DOMRADIO.DE: Sie setzen sich für Seeleute seelsorgerisch und politisch ein. Was heißt das konkret?
Henry Schwier (Stellvertretender Leiter der Deutschen Seemannsmission): Wir kümmern uns um Seeleute, die 80 bis 90 Prozent aller weltweiten Ware und Produkte über das Meer schiffen. Die Menschen arbeiten unter schwierigen Bedingungen. Sie haben lange Arbeitszeiten, wenig Landgang und eine hohe Anforderung im Job.
Wir kümmern uns um sie, wenn sie über viele Monate weit weg von zu Hause und ihren Familien sind. Wir arbeiten mit sozialer Arbeit, Seelsorge und Kommunikationshilfen, damit sie auch mal nach Hause telefonieren können. Wir haben 33 Standorte in Deutschland und 15 weitere in anderen Ländern.
DOMRADIO.DE: Die "boot" ist die größte Publikumsmesse für Wassersport. Worauf wollen Sie dort aufmerksam machen?
Schwier: Wir möchten von unserer Arbeit erzählen, vor allem über die Menschen, die das alles ermöglichen. Ohne Seeleute würde weltweit gar nichts funktionieren. Auf der "boot" sind viele meeresaffine Menschen. Sie haben Lust am Hobby, am Sport, am Kanufahren oder am Segeln. Aber auch sie werden merken, ohne Seeleute geht nichts. Deswegen möchten wir berichten, was wir tun. Ohne diese Profis der anderen Art geht nichts.

DOMRADIO.DE: Viele verbinden mit der Messe in Düsseldorf Yachtsport, Kanufahren oder Freizeiturlaub an der Küste. Ist die Seemannsmission mit ihrem Stand ein kleiner Exot?
Schwier: Ein wenig schon. Wir sind im besten Sinne ein kleines, schräges Störfeuer. Aber das ist nicht schlimm. Wir waren das letzte Jahr zum ersten Mal auf der Messe, um zu testen, ob das überhaupt etwas für uns ist. Sind die Menschen anspruchsvoll hinsichtlich unserer Arbeit und dessen, was wir ihnen vermitteln möchten? Wir haben festgestellt, dass viele das positiv aufnehmen. Es passt wunderbar zusammen.
DOMRADIO.DE: Sie haben letztes Jahr "Ahoi Brause" am Stand verschenkt, warum?
Schwier: "Ahoi Brause" ist ein guter Aufhänger, um ins Gespräch zu kommen. Ich erzähle dann von unserer Arbeit, wie der Notfallseelsorge oder von unseren Klubs und Hotels, die wir betreiben. Wir wollen Menschen auf die Seeleute aufmerksam machen, vor allem auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeiter.
Menschen, die schon an Flüssen und Meeren unterwegs waren, sehen die riesigen Schiffe und bestaunen oft die vielen Container. Sie stellen sich vor, dass dort Weihnachtsgeschenke transportiert werden oder das Kanu, das sie im Sommer in Schweden nutzen wollen oder so etwas ähnliches.
DOMRADIO.DE: Wie können die Besucher der Messe Ihre Arbeit ganz konkret unterstützen?
Schwier: Sie können unseren Stand besuchen und auch gerne konkret spenden, wenn Sie denn möchten. Wir nehmen auch Kontaktdaten auf, um die Menschen gezielt über unsere Arbeit zu informieren. Vielleicht gibt es einige, die sagen, sie seien schon einmal in Brasilien gewesen und möchten daher die Station dort unterstützen. Oder sie denken an Lé Havre in Frankreich oder an die Stationen an der deutschen Küste, um Seeleute in Deutschland zu unterstützen.

DOMRADIO.DE: Was sehen Sie als Ihre Hauptaufgabe in diesem Jahr für die Seeleute?
Schwier: Es ist eine Daueraufgabe, und das wird sich nicht ändern. Man merkt in den Nachrichten, wie bedeutungsvoll Seeschifffahrt ist. Man kriegt viel über die Konflikte in der Ostsee mit. Aber auch über die Piraten-Überfälle und die Angriffe im Mittelmeer und im Roten Meer.
Man merkt wie die Schiffsfahrt uns weltweit abhängig macht und wo die Probleme sind. Zum Beispiel, dass Schiffe um Afrika herum fahren müssen. Wie lange dort der Transport dauert. Die Seeleute haben dann kaum eine Möglichkeit, vom Schiff zu kommen. Das sind Daueraufgaben für uns, die wir zu bewältigen haben.
Das Interview führte Carsten Döpp.