Bischofskonferenz sieht Islam-Debatte als nicht zielführend an

Seehofer-Aussage sorgt für Diskussionen

Der neue Innenminister Horst Seehofer hält den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" für falsch. Er sagte der "Bild"-Zeitung, Deutschland sei durch das Christentum geprägt. Die Deutsche Bischofskonferenz reagiert zurückhaltend.

Horst Seehofer / © Sven Hoppe (dpa)
Horst Seehofer / © Sven Hoppe ( dpa )

Über das Thema sei in den zurückliegenden Jahren ausführlich diskutiert worden. "Letztlich hat sich die Debatte als nicht zielführend erwiesen. Wir werden uns deshalb nicht an einer Neuauflage beteiligen", erklärte der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, am Freitag in Bonn. Er ergänzte: "Die Einberufung der Islamkonferenz - wie im Koalitionsvertrag vorgesehen - begrüßen wir."

Seehofer hatte der "Bild"-Zeitung (Freitag) gesagt, dass hier lebende Muslime zwar selbstverständlich zu Deutschland gehören. "Das bedeutet natürlich nicht, dass wir deswegen aus falscher Rücksichtnahme unsere landestypischen Traditionen und Gebräuche aufgeben." Den Satz "Der Islam gehört zu Deutschland" halte er aber für falsch. "Nein. Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt. Dazu gehören der freie Sonntag, kirchliche Feiertage und Rituale wie Ostern, Pfingsten und Weihnachten", so der CSU-Politiker.

Der Satz war 2010 durch den damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff geprägt worden. Er hatte heftige Debatten ausgelöst. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihn sich ausdrücklich zu eigen gemacht - was Seehofer damals zu bewerten abgelehnt hatte. Andere haben Wulffs Satz widersprochen, Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) etwa mit exakt der gleichen Argumentation wie jetzt Seehofer.

"Anker-Zentren"

Der neue Minister kündigte an, erneut Islamkonferenzen einzuberufen, um über Integrationsprobleme von Muslimen zu diskutieren. "Wir müssen uns mit den muslimischen Verbänden an einen Tisch setzen und den Dialog suchen und da wo nötig noch ausbauen", sagte er. Bei den bisherigen Konferenzen beriet der jeweilige Innenminister mit Islamverbänden und Muslimvertretern über Migrationsthemen. Seehofer sagte: "Meine Botschaft lautet: Muslime müssen mit uns leben, nicht neben oder gegen uns. Um das zu erreichen, brauchen wir gegenseitiges Verständnis und Rücksichtnahme. Das erreicht man nur, wenn man miteinander spricht."

Mit Hochdruck will er zudem die Einrichtung zentraler Aufnahmestellen ("Anker-Zentren") vorantreiben, in denen Asylbewerber nach ihrer Ankunft untergebracht werden sollen, bis über Ihren Antrag entschieden ist. «Dieses Gesetzesvorhaben wollen wir noch bis zur Sommerpause angehen. Ein erstes "Anker-Zentrum" soll bis zum Herbst entstehen."

"Ein Staat muss das Recht durchsetzen", so Kauder

Kauder pochte auf die Einführung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Zentren. "Hilfreich wäre es, wenn die Asylbewerber nicht mehr auf die Länder und Kommunen verteilt würden, sondern bis zum Abschluss ihres Verfahrens in bestimmten Einrichtungen verbleiben würden." Aus diesen Zentren könnten sie leichter zurückgebracht werden, wenn sie keine Anerkennung erhalten. "Sie müssen kommen", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Focus". Kauder zeigte sich zuversichtlich, dass die SPD das mitträgt. "Ein Staat muss das Recht durchsetzen, ansonsten verliert er den Respekt seiner Bürger - das wird auch zunehmend in der SPD so gesehen."

Union und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass der Asylbewerber in den "Anker-Zentren" in der Regel nicht länger als eineinhalb Jahre bleiben sollen, Familien ein halbes Jahr. Angestrebt werde, nur jene mit einer positiven Bleibeprognose auf die Kommunen zu verteilen. Dies ist auch eine Forderung der Kommunalverbände.

Regierungssprecher: Für Merkel gehört Islam zu Deutschland

Unterdessen hat Regierungssprecher Steffen Seibert die Haltung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Islam bekräftigt. Für sie gehöre der Islam zu Deutschland, sagte Seibert am Freitag in Berlin.

"Die Verschiedenen Äußerungen der Bundeskanzlerin sind bekannt, sie stehen für sich", so Seibert. Historisch sei Deutschland durch Christentum und Judentum geprägt. Aber inzwischen lebten Millionen Muslime in Deutschland. Auf der Basis der Rechtsordnung gehöre auch der Islam zu Deutschland.

Zugleich betonte Seibert die Bedeutung der Islamkonferenz. Sie solle fortgeführt und wenn nötig ausgebaut werden. Er äußerte "großen Respekt vor den muslimischen Menschen, die sich hier leben". Ziel sei ein harmonisches Verhältnis der unterschiedlichen Glaubensrichtungen, dazu brauche es immer wieder Austausch und gegenseitigen Respekt.

Darin sei sich die Bundesregierung eins und dies könne auch aus dem Interview von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gelesen werden.

Innenamtssprecher Johannes Dimroth, appellierte seinerseits, Seehofers Aussagen in der "Bild"-Zeitung, wonach der Islam nicht zu Deutschland gehöre im Kontext des gesamte Interviews zu verstehen. Es handele sich um eine Meinungsäußerung, die für Seehofer an sich nicht neu sei. Aus ihr folge aber "mitnichten eine Neuordnung der Politik".

Die Islamkonferenz sei "wichtig und zentral". Dimroth sprach von einem "dialogischen Forum", bei dem nicht einseitige Themen vorgeben werden sollten. Für nähere Angaben zur Ausgestaltung sei es aber noch zu früh.

Integrationsbeauftragte distanziert sich von Seehofer-Aussage

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Annette Widmann-Mauz (CDU), distanzierte sich in der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post" (Samstag) von der Aussage Seehofers, dass der Islam nicht zu Deutschland gehöre. "Solche Sätze bringen uns nicht weiter. Sie liefern keinen Beitrag zur Lösung der Herausforderungen, vor denen wir stehen", sagte sie der Zeitung.

Ihr gehe es darum, dass man sich konkret mit der Lebenssituation der Menschen im Land beschäftige und den Zusammenhalt stärke. "Wir brauchen eine sachliche Debatte darüber, nach welchen Regeln und welchem Werteverständnis wir in Deutschland zusammenleben wollen. Die Religionsfreiheit ist ein hart erkämpftes und hohes Gut unseres Grundgesetzes, das es zu schützen gilt", sagte sie dem Blatt.


Matthias Kopp / © Harald Oppitz (KNA)
Matthias Kopp / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
dpa , KNA , epd