Kapitelsamt im Kölner Dom

Sechzehnter Sonntag im Jahreskreis

DOMRADIO.DE übertrug am sechzehnten Sonntag im Jahreskreis das Kapitelsamt in lateinischer Sprache aus dem Kölner Dom mit Domkapitular Günter Assenmacher. In seiner Predigt ging er auf die Anrede "Herr Pastor" ein.

Domkapitular Dr. Günter Assenmacher / © Tomasetti (DR)
Domkapitular Dr. Günter Assenmacher / © Tomasetti ( DR )

Oft sagen Menschen zu einem Priester, den sie nicht mit Namen kennen, Herr Pastor. In seiner Predigt ging Domkapitular Günter Assenmacher auf diese Anrede ein. Jeder Priester freue sich über diese Anrede, denn sie bedeutet Hirte. Die wirklichen Pastoren fühlen sich verpflichtet, nicht nur auf sich selbst Acht zu geben, sondern auf alle Menschen. Dafür verzichten sie darauf, zu heiraten und eine eigene Familie zu haben, betonte Assenmacher.

Aber brauchen Schafe wirklich die Hirten, um in der Wüste nicht zu verhungern und zu verdursten? Manche Deutungen behaupten, der Instikt der Schafe reiche dafür aus. Um sich in der Wüste zurecht zu finden, brauchen sie die Hirten nicht, denn ihr angeborener Instinkt beinhalte eine tiefere Erfahrung als die der Hirten. Die Aufgabe der Hirten bestehe viel mehr darin, diejenigen zu suchen, die sich trotz allem verlieren würden und diejenigen hinterherzutragen, die sich verletzt haben und nicht mehr weiter können. Auch wenn dies, wie diese Deutung zugrunde legt, die einzige Aufgabe eines Pastors wäre, so sei keiner der Pastoren umsonst auf seinem Posten, sagte Domkapitular Assenmacher.

Auslegung zum Sonntagsevangelium, Mk 6,30-34, von Hans Urs von Balthasar

"Wie Schafe ohne Hirten.“ So erscheint Jesus im Evangelium die Volksmenge, die ihm zuläuft. Die Leute fühlen instinktiv in ihm den guten, gottgesandten Hirten, der nicht seine Macht an ihnen ausüben will, sondern sie um ihrer selbst willen sammelt und betreut. Mächtige haben sie genügsam beherrscht, Assyrer, Babylonier, Perser, Griechen, Römer, aber auch ihre eigenen unerbittlichen Herren, für die sie nur eine unwissende, „ganz in Sünden geborene“ (Joh 9,34) Masse waren. Jesus möchte einen Augenblick Ruhe haben, aber man verfolgt und beansprucht ihn so, dass er „nicht einmal Zeit zum Essen“ findet. Es wird damit enden, dass er sich selber zur Speise dieser Hungernden wird hinreichen müssen. Er ist da, nicht um auszuruhen, sondern sich bis zum Letzten aufreiben zu lassen. „Ich gebe mein Leben für meine Schafe“ (Joh 10,15). „Und er lehrte sie lange.“ Seine Jünger sind mit ihm, von ihrer Stimmung ist nicht weiter die Rede. Aber die Folge des Vorbilds, das Jesus ihnen gibt, ist, dass es ihnen, auf ihrer Jüngerebene, nicht wesentlich anders ergehen wird als ihrem Meister.

Hans Urs von Balthasar (Schweizer Theologe, 1905–1988)

aus: Magnificat. Das Stundenbuch. Juli 2018