Sehnsucht der Frauen in der katholischen Kirche

"Volle Gleichberechtigung"

Noch heute ist die katholische Kirche überwiegend von Männern dominiert. Die geistliche Begleiterin und Leiterin im kfd-Bundesverband, Ulrike Göken-Huismann, formuliert im domradio.de-Interview deswegen naheliegende Sehnsüchte.

Frauen im Gebet / © Rolf Zöllner (epd)
Frauen im Gebet / © Rolf Zöllner ( epd )

domradio.de: Sehnsucht entsteht aus einem Mangel heraus, aus einer noch nicht zufriedenstellenden Situation. Würden Sie die Situation der Frauen in der katholischen Kirche als eine solche beschreiben - als eine, die die Betroffenen noch nicht zufrieden stellen kann? 

Ulrike Göken-Huismann (Leiterin im Bundesverband der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands/kfd): Ja, in den letzten Jahren ist in der katholischen Kirche vieles passiert, aber die Sehnsucht der Frauen ist immer noch die volle Gleichberechtigung. Denn diese ist in der katholischen Kirche noch nicht verwirklicht. 

Ulrike Göken-Huismann / © KayHerschelmann (kfd)
Ulrike Göken-Huismann / © KayHerschelmann ( kfd )

Es gibt viele kleine Baustellen, bei denen wir Schritte gehen könnten und müssten. Es ist beispielsweise noch immer nicht möglich, dass Frauen in der Eucharistiefeier an der klassischen Stelle eine Predigt halten dürfen. 

Selbst Pastoral- und Gemeindereferentinnen, die natürlich entsprechend geschult sind, dürfen nicht an der offiziellen Stelle eine Predigt halten, sondern sollen zu Beginn des Gottesdienstes eine Statio machen. Das können besonders wir Frauen von der kfd nicht verstehen, und auch nicht mehr akzeptieren.

Es gibt in der Heiligen Schrift so viele Stellen, an denen auch Frauen entscheidend vorkommen. Es gibt die beiden Hebammen, die Richterin Deborah, und man könnte noch viele mehr nennen.

Aber unsere Leseordnung, die festlegt, was sonntags vorgelesen wird, nimmt auf diese Stellen keine Rücksicht. Wir hören an den Sonntagen immer Geschichten über Männer. Damit sind wir nicht zufrieden. 

domrado.de:  Gibt es Sehnsüchte, die tatsächlich eher frauentypisch sind - oder tappen wir da schnell in die Geschlechter-Klischee-Falle, wenn wir das so sagen?

Göken-Huismann: Wir glauben, dass die Ursehnsüchte im Menschen gleich sind, unabhängig von Mann und Frau. Dass es dann in der konkreten Ausprägung auch in unterschiedlichen Lebenszusammenhängen spezielle Sehnsüchte gibt, gerade im Zusammenhang mit Kinderwunsch, mag sein. Aber die Grundsehnsüchte im Menschen sind gleich.

domradio.de: Sie als geistliche Begleiterin kommen ja sehr nah in Kontakt mit den tiefen Wünschen, mit den Sehnsüchten der Frauen, die Sie begleiten. Gibt es da Themen, die eine besondere Rolle spielen? 

Göken-Huismann: Das eine Thema ist der Wunsch nach Nähe, Freundschaft und Zugehörigkeit, also nach einer konkreten Heimat. Auch in dieser Kirche, wo man miteinander leben und das auch "aushalten" kann. Es gibt bei Frauen den Wunsch nach einer frauengerechten Spiritualität. 

domradio.de: Wenn wir auf die Institution katholische Kirche blicken, was wäre da Ihre wichtigste, drängendes Sehnsucht, die Sie auch gerne noch in absehbarer Zeit erfüllt sehen möchten? 

Göken-Huismann: Wir feiern am 29. April den Tag der heiligen Katharina von Siena, den Tag der Diakonin. In diesem Jahr wird das größer gefeiert als sonst, weil vor 20 Jahren in Stuttgart, wo wir auch dieses Jahr feiern, ein großer Kongress stattgefunden hat und das Netzwerk Diakonat gegründet worden ist. 

Wir feiern, beten, singen und sprechen, dass unser sehnlichste Wunsch, dass Frauen in der katholischen Kirche zu Diakoninnen geweiht werden, endlich erfüllt wird.

Das Gespräch führte Hilde Regeniter.

Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd)

Die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) ist mit rund 265.000 Mitgliedern der größte katholische Frauenverband und einer der größten Frauenverbände Deutschlands. Wir machen uns stark für die Interessen von Frauen in Kirche, Politik und Gesellschaft und setzen uns für ihre Rechte ein.

Die kfd ist eine Gemeinschaft, die trägt und in der sich Frauen in vielfältigen Lebenssituationen gegenseitig unterstützen. Sie ist der Frauenort in der Kirche, offen für Suchende und Fragende.  

Ein Plakat der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) / © Julia Steinbrecht (KNA)
Ein Plakat der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) / © Julia Steinbrecht ( KNA )


 

Quelle:
DR