Schwester hilft in Krisengebieten mit Decken aus Chipstüten

Nachhaltige Wärmequelle

Einfach in den Müll? Nein, Chipstüten können nach dem Verzehr noch eine nützliche Aufgabe haben. Die Paderborner Jakobusschwester Stephanie Danielsen erzählt, wie sie mit einem kleinen Team Wärmedecken aus Chipstüten herstellt.

Chipstüte / © Bogdan Wankowicz (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie haben gezeigt, dass Chipstüten auch richtig nützlich sein können. Wie denn?

 © Schwester Stephanie Danielsen (privat)
© Schwester Stephanie Danielsen ( privat )

Schwester Stephanie Danielsen (Jakobusschwester aus Paderborn): Aus leeren Chipstüten stellen wir Wärmedecken her, die wir dann in Katastrophengebiete schicken. Dadurch haben es Kinder, Babys und Erwachsene warm und sind geschützt.

Gerade jetzt, da Menschen in den Katastrophengebieten auf dem Boden schlafen müssen, wo Minusgrade herrschen, ist so eine Decke einfach optimal als Wärmeregulierung.

Schwester Stephanie Danielsen (Jakobusschwester aus Paderborn)

"Unsere Decken können über Wochen, Monate und Jahre benutzt werden"

DOMRADIO.DE: Wieso hält so eine dünne Decke dann eigentlich warm?

Schwester Stephanie: Es ist ein ähnlicher Effekt wie bei den Rettungsdecken, nur mit dem Unterschied, dass eine Rettungsdecke für den einmaligen Gebrauch bestimmt ist und unsere Decken über Wochen, Monate und Jahre benutzt werden können. Vor allem aber haben die Decken aus Chipstüten auch diese silberne Beschichtung und dadurch wird die Körperwärme reflektiert.

DOMRADIO.DE: Chipstüten reißen auch schnell mal ein. Wie sieht es denn mit der Haltbarkeit aus?

Decke aus Chipstüten / © Schwester Stephanie Danielsen (privat)
Decke aus Chipstüten / © Schwester Stephanie Danielsen ( privat )

Schwester Stephanie: Zuerst werden die Tüten zusammen gebügelt und bekommen dann für die Stabilität noch rundherum eine Schicht aus Verpackungsmaterial, der durchsichtigen Folie, die von uns häufig weggeschmissen wird, wenn wir beispielsweise Kleidung kaufen. Wir bekommen manchmal auch von Bäckereien diese durchsichtige Folie. Wir bügeln sie dann auf die Decke aus Chipstüten. Dadurch ist diese Schicht geschützt und lange haltbar.

DOMRADIO.DE: Wie stellen Sie die Decken denn her?

Schwester Stephanie: Zu Beginn ist natürlich wichtig, dass alle Chips aufgegessen wurden. Anschließend werden die Tüten aufgeschnitten, gewaschen und getrocknet. Wenn das geschehen ist, werden die Tüten gebügelt. Durch die Hitze werden sie miteinander verschmolzen. Zum Schluss kommt dann noch die durchsichtige Folie darauf.

Schwester Stephanie Danielsen (Jakobusschwester aus Paderborn)

"Wir benötigen bis zu 155 Chipstüten für eine Decke"

DOMRADIO.DE: Wie viele Chipstüten brauchen Sie denn für eine Wärmedecke oder einen Schlafsack?

Schwester Stephanie: Wenn wir eine Decke für Erwachsene herstellen, benötigen wir bis zu 155 Chipstüten. Das hängt natürlich auch von der Größe der Tüten ab. Wenn ich kleine habe, dann können es auch mal 200 werden. Wenn wir eine Decke für Kinder herstellen, sind wir ungefähr bei 40 und für Babys dann bei etwa zehn Tüten.

DOMRADIO.DE: Wie viel haben Sie insgesamt schon hergestellt mit ihrem kleinen Team aus drei Personen?

Schwester Stephanie: Wir haben unseren Aufruf an Silvester gestartet und mittlerweile schon über 100 Decken in Katastrophengebiete wie die Türkei verschicken können.

DOMRADIO.DE: Essen Sie selber in Ihrer Schwestern-Gemeinschaft so viele Chips oder woher kam die Idee, die Decken herzustellen?

Schwester Stephanie: Wir kooperieren vor Ort mit dem Deutschen Roten Kreuz. Die Leiterin vom Kleiderstübchen, Frau Ergün, kam auf die Idee, dass sie gerne mehr für obdachlose Menschen machen würde. Für unsere Aktion gibt es ein Vorbild in England, das genau diese Wärmedecken für obdachlose Menschen herstellt.

Daraufhin haben wir gesagt, das ist eine super Sache, das möchten wir gerne nach Deutschland holen und haben Anfang des Jahres begonnen, das für obdachlose Menschen zu machen. Als dann das Erdbeben in der Türkei und Syrien war, haben wir unsere Decken auch in solche Katastrophengebiete geschickt.

Wir haben begonnen, neue Prototypen-Decken für Kinder und Babys zu fertigen, weil es das vorher nicht gab. So können wir diese Wärmedecken jetzt für jede Altersgruppe verschicken.

Schwester Stephanie Danielsen (Jakobusschwester aus Paderborn)

"Wir nehmen uns diesem "Müll" an uns schenken ihm noch mal neues Leben"

DOMRADIO.DE: Hat Sie dabei auch ein Nachhaltigkeitsgedanke angetrieben?

Schwester Stephanie: Auf jeden Fall. So eine Tüte braucht ungefähr 80 Jahre, bis sie in ihre Einzelteile zerfällt. Wenn man sich dann vorstellt, wie viele Chipstüten jeden Tag auf der Welt anfallen, ist es natürlich gut, dass es solche Gruppen wie uns oder die englische gibt. Wir nehmen uns diesem "Müll" an uns schenken ihm noch mal neues Leben.

DOMRADIO.DE: Wie lange brauchen Sie für eine Decke?

Schwester Stephanie: Mit der Trocknungszeit ungefähr acht bis zwölf Stunden. Die reine Arbeitszeit sind etwa zwei bis drei Stunden für eine Decke.

DOMRADIO.DE: Wird das Projekt jetzt eingestellt oder sammeln Sie weiter?

Schwester Stephanie: Auf jeden Fall. Leider wird es immer Gebiete auf der Welt geben, die Not leiden und die Hilfe brauchen. Darum ist das Projekt auch langfristig angelegt. Deswegen freuen wir uns über jede Tüte, über jede Verpackungsfolie, damit wir noch möglichst lange ganz viele Decken verschicken können.

Das Interview führte Dagmar Peters.

Quelle:
DR