Religionsvertreter lehnen Seehofer-Äußerungen zu Islam ab

"Realität anerkennen"

Die umstrittene Äußerung von Bundesinnenminister Horst Seehofer zum Islam in Deutschland ist bei Religionsvertretern weitgehend auf Ablehnung gestoßen. Die Vertreter der beiden großen Kirchen zeigten sich zurückhaltend.

Frauen mit Kopftuch / © Harald Oppitz (KNA)
Frauen mit Kopftuch / © Harald Oppitz ( KNA )

Über die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, sei in den zurückliegenden Jahren ausführlich diskutiert worden, erklärte der Sprecher der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp. "Letztlich hat sich die Debatte als nicht zielführend erwiesen. Wir werden uns deshalb nicht an einer Neuauflage beteiligen." Kopp ergänzte: "Die Einberufung der Islamkonferenz - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - begrüßen wir."

Die Evangelische Kirche in Deutschland verwies auf frühere Äußerungen des Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm. Er hatte etwa Ende 2017 gesagt: "Ein Islam, der sich im Einklang mit den Menschenrechten weiß, gehört zu Deutschland, aber ein fundamentalistischer nicht."

Zentralrat der Muslime enttäuscht

Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime, Aiman Mazyek, sagte: "Vor dem Hintergrund der Moscheebrände und der Zunahme islamfeindlicher Übergriffe hätte ich erwartet, dass der neue Innenminister sich demonstrativ hinter die deutschen Muslime stellt." Auch solle kein "Wahlkampf mit markanten Sprüchen auf dem Rücken der Muslime" geführt werden. Mazyek verwies auf aktuelle Äußerungen von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der Islam gehöre zu Deutschland.

"Den Rechtspopulismus und Extremismus bekämpft man am besten, wenn er als Kampf gegen die Islamfeindlichkeit in unseren Land verstanden wird", so Mazyek. "Derzeit sind muslimische Einrichtungen und Moscheen nicht sicher in unserem Land." Er forderte, dass die Islamkonferenz Islamfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus in den Fokus stellen solle. Auch müssten "konkrete Konzepte" beschlossen werden, um die Sicherheit deutscher Muslime zu gewährleisten.

Der Vorsitzende des Islamrates, Burhan Kesici, erklärte in der "Augsburger Allgemeinen" (Samstag), es wäre besser, "die Realität anzuerkennen und Muslime als Teil der Gesellschaft zu sehen".

Ähnliches forderte auch der muslimische Religionswissenschaftler Abdel-Hakim Ourghi im SWR und ergänzte: "Ich halte den Islam sogar für einen integralen Teil Deutschlands, besonders wenn man an die hier geborenen und sozialisierten Kinder von einst zugewanderten Menschen denkt." Die eigentliche Frage sei: "Welchen Islam wollen wir in Deutschland?"

Zentralrat der Juden blickt in Historie

Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, sagte im SWR: "Will ich's historisch sehen, oder will ich die Situation heute sehen? Fakt ist, dass heute der Islam eine der Religionen ist, die selbstverständlich in Deutschland etabliert ist. Fakt ist auch, dass historisch gesehen der Islam in Deutschland keine Rolle spielt."

Seehofer hatte der "Bild"-Zeitung gesagt, dass hier lebende Muslime zwar "selbstverständlich" zu Deutschland gehören. Aber: "Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt." Er wolle wieder Islamkonferenzen einberufen, um über Probleme bei der Integration zu sprechen.


CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer / © Marc Müller (dpa)
CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer / © Marc Müller ( dpa )

Matthias Kopp / © Harald Oppitz (KNA)
Matthias Kopp / © Harald Oppitz ( KNA )

Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime / © Sophia Kembowski (dpa)
Aiman Mazyek, Vorsitzender des Zentralrats der Muslime / © Sophia Kembowski ( dpa )

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Harald Oppitz (KNA)
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
KNA