amtszeit war auch das Ende. Am 16. Juli 2010 trat Jepsen als Bischöfin zum 1. September 2010 zurück. Der 65-Jährigen war vorgeworfen worden, 1999 über einen Missbrauchsskandal in einer Gemeinde in Ahrensburg informiert worden zu sein, ohne ausreichende Konsequenzen gezogen zu haben. Ein Ermittlungsverfahren wurde jedoch bald eingestellt, da laut Staatsanwaltschaft kein Gesetzesverstoß vorlag.

Jepsen selbst erklärte, ihr Abschied schmerze sie, doch "es musste klar gemacht werden, wie ernst wir als Kirche die Missbrauchsfälle nehmen". Auch habe sie um Vergebung gebeten. "Dafür erhielt ich viele Zeichen der Nähe und des Mitfühlens, die mir gut taten." Die Kirche brauche den Mut, Fehler aufzudecken und öffentlich zu benennen, so die Theologin.

Freundschaft mit Weihbischof Jaschke

In ihrer Kirche, insbesondere aber in Hamburg, wurde Jepsen vermisst. Denn die weißhaarige Frau mit dem nordisch-kühlen Zungenschlag hatte sich einen festen Platz in den Herzen der Bürger in der säkularen Hansestadt erobert. Auch bei den Katholiken fand Jepsen viel Zustimmung, und beim Katholikentag 2000 war sie sehr präsent. Der damalige katholische Erzbischof Werner Thissen erklärte, er schätze Jepsen sehr wegen ihrer Offenheit im ökumenischen Gespräch.

Fast legendär war ihre Freundschaft mit Weihbischof Hans-Jochen Jaschke. Der nannte ihren Rücktritt ein starkes Zeichen der Glaubwürdigkeit. "Es macht ihr Ehre, ihr Amt zur Verfügung zu stellen, aber sie wird uns sehr fehlen", so Jaschke, der seit Oktober 2016 emeritiert ist.

Nach ihrem Amtsverzicht 2010 kehrte Jepsen gemeinsam mit ihrem Mann nach Schleswig-Holstein zurück. Dort ist sie unter anderem im Freundeskreis der KZ-Gedenkstätte Husum-Schwesing aktiv und tritt gelegentlich bei kirchlichen Anlässen auf. So etwa in Husum beim Politischen Nachtgebet "Mutmachen! Gegen die Angstmacher". Ein Motto wie gemacht für eine couragierte Kirchenfrau.


Maria Jepsen, Bischöfin in Hamburg, und Hans-Jochen Jaschke, Weihbischof in Hamburg, 1999 / © Nadine Loesaus (KNA)
Maria Jepsen, Bischöfin in Hamburg, und Hans-Jochen Jaschke, Weihbischof in Hamburg, 1999 / © Nadine Loesaus ( KNA )
Quelle:
KNA