Schweizer Bistümer organisieren Kommunikation um

Netzwerk ohne Landeskirchen und Verbände

Die Schweizer Bischöfe und ihre Bistümer gründen ein Kommunikationsnetzwerk, um die aufgelöste Medienkommission zu ersetzen. Infos fließen nur spärlich. Landeskirchen und Verbände sind irritiert, denn sie sind nicht vertreten.

Autor/in:
Annalena Müller und Alexander Brüggemann
Schweizer Fahne und der Blick auf Basel / © Jordi C (shutterstock)
Schweizer Fahne und der Blick auf Basel / © Jordi C ( shutterstock )

Die Schweizer Bischofskonferenz und die Diözesen haben ein neues Kommunikationsnetzwerk gegründet: COMDIO. Informationen darüber gibt es kaum.

Weder die Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ), die Landeskirchen noch die großen katholischen Verbände der Schweiz, zuvor mit im Boot, wissen etwas über das schon vor zwei Monaten installierte Netzwerk.

Medienkommission war aufgelöst worden

Die seit den 70er Jahren bestehende gemeinsame Medienkommission der Schweizer Bischofskonferenz war zum 31. März aufgelöst worden. In einem Brief der Bischöfe von Mitte Februar hieß es: Man sei zu dem Schluss gekommen, dass es keine triftigen Gründe mehr für eine nationale Medienkommission gebe.

Die mediale Präsenz der Bischöfe bzw. der katholischen Kirche sollten künftig "angemessener auf diözesaner bzw. sprachregionaler Ebene" angegangen werden. Dafür sei mit Blick auf die Kommunikationsstrategien ein "Aggiornamento" nötig, also eine Modernisierung, so der Konferenz-Vorsitzende Bischof Felix Gmür und Generalsekretär Davide Pesenti. Im Hintergrund schwelt zudem ein Konflikt der Bischöfe um die inhaltliche Ausrichtung des Deutschschweizer Internetportals kath.ch.

Bischof Felix Gmür im Portrait (SBK)
Bischof Felix Gmür im Portrait / ( SBK )

Im April dann teilte die Bischofskonferenz die Gründung des Netzwerks COMDIO mit. Es bestehe aus einem Dutzend Kommunikationsfachleuten und Experten für bestimmte Themen, die bei Bedarf herangezogen würden.

Ihre Namen und Aufgaben wurden nicht genannt. Laut Julia Moreno, Kommunikationsbeauftragte der Bischofskonferenz, handelt es sich um die Kommunikationsbeauftragten der einzelnen Bistümer und Territorialabteien. "Sie sind es, die ihre jeweiligen Bischöfe kennen, betreuen und verteidigen", schreibt Moreno auf Anfrage von kath.ch.

Journalistisches Netzwerk aufbauen

Wie Recherchen zeigen, plant COMDIO regelmäßige Treffen zur Ausarbeitung einer Strategie für anstehende Projekte und Herausforderungen. So soll in Hintergrundgesprächen ein journalistisches Netzwerk aufgebaut werden. Auch wird ein Argumentarium erarbeitet, das den Kommunikationsbeauftragten helfen soll, auf die "üblichen kritischen Fragen" aus der Presse mittels vorbereiteter Antworten zu reagieren.

Der Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ), Urs Brosi, betrachtet die kommunikative Ein-Igelung mit Sorge. Die RKZ ist jenes Gremium, das nach dem sehr besonderen Schweizer Staatskirchenrecht paritätisch für die Verteilung und Zuwendung der Kirchensteuermittel der Pfarreien und Kantone zuständig ist; letztlich also unter anderem auch der Geldgeber der medialen Player der Kirche.

Bereits im Februar hatte Brosi die Auflösung der Medienkommission in einem Statement bedauert - und etwa auf die Bedeutung der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit mit Blick auf die nationale Schweizer Missbrauchsvorstudie im September hingewiesen. Zu kath.ch sagte Brosi nun, er habe von der Existenz von COMDIO bislang nichts gewusst. Ein diözesanes Kommunikationsnetzwerk sei durchaus sinnvoll, findet er.

"Aber für die Entwicklung einer Kommunikationsstrategie sollte es eine Zusammenarbeit mit den Landeskirchen und Verbänden geben."

Eine Abschottungshaltung?

Ähnlich, aber schärfer im Ton äußert sich Simon Spengler, Bereichsleiter Kommunikation der Kantonalkirche in Zürich. Er spricht von einer Abschottungshaltung, die völlig unprofessionell sei. "In wichtigen Landesteilen wie zum Beispiel im Kanton Zürich läuft die Kommunikation hauptsächlich über die Landeskirchen."

Blick auf das historische Zentrum Zürichs / © Eva Bocek (shutterstock)
Blick auf das historische Zentrum Zürichs / © Eva Bocek ( shutterstock )

Spengler, der früher selbst bei der Bischofskonferenz tätig war, findet unverständlich, dass man dort das Potenzial der Kommunikationsstellen der Landeskirchen nicht ausschöpfen wolle; und weiter: "Wer meint, kritische Medienfragen mit vorgefertigten Textbausteinen abfertigen zu können, hat von Kommunikation nicht viel begriffen. Die funktioniert nicht wie ein Lego-Baukasten."

Auch katholische Verbände zeigen sich irritiert. Moritz Bauer vom Jugendverband "Jubla" wünscht sich, dass Kirche zielgruppengerecht und zeitgemäß kommuniziert. Kommunikationsarbeit brauche neben externer Fachexpertise auch Checks and Balances in Form von kritischen Fragestellungen. Sie sei eben kein Verkündigungsdienst.

Bedauern äußert auch Sarah Paciarelli vom Katholischen Frauenbund. Sie findet, "das neu gegründete Kommunikationsnetzwerk wäre eine gute Gelegenheit gewesen, den dualen Charakter der katholischen Kirche in der Schweiz zu stärken und echte Synodalität zu leben". Schließlich begründeten die Bischöfe die Auflösung der Medienkommission damit, künftig zeitgemäßer kommunizieren zu wollen.

Wenn, so Paciarelli in einem Statement an kath.ch, "das neu gegründete Netzwerk primär aus Kommunikationsmitarbeitenden der Bistümer besteht, wäre das alles andere als zeitgemäß". Vor allem mit Blick auf Publikation der Missbrauchsstudie im September habe die Zusammensetzung des Netzwerks einen unschönen Beigeschmack.

Kirchensteuer und Kirchenfinanzierung in der Schweiz

Das Schweizer Staatskirchenrecht weist gegenüber dem anderer Länder zahlreiche Eigenheiten auf. Seit jeher wurden zudem auf Kantonsebene regionale Lösungen entwickelt. Grundsätzlich räumen sie den Laien eine viele stärkere Mitbestimmung ein, als es das allgemeine Kirchenrecht vorsieht. Neben den Diözesen gibt es in fast allen Schweizer Kantonen im staatlichen Recht verankerte, demokratisch verfasste Körperschaften. Aus dieser Doppelstruktur erwachsen Spannungen.

Schweizer Fahne / © Mattia Vacca (KNA)
Schweizer Fahne / © Mattia Vacca ( KNA )
Quelle:
KNA