Seit 25 Jahren entdeckt Europa den Jakobsweg neu

Gelbe Strahlenmuschel auf blauem Grund

Die gelbe Strahlenmuschel auf blauem Feld: Das Signet der Jakobspilger ist zu einem europaweit bekannten Symbol geworden. Lange Zeit weithin vergessen, hat der Jakobsweg seit den 1970er Jahren europaweit eine Renaissance erlebt. Mit dazu beigetragen hat maßgeblich der Europarat.

Autor/in:
Christoph Arens
 (DR)

1982 besuchte Papst Johannes Paul II. Santiago de Compostela und forderte den alten Kontinent auf, seine Wurzeln wieder zu beleben. am 23. Oktober 1987, also vor 25 Jahren, rief auch der Europarat dazu auf, die Jakobswege neu zu entdecken. Er erhob den Hauptweg durch Südfrankreich und Nordspanien zur ersten Europäischen Kulturstraße. Im gleichen Jahr gründete sich die in Aachen ansässige Deutsche Sankt-Jakobus-Gesellschaft. Allein sie betreut nach eigenen Angaben derzeit mehr als 4.000 Kilometer Wege der Jakobspilger in der Bundesrepublik.



Dabei wird Wert auf historische Korrektheit gelegt: "Eine Jakobus-Kirche reicht als Beweis für einen alten Jakobsweg nicht aus", sagt Barbara E. Preuschoff, die für die Zeitschrift "Sternenweg" der Jakobus-Gesellschaft verantwortlich ist. Viele Städte und Gemeinden wollten sich aus touristischen Gründen mit dem Symbol der Jakobspilger schmücken. "Voraussetzung sind aber historische Quellen, die einen solchen Pilgerweg nachweisen."



Grenzüberschreitend

Viele der Wege sind grenzüberschreitend: Einer führt von Krakau über Prag, Pilsen nach Nürnberg und Rothenburg und von dort weiter über die Schweiz oder Frankreich nach Spanien. Ähnlich in Norddeutschland, wo mittlerweile 1.600 Kilometer Wege mit der Strahlenmuschel gekennzeichnet sind. Über sie sind auch Skandinavien und das Baltikum an das Netz der Pilgerwege angeschlossen.



Oft sind es alte Handels- oder Heerstraßen, die auch von den Pilgern genutzt wurden; in Mitteldeutschland etwa ein Abschnitt der "via regia", der seit 2003 auf 450 Kilometern als "Ökumenischer Pilgerweg" von Görlitz bis Vacha gekennzeichnet ist. In Westdeutschland wurde in Zusammenarbeit mit den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe seit 1999 ein Wegenetz erarbeitet. Gerade im Rheinland finden sich viele Zeugnisse der Jakobspilger. Aachen und Köln waren Knotenpunkte für Spanien-Wallfahrer.



Im Verlauf des Mittelalters hatte sich Santiago de Compostela zum drittwichtigsten christlichen Wallfahrtsort nach Jerusalem und Rom entwickelt. Der erste bekannte deutsche Santiago-Pilger ist Erzbischof Siegfried von Mainz, der um 1072 in Compostela gewesen sein soll. Zur gleichen Zeit pilgerte auch die Gräfin Richardis von Sponheim zum Apostelgrab.



Boomjahre auch in Deutschland

Seit den 1990er Jahren verzeichnet die Wallfahrtsleitung in dem nordspanischen Pilgerort immer neue Höchstwerte: Im offiziellen "Jakobusjahr" 2010 registrierte das Pilgerbüro in Santiago - neben Hunderttausenden Besuchern - eine Rekordzahl von 272.000 offiziellen Pilgern, die die letzten 100 Kilometer zu Fuß oder die letzten 200 Kilometer mit dem Fahrrad zurücklegten. 2011 waren es 183.366 Pilger aus 126 Ländern.



Und das auch mit Hilfe der Deutschen St.-Jakobus-Gesellschaft: Ihr Ziel ist nämlich nicht nur die Ausweisung alter Jakobswege. Jährlich werden in der Geschäftsstelle in Aachen um die 10.000 Anfragen zur Pilgerfahrt nach Santiago bearbeitet. Wallfahrer können sich "Credenciales" ausstellen lassen, die zur Unterkunft in den spanischen Pilgerherbergen berechtigen. Seit 1993 bildet die Gesellschaft zudem Freiwillige aus, die in Herbergen am spanischen Camino arbeiten.



Auch in Deutschland erfreut sich der Weg durch Nordspanien wachsender Beliebtheit. Einen wahren Boom löste der Komiker Hape Kerkeling mit seinem 2006 erschienenen Buch "Ich bin dann mal weg - Meine Reise auf dem Jakobsweg" aus. Es wurde mehr als drei Millionen Mal verkauft. Insgesamt 16.596 Deutsche erhielten 2011 die Pilgerurkunde.