Sacharow-Preis für Jesidinnen

"Stimme der Stimmlosen"

Nadia Murad und Lamija Adschi Baschar
Für ihren Kampf gegen die Terrormiliz IS hat das Europaparlament die Jesidinnen Nadia Murad und Lamija Adschi Baschar mit dem Sacharow-Preis ausgezeichnet.

Nadia Murad (l.) und Lamija Adschi Baschar  / © Franziska Kraufmann (dpa)
Nadia Murad (l.) und Lamija Adschi Baschar / © Franziska Kraufmann ( dpa )

Sie waren versklavt, misshandelt und vergewaltigt worden.

Die beiden Frauen kämpfen dafür, dass die Gräueltaten des IS im Nahen Osten als Völkermord gewertet werden."Ich bitte Sie, uns zu versprechen, dass (...) Sie so etwas nie wieder zulassen werden", sagte Baschar bei der Verleihung am Dienstag in Straßburg. "Diese Kriminellen müssen strafrechtlich verfolgt werden."

Konkret forderten Nadia Murad (23) und Lamija Adschi Baschar (19) eine Schutzzone für Jesiden im Norden des Irak. Nur auf diese Weise könnten Tausende Jesiden, die derzeit noch im Nahen Osten lebten, geschützt werden, sagte Murad. Sie verurteilte die systematische Entführung und Versklavung von Kindern und Frauen.

Preis stellvertretend für alle Opfer von Terroristen

"Wir blicken auf Europa als Symbol für die Menschlichkeit", sagte sie. "Mein Herz ist froh, dass sie sich auf unsere Seite gestellt haben", sagte Murad zu den EU-Abgeordneten. Adschi Baschar betonte in ihrer Rede, dass der Preis jedem Opfer des IS gewidmet sei. "Jeder Mensch, der Opfer von Terroristen wurde, verdient diesen Preis", sagte sie.

Die Jesidin erzählte erneut, wie sie vergewaltigt wurde und schließlich fliehen konnte. Bei der Flucht starb ihre Freundin. "Die Todesschreie waren das Schlimmste, was ich je gehört habe", sagte sie. Sie habe für sich entschieden, die "Stimme der Stimmlosen zu werden" und auf das Schicksal der Jesidinnen aufmerksam zu machen.

Schulz: "Internationale Gemeinschaft darf nicht tatenlos zusehen"

Der scheidende Parlamentspräsident Martin Schulz lobte den Mut der beiden Frauen aus dem Irak. Sie seien Heldinnen, die unbeschreibliche Gräueltaten erlitten hätten, sagte Schulz während der Verleihung. Er sei mit Stolz erfüllt, zwischen diesen beiden Preisträgerinnen zu sitzen, die trotz ihrer Erlebnisse nicht aufgegeben hätten zu kämpfen.

Schulz appellierte an die internationale Gemeinschaft, nicht "tatenlos zuzusehen". Es dürfe keine Straflosigkeit für Verbrechen gegen die Menschlichkeit geben. Die Täter müssten vor dem internationalen Strafgerichtshof zur Verantwortung gezogen werden.

Appell für Freilassung des Bloggers Badawi

Murad wurde für ihr Engagement bereits mit dem Vaclav-Havel-Preis des Europarats geehrt. Seit September ist sie UN-Sonderbotschafterin im Kampf gegen den Menschenhandel.

Finalisten des diesjährigen Sacharow-Preises waren zudem der türkische Journalist Can Dündar sowie der Vertreter der Krimtataren, Mustafa Dschemilew.

Im vergangenen Jahr erhielt Raif Badawi, Blogger aus Saudi-Arabien, die Auszeichnung. Der EU-Parlamentspräsident appellierte bei der Verleihung in diesem Jahr abermals an den saudischen König Salman, Badawi freizulassen.

 

Quelle:
dpa , KNA