Pontifikalamt zum 500. Geburtstag von Petrus Canisius

In seinem Anliegen heute noch so aktuell wie damals

Er war Wissenschaftler, Ordensmann, Prediger, Lehrer, Schulgründer, vor allem aber Seelsorger. Als solcher erkannte er die Zeichen der Zeit, setzte bei der Erneuerung der Kirche auf einen zukunftsfähigen Glauben.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Am Ende des Festgottesdienstes ruft Kardinal Woelki noch einmal zu Einheit und Frieden innerhalb der Kirche auf / © Beatrice Tomasetti (DR)
Am Ende des Festgottesdienstes ruft Kardinal Woelki noch einmal zu Einheit und Frieden innerhalb der Kirche auf / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Im Erzbistum Köln hat der große Ordensheilige Petrus Canisius aus dem 16. Jahrhundert tiefe Spuren hinterlassen. Nicht nur, dass er in Köln die erste Niederlassung des gerade erst neu gegründeten Jesuitenordens nördlich der Alpen initiiert und viel für eine gute Ausbildung junger Priester bewirkt hat – nicht umsonst gilt er als einer der drei Patrone des Kölner Priesterseminars – von hier aus nahm auch die Karriere des jungen Gelehrten, dem Papst Leo XIII. sogar den Beinamen "zweiter Apostel Deutschlands nach Bonifatius" verlieh, schnell an Fahrt auf. Als erster Deutscher tritt er der „Societas Jesu“ – der Gesellschaft Jesu – bei und erweist sich bald darauf als unermüdlicher Kämpfer für eine in den Umbrüchen seiner Epoche gefährdete Kircheneinheit und Erneuerung der katholischen Kirche: als vermittelnder Theologe auf dem Konzil von Trient, als gefragter und mit einer weltzugewandten Frömmigkeit ausgezeichneter Dialogpartner von Fürsten und Bischöfen, als unermüdlicher Prediger und Lehrer des Wortes Gottes und nicht zuletzt als Gründer vieler Schulen und Hochschulen in Europa, von denen bis heute nicht wenige seinen Namen tragen.

Dass an diesem Samstag nun anlässlich des 500. Geburtstages von Petrus Canisius die Erinnerung an diesen 1925 zum Kirchenvater erhobenen und heilig gesprochenen Theologen mit einem feierlichen Pontifikalamt lebendig gehalten wurde, verdankt sich der Initiative von Msgr. Markus Bosbach. Als Rector ecclesiae von St. Mariä Himmelfahrt, der 1618 erbauten ehemaligen Jesuitenkirche in der Marzellenstraße, und Leiter der Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten im Erzbischöflichen Generalvikariat, das damals das an den Barockbau anschließende Jesuitenkolleg beherbergte, in dem ab 1827 dann für ein paar Jahrzehnte das Priesterseminar untergebracht war, ist er dem Leben und Wirken Canisius eng verbunden.

Begeisterung für Jesuiten beim Studium in Köln entdeckt

"Mit dieser Feier wollen wir Gott danken, dass Petrus Canisius in seiner Zeit für die Erneuerung der Kirche Wichtiges geleistet hat", hatte er dazu im Vorfeld erklärt. "Er hat eine dem Einzelnen zugewandte Seelsorge vertreten und bis dahin Selbstverständliches infrage gestellt." Zu diesem für damalige Verhältnisse modernem Verständnis von Pastoral hätten für ihn eine gute Predigt gehört, der Zusammenschluss von kleinen Glaubengemeinschaften, sogenannten Kongregationen, die Betonung einer Beichtpastoral, wofür allein die vielen Beichtstühle in der heute vom Erzbistum verwalteten Kirche Beleg wären, und Hilfen in der Glaubensunterweisung gegeben – sein Katechismus in drei zeitlich unterschiedlichen Ausgaben sollte später als ein allseits geschätztes Werk in rund 200 Auflagen erscheinen. Für seine geistlichen Mitbrüder war zunächst 1555 der "Große Katechismus" mit 211 Fragen gedacht; es folgte der "Catechismus minimus" mit 59 Fragen, während sich sein „Catechismus parvus" von 1558 dann eher an Lateinschulen richtete, wie überhaupt die Sorge um geeignete Lehrbücher den Wissenschaftler und Verfasser etlicher Schriften zeitlebens umtrieb.

"Es war die Zeit seines Studiums in Köln, in der er sich von den Ideen der Jesuiten begeistern ließ und die Geistlichen Übungen ihres Gründers Ignatius von Loyola für sich entdeckte", erläutert Bosbach. Dabei sei es ihm immer um die primäre Ausrichtung auf Christus gegangen; darum, aus einer persönlichen Christusbeziehung heraus zu leben und später als europäischer Wanderer, der auf Bildung allgemein, aber vor allem auch auf die Schulseelsorge als ein wesentliches Standbein in der Bewegung der Gegenreformation gesetzt habe, sowohl die Glaubensverkündigung als auch die eigene Glaubensvertiefung ins Zentrum zu stellen. Was im Übrigen Petrus Canisius auch heute noch ganz aktuell mache. "Denn auch heute steht die Kirche vor der Herausforderung, dass Selbstverständlichkeiten wegbrechen", unterstreicht Bosbach.

Leitwort der Jesuiten: "Ad maiorem die gloriam"

"Er war das, was wir heute einen ‚global player’ nennen", betonte er dann zu Beginn des feierlichen Pontifikalamtes mit Erzbischof Woelki in seiner Begrüßung der Festgemeinde, zu der auch die Seminaristen der beiden Priesterseminare des Erzbistums und ihre jeweiligen Leitungen gehörten. "Wenn wir 500 Jahre Petrus Canisius feiern, dann sind wir hier an diesem Ort genau richtig", betonte er im Hinblick auf dessen Engagement für den Priesternachwuchs – und mit Verweis auf die vielen Reliquien des Kölner Jesuiten, die in der Schatzkammer der Kirche aufbewahrt werden und von denen zwei zur Feier des Tages zur Verehrung ausgestellt wurden. Gleichzeitig erinnerte Bosbach daran, dass dieser Geburtstag am 8. Mai immer auch mit dem Weihetag der Kirche zusammenfalle, und stellte diesen Gottesdienst unter das Leitwort der Jesuiten: Ad maiorem dei gloriam – zur größerem Ehre Gottes.

Den Spuren des in seiner Zeit einflussreichen geistlichen und politischen Vorkämpfers der Gegenreformation nachgehen und die Bedeutung von Petrus Canisius als Glaubenszeuge hervorheben wollte auch Rainer Maria Kardinal Woelki. Er erinnerte in seiner Predigt daran, dass dieser in seinem Katechismus – dem ersten katholischen überhaupt – die wichtigsten Glaubens- und Lebensweisheiten als eine Art Konzentrat zusammengefasst hatte, und das in einer großen Demut. Dabei sei ihm der Lobpreis Gottes lebenswichtig gewesen, was, wie Woelki betonte, ein Zitat am Ende seiner Schrift dokumentiere: „Gelobt sei Gott, der Kirchen Fried’ und uns das ewige Leben.“ Diese wenigen Worte dürften als Inbegriff seiner theologischen Intention verstanden werden und vermittelten zugleich eine Porträtskizze seiner Persönlichkeit.

Der Lobpreis des Allerhöchsten, sogar noch in der Todesnot seiner letzten Stunden, so führte der Kölner Erzbischof weiter aus, sei ein Grundmotiv seines Lebens und Wirkens gewesen. Auch in seinen Katechismen habe er die Verherrlichung Gottes als vorrangige Aufgabe betrachtet und das jedem Christen bewusst machen wollen. "Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, auch in den Widrigkeiten Gott stets zu loben", zitierte Woelki Petrus Canisius wörtlich, um damit gleichzeitig die Frage in den Raum zu stellen: Wie anders sähe unsere Kirche heute aus, wenn auch bei uns diese Verherrlichung Gottes wieder am Beginn stünde? 

Kardinal Woelki: Gott an die erste Stelle setzen

Diese Verherrlichung fordere die entschiedene Entscheidung für Christus, für Gott, für das gewollte und gelebte Ja zum Willen des Vater, so wie Christus es vorgelebt habe, mahnte er. "Petrus Canisius ist entschlossen, sich ohne Wenn und Aber Christus zu übergeben – mit Haut und Haar – und sich ihm in allem anzuschließen." Dabei habe ihn nicht großartiger Heroismus geleitet, sondern die von allen geforderte Grundentscheidung. Entsprechend habe der Jesuit allen das Gebet empfohlen: "Vater, Dein und nicht mein Wille geschehe".

Wolle die Kirche ihrem Auftrag von Lobpreis und Frieden gerecht werden, müsse sie selbst in Frieden leben, gab Woelki zu bedenken. „Dass dies zu seiner Zeit und leider auch heute weithin nicht der Fall ist, hat Petrus Canisius damals bedrückt und bewegt, wie es auch heute viele von uns bedrückt und bewegt.“ Mit Blick auf den inneren Zustand der Kirche, auf ihre Friedlosigkeit habe Petrus Canisius damals weitaus härtere Worte für die gewählt, die in der Kirche gewesen seien, als für ihre Gegner, die sie von außen angegriffen hätten, sagte er und zog eine Parallele zur aktuellen Situation der Kirche. Zum Frieden in der Kirche gehöre, betonte der Kardinal, die Einheit im Glauben, eine Erneuerung des christlichen Lebens, das Feuer der Liebe und die Gerechtigkeit, die jedem das Seine zukommen lasse.

Petrus Canisius lenke die Leser seines Katechismus auf das ewige Leben hin. Um diese Verheißung zu wissen, mache heiter und gelassen. Wörtlich sagte Woelki: "Petrus Canisius erinnert uns daran, dass wir Gott an die erste Stelle setzen, und dass da, wo wir ihm die Ehre erweisen, Friede werden kann.“ Auch noch 500 Jahre später mahne sein Vermächtnis, so miteinander umzugehen, "dass wir uns des ewigen Lebens als würdig erweisen".


Die Kölner Vokalsolisten singen unter anderem Werke von Palestrina und Monteverdi / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Kölner Vokalsolisten singen unter anderem Werke von Palestrina und Monteverdi / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Der Grundstein der ehemaligen Jesuitenkirche St. Mariä Himmelfahrt wurde 1618 gelegt / © Beatrice Tomasetti (DR)
Der Grundstein der ehemaligen Jesuitenkirche St. Mariä Himmelfahrt wurde 1618 gelegt / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Die Choralschola des Collegium Albertinum / © Beatrice Tomasetti (DR)
Die Choralschola des Collegium Albertinum / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Kardinal Woelki mit Subregens Tobias Hopmann, Spiritual Dr. Axel Hammes und Subregens Pawel Milerski. / © Beatrice Tomasetti (DR)
Kardinal Woelki mit Subregens Tobias Hopmann, Spiritual Dr. Axel Hammes und Subregens Pawel Milerski. / © Beatrice Tomasetti ( DR )

An der Feier anlässlich des 500. Geburtstages von Petrus Canisius nehmen die Seminaristen des Erzbistums teil / © Beatrice Tomasetti (DR)
An der Feier anlässlich des 500. Geburtstages von Petrus Canisius nehmen die Seminaristen des Erzbistums teil / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Ein Porträt von Petrus Canisius befindet sich auf der Kapellentür des Kölner Priesterseminars / © Beatrice Tomasetti (DR)
Ein Porträt von Petrus Canisius befindet sich auf der Kapellentür des Kölner Priesterseminars / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR