Rheinische Kirche beklagt zunehmende Abschottung der EU

"So werden europäische Staaten zu Tätern"

Die Evangelische Kirche im Rheinland stellt weiterhin "gravierende Menschenrechtsverletzungen an Europas Außengrenzen" fest. Die EU bleibe regelmäßig hinter ihren eigenen Ansprüchen und Willensäußerungen zurück.

Flüchtlingscamp für Geflüchtete aus Afghanistan / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Flüchtlingscamp für Geflüchtete aus Afghanistan / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Illegale Zurückweisungen, sogenannte Pushbacks, Abschiebungen und Brutalität seien mittlerweile an fast jeder EU-Außengrenze dokumentiert, heißt es im 14. Bericht zum Flüchtlingsschutz an den EU-Außengrenzen, mit dem sich die bis Freitag in Düsseldorf tagende rheinische Landessynode befasst.  Die Abschottung gegen Menschen, die Schutz suchen, nehme zu.

Im Dezember 2023 hatte sich die EU auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) geeinigt. Ein zentrales Element sind sogenannte Grenzverfahren, bei denen Asylbewerber mit geringen Bleibechancen in Zentren direkt an der Außengrenze Schnellverfahren zur Asylvorprüfung durchlaufen. Der Bericht zum Flüchtlingsschutz gibt den Stand zum 30. September 2023 wieder.

Europäische Staaten werden zu Tätern

Nur noch wenige Staaten stünden für eine menschenrechtsorientierte Politik, schreiben die Autorinnen und Autoren. "So werden europäische Staaten zu Tätern, die Grenzen statt Schutz- zum Bedrohungsraum, und europäische Werte zur Floskel statt gelebter Realität." 

Vielfach regiere die Sorge vor rechtem Stimmenaufwuchs. Die Europawahl und weitere Wahlen in EU-Mitgliedsstaaten gäben wenig Anlass zur Hoffnung. «Die rassistischen und auf Abschottung setzenden Stimmen haben zudem ausreichend finanzielle Mittel, um Debatten maßgeblich zu beeinflussen», heißt es im Bericht.

Oft "inhumane Bedingungen" für Geflüchtete

Kirchengemeinden im Rheinland gewährten derzeit besonders häufig Kirchenasyl für Menschen, denen eine Abschiebung nach Rumänien, Bulgarien, Litauen oder Kroatien drohe, schreiben die Autorinnen und Autoren. Oft herrschten in diesen Ländern "inhumane Bedingungen" für Geflüchtete.

Mit Blick auf Deutschland sei die Belastungsgrenze von vielen Bundesländern und Kommunen erreicht. "Die von Kirchen und anderen Organisationen seit 2015 geforderte Migrationspolitik mit Weitsicht, sich für neue erwartbare Flüchtlingsbewegungen zu wappnen, wurde nicht befolgt", kritisieren die Autorinnen und Autoren. 

Probleme würden Zugewanderten angelastet

"Vielmehr wurden Kapazitäten heruntergefahren und strukturelle Probleme und Herausforderungen wie ein Investitionsstau bei Wohnraum, Schulen, Kindertagesstätten und Ausländerbehörden nicht gelöst." Die Probleme würden den Zugewanderten angelastet.

Es brauche eine bessere Verteilung und eine stärkere finanzielle Unterstützung der Kommunen bei der Flüchtlingsaufnahme, fordern die Autoren des Berichts. "Angesichts einer zunehmend von Demokratiefeinden bedrohten Gesellschaft sind aber auch neue Antworten auf die Herausforderungen der Aufnahme von Geflüchteten zu entwickeln, die christlichen, humanitären und menschenrechtlichen Standards genügen." Hier seien auch die Kirchen gefordert. 

Evangelische Kirche im Rheinland

Die Evangelische Kirche im Rheinland ist mit rund 2,34 Millionen Protestanten die zweitgrößte der 20 evangelischen Landeskirchen in Deutschland. Sie erstreckt sich zwischen Niederrhein und Saar über das Gebiet der ehemaligen preußischen Kirchenprovinz Rheinland. Die 643 Gemeinden, die in 37 Kirchenkreisen zusammengeschlossen sind, liegen in den vier Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Hessen. Präses und damit oberster Repräsentant ist seit März 2021 der 51-jährige Theologe Thorsten Latzel. 

Symbolbild: Ein Holzkreuz / © enterlinedesign (shutterstock)
Symbolbild: Ein Holzkreuz / © enterlinedesign ( shutterstock )
Quelle:
epd