Schalke-Pfarrer geht in den Ruhestand

Er bleibt am Ball

Pfarrer Dohm blickt zum Himmel: "Oh, es regnet. Heute Abend ist doch Pokalspiel." Wer den Gelsenkirchener Pfarrer kennt, weiß um seine irdischen Sorgen. Denn Hans-Joachim Dohm ist nicht irgendein evangelischer Pfarrer, Dohm ist der Schalke-Pfarrer. Am Sonntag feiert er seinen 65. Geburtstag und wird offiziell von seiner Gemeinde verabschiedet.

Autor/in:
Rolf Stegemann
 (DR)

Beim Bundesligisten Schalke 04 will er weiter am Ball bleiben, ehrenamtlich und für die Fans. Wer in Gelsenkirchen mit den Menschen ins Gespräch kommen will, kommt nicht am Fußball und am FC Schalke 04 vorbei. Dohm, den sie hier nur Jochen rufen, hat diese Faustregel früh beherzigt. So wuchs er im Laufe seiner 35 Dienstjahre immer mehr in die Vereinsarbeit hinein.
"Es war wie ein Staubsauger", erinnert er sich.

Als Behinderten-Beauftragter des Fußballclubs kümmert er sich weiter um die Fans mit Handicaps. Er organisiert den Transport von Gehbehinderten, koordiniert den Einsatz der Blinden-Reporter und verteilt - möglichst gerecht - die begehrten Eintrittskarten für Behinderte. Auch die ökumenische Kapelle in den Katakomben des Stadions ist mit seinem Namen verbunden. Dohm setzte sich früh dafür ein, dass sie in die Baupläne aufgenommen wurde. Bei ihrer Eröffnung im Sommer 2001 war die Multifunktionsarena die einzige in Deutschland mit eigenem Andachtsraum.

"Taufen kann ich am besten"
Dohm und sein katholischer Amtskollege achteten von Anfang an streng darauf, dass die Kapelle nicht zur "magischen Zauberbude" umfunktioniert wird. Sie solle ein Stück Kirche in einer besonderen Umgebung bleiben, sagt er. Regelmäßig werden in der kleinen, schlichten Kapelle Trauungen, Taufen und Gottesdienste gefeiert. Allein 600 Kinder wurden hier bisher getauft, sagt Dohm nicht ohne Stolz. "Taufen kann ich am besten", schickt er noch hinterher, flankiert von einem ansteckenden Lachen.

Auf Schalke schätzt man seine zupackende Art. "Die Walze Gottes" wird er schon mal genannt. Doch Dohm ist kein Einzelkämpfer. Mit dem Vorsitzenden Josef Schnusenberg, "ein praktizierender Katholik", schob er in königsblauer Ökumene schon manches Projekt an. "Jochen Dohm hat der sozialen Arbeit, die Schalke seit vielen Jahren leistet, ein Gesicht gegeben", würdigt denn auch Schnusenberg das Engagement des Schalke-Pfarrers.

Als Vorsitzender des Ehrenrates habe er sich in außergewöhnlichem Maß um die Belange der Benachteiligten in der Gesellschaft und im Verein gekümmert. Schnusenberg erinnert auch daran, dass Dohm den Angehörigen von Schalke-Fans, die durch Unglücksfälle ums Leben kamen, seelsorglich betreut habe. Dohm verkörpere durch seinen nimmermüden Einsatz für die sozialen Belange des FC Schalke 04, dass der Club mehr sei als ein Fußballverein, ergänzt Vorstandsmitglied Peter Peters.
Ein anderer Verein am Anfang
Dabei stand am Anfang seines Lebenslaufs ein ganz anderer Verein im Mittelpunkt. In Korbach geboren, zog es seine Familie Anfang der 50-er Jahre zurück nach Wattenscheid, wo die SG 09 im westfälischen Fußball mitmischte. Über den CVJM fand er zur kirchlichen Jugendarbeit und später zum Theologiestudium. Nach der Ausbildung erhielt er einen Anruf des damaligen Gelsenkirchener Superintendenten, der für seinen Kirchenkreis dringend einen Pfarrer suchte. Dohm sagte zu und erhielt seine erste Gemeinde. Es sollte seine einzige bleiben - bis zu seiner Pensionierung am Sonntag.

"Jochen Dohms Liebe galt immer der Gemeinde", sagt denn auch der heutige Superintendent Rüdiger Höcker. "Für ihn sind verkündeter Glaube und gelebte Liebe untrennbar aufeinander angewiesen." Dohm selbst bekennt im Rückblick: "Die Gemeinde war immer mein Standbein, dort bin verwurzelt." Alles andere sei sein Spielbein. "Auch Schalke ersetzt nicht den Heiligen Geist", wird Dohm ernst und blickt noch einmal zum Himmel.

Einen Tag später regnet es noch immer, aber der Regen hat dem Pokalspiel nicht geschadet. Die Knappen sind mit einem Sieg in die nächste Pokalrunde eingezogen. Sollte das Schicksal dem Verein ein weiteres Heimspiel zulosen, wird Gottesmann Dohm wieder in der Schalke-Arena sitzen, mitfiebern und nach seinen Schützlingen schauen  doch diesmal als Pensionär.