Schwierige Situation für NGOs in der Türkei

Helfer sollen draußen bleiben

In der türkischen Grenzregion zu Syrien tummeln sich derzeit viele Organisationen, die den Flüchtlingen helfen wollen. Die türkische Regierung lässt ihnen nur einen geringen Handlungsspielraum. Zu den Flüchtlingscamps haben Helfer keinen Zutritt.

Autor/in:
Corinna Buschow
Ein Flüchtlingscamp in der Türkei (dpa)
Ein Flüchtlingscamp in der Türkei / ( dpa )

Wenn man Ahmet Sanverdi glauben will, läuft bei der Flüchtlingsversorgung in der türkischen Grenzregion zu Syrien alles bestens. Versorgung mit Essen: prima. Medizinische Hilfe: kein Problem. Sanverdi ist Mitarbeiter des Büros der Sosyal Yardimlasma Dayanisma Vakfi (Generaldirektion für Sozialhilfe) in Reyhanli, einer vom türkischen Staat finanzierten und abhängigen Wohlfahrtsorganisation, die unter anderem die medizinische Versorgung der Flüchtlinge in den Camps koordiniert. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR leben derzeit rund 200.000 Menschen in den Flüchtlingscamps der Türkei. Internationale und lokale Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben dort keinen Zutritt. Das ärgert die Flüchtlingshelfer.

"Die türkische Regierung glaubt, sie hat alles im Griff und misstraut uns", sagt Yonja Süleymanoglu von der lokalen Initiative "Support to Life", die von der Diakonie Katastrophenhilfe unterstützt wird. Zu einem guten Teil stimmt das auch. Übereinstimmend sagen Flüchtlingshelfer, dass die Camps in der Türkei einen guten Standard haben. "Fünf-Sterne-Hotels" seien das verglichen mit den Lagern in Jordanien und Libanon, sagt Süleymanoglu. Auch Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) lobte die Camps, als er vor zwei Monaten einen Blick hinein werfen durfte.

Die Regierung habe aber vor allem die allerdringendsten Bedürfnisse im Blick: Essen und Versorgung mit Trinkwasser, sagt Rita Szekely, die in Istanbul für die Diakonie Katastrophenhilfe arbeitet. Es mangele an sozialen und psychologischen Therapieangeboten. "Hier können wir unterstützen", sagt sie.

Diskussionsprozess um die Rolle der NGOs

Besonders schwer haben es in den Augen der Flüchtlingshelfer internationale Organisationen. Die amtliche Registrierung als Erlaubnis für die Arbeit zieht sich meist über mehrere Monate, in der Provinz Hatay, die an Syrien grenzt, meist noch länger. Helfer bekommen dort derzeit auch schwer einen Aufenthaltstitel. Sie dürfen über das Touristenvisum 90 Tage bleiben, dann müssen sie ausreisen und dürfen frühestens nach drei Monaten wiederkommen.

"Die Regierung schaut uns genau auf die Finger", sagt Süleymanoglu. Seit den Protesten im Gezi-Park sei das Misstrauen der Behörden noch weiter gewachsen. Manchmal scheint es aber auch angebracht. Süleymanoglu schätzt, dass derzeit rund 30 NGOs aus der Türkei und anderen Staaten in Hatay aktiv sind. Bei einigen ist schwer zu durchschauen, was sie machen und woher sie sich finanzieren. So ist in Reyhanli beispielsweise die IHH aktiv, eine islamische Organisation, der Verbindungen zu Islamisten nachgesagt werden und die 2010 mit der vom israelischen Militär gestoppten Gaza-Hilfsflotte für Schlagzeilen sorgte.

Trotzdem glaubt Yonja Süleymanoglu an ein Umdenken. Es sei ein Diskussionsprozess um die Rolle der NGOs in der Türkei gestartet, sagt sie. Am Ende könne eine größere Wertschätzung stehen. Im Büro der staatlichen Hilfsorganisation in Reyhanli ist davon aber noch nichts zu merken. Ahmet Sanverdi schätzt die Unterstützung der Helfer als zusätzliche, nicht aber als nötige Hilfe ein. Wenn man ihn fragt, was NGOs für Flüchtlinge in den Camps tun könnten, antwortet er trocken: "Sie können Geld spenden."


Quelle:
epd