Immer mehr Menschen müssen in Quarantäne

Schon in Zeiten der Pest bewährt

Die Quarantäne ist ein sehr altes Mittel: Schon in Zeiten der mittelalterlichen Pest wurden Menschen isoliert, um die Krankheit zu stoppen. Auch in der Coronakrise spielt die Quarantäne wieder eine große Rolle – und betrifft die ganze Gesellschaft.

Autor/in:
Christoph Arens
Symbolbild: Geschlossene Kirche (shutterstock)

Ein Wort macht derzeit Karriere: die Quarantäne. Profis der Fußballbundesliga müssen sie ebenso einhalten wie katholische Bischöfe oder Touristen auf Kreuzfahrtschiffen. Um ein weiteres Verbreiten des neuartigen Coronavirus zu verhindern, müssen Menschen in Deutschland, die in direktem Kontakt mit Infizierten waren oder aus Risikogebieten zurückkehren, 14 Tage in häusliche Quarantäne.

Der Begriff leitet sich vom französischen und italienischen Wort quarante/quaranta (vierzig) ab und geht auf die Zeit der mittelalterlichen Pest zwischen 1347 und 1351 zurück. Aus Angst vor Ansteckung ergriffen insbesondere die stark gefährdeten Hafenstädte am Mittelmeer Absperrungsmaßnahmen: Erfunden wurde die Quarantäre in Venedig. Dort erließ die Regierung die Vorschrift, dass Ladung und Passagiere ankommender Schiffe 30 Tage auf einer Insel vor der Stadt bleiben mussten, bevor man an Land gehen durfte. Marseille folgtediesem Beispiel und erhöhte die Frist auf 40 Tage.

Andere Gründe als die heutigen

Medizinhistoriker verweisen allerdings darauf, dass solche Isolierungen damals nicht angeordnet wurden, weil man das Prinzip von Erregern und Ansteckung gekannt habe. Dieses Konzept sei sehr modern und erst aus dem 19. Jahrhundert näher bekannt, sagte die Marburger Historikerin Andrea Wiegeshoff kürzlich im Deutschlandfunk. Stattdessen habe man zum Beispiel versucht, die Luft rein zu halten - oder Menschen fernzuhalten, die man verdächtigte, Krankheiten gezielt zu verbreiten, etwa die Juden.

Die Zahl 40 hat aber auch in der jüdischen und christlichen Überlieferung eine hohe Symbolkraft. 40 Tage dauert die derzeit begangene Fastenzeit (lateinisch Quaresima) vor Ostern. Immer wieder findet sich die 40 in den Schriften des Alten und des Neuen Testaments.

40 - Zahl mit hoher Symbolik

40 Tage und 40 Nächte ergoss sich der Regen der Sintflut auf die Erde. Auch wartete Noah, nachdem die ersten Berge wieder sichtbar wurden, 40 Tage. Erst dann öffnete er das Fenster der Arche, um den Raben heraus zu lassen. Das Volk Israel wanderte nach dem Auszug aus Ägypten 40 Jahre durch die Wüste und durchlief damit eine Zeit der Läuterung. Moses war Gott auf dem Berg Sinai 40 Tage nahe. Die Stadt Ninive hatte 40 Tage, um ihre Sünden zu bereuen. Und auch Jesus ging 40 Tage in die Wüste, um sich durch Gebet und Fasten auf seine Sendung vorzubereiten. Zwischen seiner Auferstehung und Himmelfahrt lagen laut Lukas-Evangelium ebenfalls 40 Tage.

Für Theologen steht die Zahl 40 damit für einen Zeitraum, der zu Buße und Besinnung auffordert, der Wende und Neubeginn ermöglicht. Sie wird gebildet aus dem Produkt von 4 und 10. Die 4 steht dabei üblicherweise für das Weltumspannende, Irdische und Vergängliche. Sie symbolisiert die Himmelsrichtungen, die Elemente Feuer, Erde, Wasser, Luft, die Lebensphasen Kindheit, Jugend, Erwachsensein, Alter und die menschlichen Temperamente. Die 10 gilt als Zahl des in sich Vollendeten, Ganzen: Sie ist die Summe der ersten vier Ziffern 1 + 2 + 3 + 4, bezeichnet die Zahl der Finger und gilt als Symbol des Kreises. Sie dokumentiert ihren ganzheitlichen Anspruch nicht zuletzt in der biblischen Zahl der Zehn Gebote.

Auszeit als "spirituelle Trainingszeit" nutzen

Anselm Grün (75), Benediktinerpater und Bestsellerautor, zieht jetzt eine Verbindungslinie zwischen Quarantäne und Fastenzeit: Menschen, die wegen der Coronakrise unter Quarantäne gestellt werden, sollten diese Auszeit als "spirituelle Trainingszeit" nutzen, schreibt der Mönch auf Facebook und wünscht "eine segensreiche Quarantäne und Quaresima".

Wer jetzt etwa gute Bücher lese, komme mit einer fremden Welt und auch seiner eigenen Welt in Berührung. Wer in diesen Tagen daheim bleiben müsse, weil die Schulen geschlossen seien und viele Veranstaltungen ausfielen, könne sich über die zentralen Fragen des Lebens Gedanken machen, sie Gott hinhalten und so lernen, sich selbst anzunehmen. Die frühen Mönche hätten das als spirituelle Übung allein in ihrer Zelle praktiziert. "Ich brauche dann keine Angst zu haben vor dem Chaos, das vielleicht in meiner Seele ist. Denn alles wird vom heilenden und liebenden Licht Gottes erleuchtet."


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema