Ruhestandspfarrer berichtet von Zusammenleben mit ehemaligen Kollegen

Ein Seniorenheim für Priester

Wie leben Pfarrer, nachdem sie in den Ruhestand gegangen sind? Pfarrer Heribert Stiegler war schon früh mit dieser Frage konfrontiert. Er hat eine Lösung für sich gefunden: Das Haus Simeon, ein Seniorenheim nur für Priester.

Autor/in:
Heike Sicconi
Hinweisschild im Seniorenheim / © Harald Oppitz (KNA)
Hinweisschild im Seniorenheim / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Wann haben Sie in Ihrer aktiven Zeit angefangen, darüber nachzudenken, wie Sie im Alter einmal leben wollen?

Heribert Stiegler (Pfarrer im Ruhestand): Ich war immer wieder während meines aktiven Dienstes damit konfrontiert. Ich kam in Kontakt mit Brüdern, die älter waren und sich mit dieser Frage beschäftigt haben. Ich habe schon verfolgt, welche Lösung der ein oder andere für sich gefunden hat. 

Für mich selbst war es so, dass ich mich ab dem 65. Lebensjahr ernsthafter mit der Frage beschäftigt habe. Ich habe es auch in mein Gebet genommen und einfach Ausschau gehalten, was für mich in Frage kommt.

DOMRADIO.DE: Welche Alternativen wären für Sie in Frage gekommen?

Stiegler: Ich hätte in meine Heimat zurückgehen können, das ist Lindau am Bodensee. Oder auch an eine frühere Wirkungsstätte, an der ich gearbeitet habe. Ich selbst wollte aber im Allgäu bleiben, weil ich schon von Jugend an mit den Bergen verbunden war und immer noch bin. 

Ich gehe gerne in die Berge, ich gehe gerne wandern. Wir haben viele Sonnentage. Ich war die letzten Jahre im Allgäu tätig. Ich selbst habe auch noch Wurzeln im Allgäu, sodass es für mich auch zur Heimat geworden ist.

Heribert Stiegler

 "Es war in meiner Vorstellung, dort hinzugehen, wo eine Klostergemeinschaft einen Priester für die tägliche Zelebration braucht".

DOMRADIO.DE: Sie gehen wandern und scheinen fit zu sein. Sie hätten sich auch eine normale Wohnung mieten können. Warum haben Sie sich dazu entschlossen, in eine Senioreneinrichtung zu ziehen und dann eine, in der nur Priester leben?

Stiegler: Es war in meiner Vorstellung, dort hinzugehen, wo eine Klostergemeinschaft einen Priester für die tägliche Zelebration braucht. Das hatte ich mir schon überlegt, da hat sich aber für mich nichts Passendes ergeben. Ich war offen für eine solche Lösung. 

Dann war noch die Überlegung, mir eine Wohnung zu kaufen. Das habe ich aber letztlich verworfen, weil ich eigentlich nicht so gebunden sein wollte an einen Besitz.

DOMRADIO.DE: Mit wie vielen Pfarrern oder ehemaligen Priestern leben Sie jetzt zusammen im Haus Simeon?

Stiegler: Wir sind zu viert. Die anderen sind aber auch älter. Wandern kann von denen niemand mehr, aber andere Dinge sind möglich, die man zusammen macht.

Heribert Stiegler

"Das war übrigens auch ein Punkt, der für mich wichtig war, hier einzuziehen. Dass ich die Möglichkeit habe, jeden Tag zu zelebrieren, ohne dass ich irgendjemanden um Erlaubnis bitten muss".

DOMRADIO.DE: Wie erleben Sie das Zusammenleben mit ehemaligen Kollegen im Alltag? Verändert das die Gespräche, gemeinsame Gottesdienste oder die allgemeine Stimmung?

Stiegler: Ich bin am 1. Oktober eingezogen und habe dann am 2. Oktober um acht Uhr die Heilige Messe gefeiert und habe mir vorgenommen, das jeden Tag zu tun. Außer sonntags, da gehe ich in eine Gemeinde. 

Zwei können selbst nicht mehr den Hauptzelebranten machen. Der eine konzelebriert immer, das ist ihm lieber und mit dem anderen tausche ich mich aus. Wir sprechen uns ab, wer es übernimmt. Das war übrigens auch ein Punkt, der für mich wichtig war, hier einzuziehen. Dass ich die Möglichkeit habe, jeden Tag zu zelebrieren, ohne dass ich irgendjemanden um Erlaubnis bitten muss. 

Es gibt einen Altar und das ist auch ein Stück Heimat. Es ist eine sehr schöne Kapelle, da kann man auch andere Gebetszeiten halten. Das war für mich auch ein ganz entscheidender Grund, hier einzuziehen, neben den schon genannten.

Heribert Stiegler

"Darum ist es schon sehr sinnvoll, sich auch damit zu beschäftigen, dass man loslassen muss".

DOMRADIO.DE: Was würden Sie Kollegen raten: Wann sollten die anfangen, sich mit dem Ruhestand zu beschäftigen?

Stiegler: Ab 65 Jahren, das würde ich raten. Ich habe es auch erlebt, dass sich Priester dem verweigert haben. Es ist traurig, zu sehen, wie belastend das für diese Priester wurde, aber letztlich auch für die Gemeinde. Aber auch für den Priester, der danach folgte und der seine Aufgaben zu übernehmen hatte. Darum ist es schon sehr sinnvoll, sich auch damit zu beschäftigen, dass man loslassen muss. 

Man muss letztlich nicht nur vom Besitz loslassen. Es geht los bei Büchern, Möbeln und allem Möglichen. Den Wohnraum und Ort muss man loslassen. Man lässt eigentlich auch nach und nach von der Gesundheit los. Man muss schauen, wie man es am besten gestalten kann und auch darauf vertrauen, dass man ein Stück weit geführt wird.

DOMRADIO.DE: Wenn man so viel loslassen muss, ist eine Senioreneinrichtung für Priester dann auch wieder ein Stück Heimat, das man neu findet?

Stiegler: Ja. Das kann ich nur bestätigen.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Quelle:
DR

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