Schirin Ebadi einen Monat nach der Wahl im Iran

Mehr Druck auf Teheran

Einen Monat nach der umstrittenen Wahl im Iran ist scheinbar wieder alles beim Alten: Mahmud Ahmadinedschad regiert, die G-8-Staaten verurteilen seine Atompolitik. Doch darauf alleine darf sich der Blick nicht richten, kritisiert Schirin Ebadi. Die Friedensnobelpreisträgerin ruft die Europäische Union auf, sich stärker für die Einhaltung der Menschenrechte in ihrer Heimat einzusetzen.

 (DR)

In den seit zwei Jahren laufenden Verhandlungen der EU mit Teheran gehe es ausschließlich um den Atomkonflikt, kritisierte Ebadi am Montag bei einer Pressekonferenz in Bonn. Ziel der Gespräche müsse aber auch die Verbesserung der Menschenrechtslage in Iran sein, forderte Ebadi. "Man fragt sich, ob den Europäern nur ihre Sicherheit wichtig ist, nicht aber die Menschen im Iran."

Ein Wirtschaftsembargo gegen Iran lehnte Ebadi hingegen ab. Dies werde nur der Bevölkerung schaden, ohne viel zu bewirken, sagte die Menschenrechtlerin. Sie plädierte stattdessen dafür, Teheran politisch zu isolieren. Dies könne beispielsweise geschehen, indem die internationale Gemeinschaft ihre diplomatischen Kontakte zu Teheran auf die Konsularebene reduzieren und ihre Botschafter abziehen würde.

Kritik an Siemens und Nokia
Ebadi forderte zudem Wirtschaftsunternehmen und -verbände auf, bei Verhandlungen und Geschäften mit Teheran, die Menschenrechte zu beachten. Dies sei nicht immer der Fall. So hätten zum Beispiel Siemens und Nokia der iranischen Regierung die notwendige Technik geliefert, um Mobilfunkkontakte zu kontrollieren. Dadurch könne die Regierung nun Menschen bespitzeln und unter Druck setzen.

Das Regime in Teheran ist nach Ansicht Ebadis durch die Kritik mehrerer religiöser Würdenträger an ihrem brutalen Vorgehen gegen die friedlichen Demonstrationen geschwächt. Neben Ayatollah Montaseri hätten sich auch andere religiöse Führer sowie der Verband der islamischen Gelehrten gegen die Regierung gewandt.

Proteste gehen weiter
Die Proteste im Iran gehen nach den Worten der Menschenrechtsaktivistin trotz des gewalttätigen Eingreifens der Regierung weiter. Allerdings hätten sie nun eine andere Form angenommen. So treffe sich beispielsweise eine Initiative von Müttern, deren Kinder verschwunden oder getötet wurden, jeden Samstag zu einem Sitzstreik in einem Park.

Schirin Ebadi erhielt 2003 für ihren Einsatz für die Menschenrechte im Iran den Friedensnobelpreis. Die 62-jährige Rechtsanwältin setzt sich in ihrer Heimat für die Rechte von Frauen und Kindern ein und verteidigte bereits zahlreiche Dissidenten. Wegen ihres Engagements für die Menschenrechte saß sie bereits einmal selbst in Haft und erhielt vorübergehend Berufsverbot. Als die Proteste im Iran begannen, befand Ebadi sich auf einer Konferenz in Spanien. Sie kehrte seitdem nicht in ihre Heimat zurück, um in Europa über die Situation in ihrem Land zu informieren.