Restaurierung von Notre-Dame-Fenster in Köln schreitet voran

"Große Schutzvorkehrungen für Bearbeiter"

Vier Fenster der Pariser Kathedrale Notre-Dame werden in der Dombauhütte in Köln von Katrin Wittstadt restauriert. Wie läuft sowas ab? Und wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den Franzosen? Ein Blick hinter die Kulissen.

Mit einem Pinsel wird eine Buntglasscheibe aus der Kathedrale Notre-Dame in Paris gereinigt / © Harald Oppitz (KNA)
Mit einem Pinsel wird eine Buntglasscheibe aus der Kathedrale Notre-Dame in Paris gereinigt / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was ist auf den Fenstern zu sehen?

Dr. Katrin Wittstadt (Wissenschaftliche Leiterin der Glasrestaurierungswerkstatt der Kölner Dombauhütte): Das sind rein ornamental gestaltete Fenster, die sehen aus wie kleine farbige Mosaiken. Man sieht keine Figuren darauf, sondern sie leben von dem Farbspiel: vor allem weiß, rot und blau.

DOMRADIO.DE: Was ist bei dem Brand passiert? Was müssen Sie genau restaurieren?

Wittstadt: Zum Glück haben die Glasmalereien gar nicht so viel von dem Brand gesehen, denn die Hitzeentwicklung ging vor allem nach oben. Auch Löschwasser hat sie nicht wirklich beschädigt. Sie haben allerdings ganz viel Bleistaub abbekommen von dem brennenden Bleidach.

Restauratorin Élodie Schneider (l.) und Katrin Wittstadt restaurieren Buntglasscheiben aus der Kathedrale Notre-Dame in Paris / © Harald Oppitz (KNA)
Restauratorin Élodie Schneider (l.) und Katrin Wittstadt restaurieren Buntglasscheiben aus der Kathedrale Notre-Dame in Paris / © Harald Oppitz ( KNA )

Den mussten wir erst mal ganz vorsichtig abnehmen unter Einhaltung von großen Sicherheitsvorkehrungen. Das ist was Untypisches, was wir normalerweise nicht machen. Ansonsten sind die Glasmalereien eigentlich in einem recht guten Zustand und wären auch noch längst nicht an der Reihe gewesen für eine Restaurierung.

Aber da sie nun mal ausgebaut werden mussten, und zwar für die Stabilisierung der Kathedrale, hat man sich jetzt für diese Generalüberholung entschieden.

DOMRADIO.DE: Wie entfernt man diesen Bleistaub?

Wittstadt: Das Blei lag nur ganz locker obenauf. Das heißt, es war auch ganz leicht zu entfernen, mit einem Pinsel und mit einem Staubsauger. Aber eben unter ganz schweren Schutzvorkehrungen für den Bearbeiter und die Bearbeiterin.

DOMRADIO.DE: Die Kathedrale in Paris soll ja historisch originalgetreu rekonstruiert werden. Das ist nicht nur eine Mammutaufgabe, die es in der Größenordnung noch nicht gab. Es gibt auch kaum Pläne über die Entstehung der Kathedrale. Bei den Fenstern ist das aber kein Problem.

Wittstadt: Das stimmt. Die Glasmalereien sprechen für sich. Das ist eine alte Technik, die wir auch heute noch kennen und nutzen. Von daher ist die Methode, mit der wir jetzt arbeiten, die Konservierung und die Restaurierung nichts, was uns überrascht oder was uns besonders herausfordert. Es sind einfach viele kleine Schritte, die wir tun müssen.

Dr. Katrin Wittstadt

Da arbeitet man sich Zentimeter für Zentimeter vor. Und dann leuchten die Glasmalereien auch wieder sehr, weil der ganze Ruß ab ist.

Das Dekontaminieren ist etwas besonderes, danach werden die Oberflächen mit einem Ethanol-Wasser-Gemisch und Wattestäbchen gereinigt. Da arbeitet man sich Zentimeter für Zentimeter vor. Und dann leuchten die Glasmalereien auch wieder sehr, weil der ganze Ruß ab ist.

Und zwar ist das nicht der Ruß vom Brand allein, sondern der übliche Ruß einer Kathedrale, durch Kerzen und Weihrauch zum Beispiel. Wir haben einige Glassprünge, die wir kleben. Einiges an dem umfassenden Bleirahmen wird ersetzt, weil auch da Brüche sind. Die Arbeitsschritte dokumentieren wir und dann sind die Glasmalereien eigentlich wieder fit für Paris.

DOMRADIO.DE: Das klingt, als ob die Fenster 2024 fertig sein werden, wenn die Kathedrale wieder in neuem Glanz erstrahlen soll.

Wittstadt: Die Glasmalerei, die wir in unserer Obhut haben, auf jeden Fall.

DOMRADIO.DE: Ist der Transport nach Paris auch so einfach wie die Restaurierung der Fenster?

Brandschäden an Notre-Dame (17.4.2019) / © Gigarama.Ru (dpa)
Brandschäden an Notre-Dame (17.4.2019) / © Gigarama.Ru ( dpa )

Wittstadt: Dafür gibt es zum Glück Profis. Kunstspeditionen werden damit beauftragt unsere Glasmalerei zurück zu transportieren. Und es wurden schon beim Ausbau der Fenster aus der Kathedrale damals ganz tolle Transportkisten hergestellt, die wir auch jetzt noch nutzen, sodass die Glasmalereien in einem sicheren Zustand nach Paris zurückkommen.

DOMRADIO.DE: Ihre Arbeit wird hier auch als Symbol deutsch-französischer Zusammenarbeit gesehen. Sind Sie stolz, dass Sie an der Rettung des Welterbes etwas beitragen können, oder ist man das gewöhnt, wenn man am Kölner Dom arbeitet?

Wittstadt: Es ist schon noch was Besonderes, was da mitschwingt an deutsch-französischer Zusammenarbeit, auch direkt auf der Baustelle. Die Kommunikation mit der Bauleitung in Frankreich ist sehr intensiv, ausschließlich auf Französisch.

Und wir bringen unsere deutsche Arbeitsweise mit und die Franzosen ihre eigene. An manchen Stellen gibt es da Reibungen, an anderen funktionieren die Absprachen ganz wunderbar. Also wir merken schon, dass wir zwei Nationen sind, die aber einander wohl gewogen sind.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Hintergrund

Die frühgotische Pariser Bischofskirche Notre-Dame ist ein Wahrzeichen von Paris. Vielen gilt sie als Inbegriff von Frankreichs Kathedralen. Die der Gottesmutter Maria geweihte Kirche liegt exponiert auf der Seine-Insel Ile de la Cite im historischen Zentrum und wurde vor dem Großbrand von 2019 jährlich von rund 12 bis 14 Millionen Menschen besucht.

Ansicht der Südseite der Kathedrale Notre-Dame de Paris - Unsere liebe Frau von Paris aus dem Jahr 2009.  / © Harald Oppitz (KNA)
Ansicht der Südseite der Kathedrale Notre-Dame de Paris - Unsere liebe Frau von Paris aus dem Jahr 2009. / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR