Rekordablösesumme sorgt für Diskussionen

"Unberührbar und abgehoben"

Bei seiner Vorstellung beim Pariser Club Saint-Germain sagte Fußballprofi Neymar: "Ich möchte hier Geschichte schreiben." Das hat der Brasilianer aber schon: Sein Transfer kostete 222 Millionen Euro. Sportbischof Peters äußert sich kritisch.

Autor/in:
Dana Kim Hansen
 (DR)

Bald ist es geschafft. Dann wird in den deutschen Stadien wieder der Fußballgott angerufen und Bittgebete gen Himmel geschickt.

Der Start in die 55. Bundesligasaison steht unmittelbar bevor. Doch auch in der Sommerpause sorgt der Fußball für Schlagzeilen - vor allem mit dem Ringen der Clubs um die besten Spieler. Aufsehen erregte insbesondere der Wechsel von Fußballstar Neymar vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain. 222 Millionen Euro war der 25-jährige Brasilianer den Parisern und dessen katarischen Investor wert. So teuer war bislang noch kein Spieler.

Große Summen für Profi-Spieler

Das heizt die Diskussionen rund um die Geschäfte im Profifußball einmal mehr an. "Der Gott des Geldes wird immer größer und irgendwann verschlingt er alles", warnte beispielsweise Christian Streich, Trainer des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg.

Im vergangenen Jahr erst hatte Manchester United den Franzosen Paul Pogba von Juventus Turin für 105 Millionen verpflichtet. Den bisher höchsten Transfer in der Bundesliga verzeichnete der VfL Wolfsburg, als er 2015 seinen Spieler Kevin De Bruyne für 75 Millionen Euro Ablöse an Manchester City verkaufte.

Viel Geld in kurzer Zeit

Profisportlern stehe eine begrenzte Lebensspanne zur Verfügung, in der sie mit dem, was sie am besten können - ihrem Sport -, Geld verdienen können, sagte der Sportbischof der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Jörg Michael Peters, der Katholischen Nachrichten-Agentur. "Deshalb ist es menschlich erst einmal verständlich, dass jeder das mitnimmt, was er haben kann", so der Trierer Weihbischof weiter. Vermutlich würden nur wenige "nein" sagen, wenn sie die Chance hätten, solche Summen zu verdienen.

Zumindest die spanische Liga hatte den Wechsel zunächst blockiert. Sie überwies das Geld aus Paris kurzerhand zurück. Doch am Donnerstag verkündete Paris, Neymar habe einen Fünfjahresvertrag unterschrieben.

Auch Barcelona bestätigte den Wechsel. Ob bei dem Transfer alles mit rechten Dingen zugegangen ist, muss jetzt der europäische Fußballverband Uefa prüfen.

Geschäft oder Sport

"Ich stelle mir die Frage, ob es wirklich noch um den sportlichen oder nur noch um den wirtschaftlichen Zugewinn geht", so der Sportbischof. Die Zeit der "Fußballromantik" sei vorbei. In vielen europäischen Ligen seien die finanzstarken Vereine die transferfreudigen. "Da dominiert oft die geschäftliche die sportliche Seite", sagte Peters.

Der Osnabrücker Sportphilosoph Elk Franke bezeichnete den Transfer als Beispiel für einen "Tanz um das Goldene Kalb" des Fußballs. Hier werde über einen Mensch mit seinen körperlichen Fähigkeiten in einer Weise verhandelt, wie man es in der Größenordnung sonst nur von Hedgefonds kenne, sagte er im ZDF-Morgenmagazin. Auf dem Weg in eine "Showbusiness-Eventkultur" gehe die Vorbildfunktion des Sportes verloren, so der Wissenschaftler.

Sport wird "unberührbar und abgehoben"

Auch Sportbischof Peters befürchtet eine negative Entwicklung. "Ganz viele Spitzensportler aus den verschiedensten Bereichen setzen sich sehr rührig und auch finanzstark für bessere Chancen im Bereich der Bildung oder der sportlichen Ausbildung für Kinder ein." Doch führe eine Kluft zwischen absoluten Spitzenverdienern und den "Ottonormal-Verdienern" dazu, dass der Sport unberührbar und abgehoben werde. "Und ich meine, der Sport wie die Menschen, die ihn betreiben, müssen für uns alle berührbar bleiben".

Auch mit Blick auf andere Bereiche werfe der Megadeal Fragen auf. "Wie wirken solche Summen auf Menschen, die malochen müssen, um sich und ihre Familie zu ernähren - für die manchmal ein Job nicht ausreicht?", fragt Peters. Bei einem Bruttodurchschnittseinkommen von 37.000 Euro im Jahr müsste man 6.000 Jahre arbeiten, um 222 Millionen Euro zu verdienen, oder man könnte 34.000 Jahre in einer Wohnung mit einer Durchschnittskaltmiete von 532 Euro wohnen.

Tore durch Geld

Ob Neymar den Parisern am Ende helfen kann, ihr sportliches Ziel - den Gewinn der Champions League - zu erreichen, wird sich zeigen.

Eine wissenschaftliche Studie des Internationalen Zentrums für Sportstudien (CIES) aus der Schweiz bescheinigte jedenfalls im Mai, dass investitionsfreudige Clubs mehr Tore erzielen und dadurch häufiger gewinnen. Geld schießt offenbar doch Tore.


Weihbischof Jörg Michael Peters / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Weihbischof Jörg Michael Peters / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA