Russland will Krim bald aufnehmen

Nach dem Referendum

Nach dem international kritisierten Referendum leiten Moskau und die Krim Schritte zum schnellen Beitritt der Halbinsel zu Russland ein. Der Westen sieht das Völkerrecht gebrochen und droht mit Sanktionen.

Wird die Krim russisch? (dpa)
Wird die Krim russisch? / ( dpa )

Nach dem umstrittenen Referendum auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim über eine Abspaltung von der Ukraine will Russland die Republik rasch in die Föderation aufnehmen. Die Staatsduma in Moskau schaffe dafür jetzt die rechtlichen Voraussetzungen, sagte Vizeparlamentschef Sergej Newerow am Montag der Agentur Interfax. "Die Menschen haben für die Wiedervereinigung mit einem Volk gestimmt, mit dem sie immer gelebt haben", sagte er.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bezeichnete das Referendum als ungesetzlich und rief Russland zum Dialog mit der Ukraine auf. "Es ist gemäß der ukrainischen Verfassung und gemäß internationalem Recht illegal", sagte Ashton unmittelbar vor einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel. Die Minister wollen über Sanktionen gegen Russland beraten. Geplant sind Einreiseverbote und Kontensperrungen. Ashton sagte, die EU wolle "das stärkstmögliche Signal" an Moskau senden.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte die sofortige Entsendung einer Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in die Ukraine. Diese solle mit Schwerpunkt Ost- und Südukraine tätig werden, "um genau zu beobachten, ob Russland jenseits der Krim weiterhin aktiv ist und die Ukraine destabilisiert". Es sei wichtig, "eine weitere Eskalation, die zur Spaltung Europas führen könnte", zu verhindern.

Nach dem Volksentscheid über eine Abspaltung von der Ukraine rief die Schwarzmeerhalbinsel offiziell ihre Unabhängigkeit aus. Im Parlament der Krim-Hauptstadt Simferopol stimmten 85 Abgeordnete für die Eigenständigkeit der Autonomen Republik als Staat. Die moskautreue Krim-Führung verabschiedete zugleich einen Antrag auf Aufnahme in die Russische Föderation sowie die Anpassung der Uhrzeit an die Moskauer Zeitzone. Dazu werden am 30. März die Zeiger auf der Halbinsel um zwei Stunden vorgestellt.

Eine Delegation der Krim wollte noch am Montag zu einer Sondierungsreise nach Moskau fliegen. Dabei sollte auch über einen Zeitplan zur Einführung der russischen Währung Rubel verhandelt werden. Der russische Vize-Regierungschef Dmitri Rogosin sprach sich für eine schnelle Aufnahme der Halbinsel aus. "Die Hoffnungen der Krim-Bevölkerung sollten nicht enttäuscht werden", sagte Rogosin.

Weder die Ex-Sowjetrepublik Ukraine - zu der die Halbinsel völkerrechtlich gehört - noch der Westen erkennen das Ergebnis an. Die EU und die USA verurteilten den Volksentscheid als eklatanten Bruch des Völkerrechts. Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow bezeichnete das Referendum als "große Farce". Das Parlament in Kiew stimmte einem Antrag auf Teilmobilmachung der Streitkräfte mit 275 Stimmen bei 308 anwesenden Abgeordneten zu.

Bei der international kritisierten Befragung votierten nach Angaben der Wahlkommission 96,6 Prozent für einen Anschluss an Russland. Das sei das Ergebnis nach Auszählung aller Stimmzettel mit Ausnahme der Großstadt Sewastopol, wie die Wahlkommission in Simferopol mitteilte. Das vorläufige amtliche Endergebnis werde bei Vorliegen der Daten aus Sewastopol - wo die russische Schwarzmeerflotte ihren Sitz hat - bekanntgegeben, sagte Wahlleiter Michail Malyschew.

In einem Telefonat mit US-Präsident Barack Obama verwies der russische Präsident Wladimir Putin auf das freie Recht der Menschen zur Selbstbestimmung. Hingegen bekräftigte Obama, die Abstimmung habe unter Druck einer russischen Militärintervention stattgefunden. Er signalisierte weitere Sanktionsschritte in Zusammenarbeit mit der EU. Bei dem Telefonat sei auch eine mögliche OSZE-Beobachtermission erörtert worden, hieß es aus dem Kreml. Demnach regte Putin an, diese Mission auf alle Regionen der Ukraine zu erstrecken.

China wollte sich nicht zur Rechtmäßigkeit der Volksabstimmung äußern. Vizeaußenminister Li Baodong wich in Peking auf einer Pressekonferenz zum bevorstehenden Besuch von Staats- und Parteichef Xi Jinping in Europa zweimal der Frage aus, ob China die Legalität des Referendums und sein Ergebnis anerkenne. "Wir hoffen, dass alle Seiten einen kühlen Kopf bewahren und eine politische Lösung suchen", sagte Li Baodong auch auf Nachfrage lediglich. Eine weitere Eskalation müsse vermieden werden. "Dialog ist der einzige Ausweg."

Nach Darstellung ukrainischer Medien wurde die Abstimmung durch Russland manipuliert. Es seien viele russische Staatsbürger, die nicht in den Wählerlisten stünden, eingeflogen worden, um an dem Referendum teilzunehmen. Dies ließ sich nicht überprüfen.


Quelle:
dpa