Reise nach Nahost-Quartett - erneute Kämpfe in Gaza-Streifen

Merkel will Chance für Friedensprozess ausloten

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will auf ihrer am Samstag begonnenen viertägigen Nahost-Reise die Chancen zur Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts ausloten. Andere Konflikte ließen sich nur lösen, wenn man gerade "in diesem zentralen Nahost-Konflikt" ein Stück vorankomme. - Im Gaza-Streifen ist unterdessen in der Nacht auch der zweite Waffenstillstand innerhalb einer Woche von Kämpfern der Hamas und Fatah ignoriert worden. - Die Katholische Kirche fürchtet eine weitere Eskalation

 (DR)

Seit Donnerstag 25 Tote
Die Waffenruhe war am Freitagabend von Unterhändlern der beiden verfeindeten palästinensischen Organisationen vereinbart und nach deren Angaben von Hamas-Führer Chalid Maschaal und Präsident Machmud Abbas gutgeheißen worden.

In der Nacht kam es dennoch zu Schießereien zwischen den verfeindeten Milizen, mindestens sechs Menschen wurden verletzt.

Die Vereinten Nationen teilten mit, die Schulen für rund 200.000 Schüler blieben wegen der Kämpfe weiterhin geschlossen. Sie hätten eigentlich heute nach einer halbjährigen Schließung wieder öffnen sollen. Bei neuen Kämpfen waren im Gaza-Streifen seit Donnerstag mindestens 25 Palästinenser getötet worden.

Merkel: "Das Zeitfenster scheint günstig"
Kanzlerin Merkel betonte kurz vor ihrer Abreise im jüngsten Video Podcast Ihr Interesse daran, dass der israelisch-palästinensische Konflikt im Sinne einer Zwei-Staaten-Lösung endlich beendet werden könne. "Das Zeitfenster dafür scheint günstig", unterstrich Merkel.

Die Kanzlerin hatte neue Friedensinitiativen für die Region zu einem Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft gemacht. Sie begrüßte, dass sich erstmals wieder das Nahost-Quartett in Washington getroffen habe. Doch ohne die Akteure in der Region werde es nicht gehen, betonte  Merkel. Deshalb wolle sie Deutschlands gute Beziehungen zu Ägypten, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait nutzen, um auszuloten, welche Chancen es für einen Friedensprozess gebe. Sie kündigt an, auf ihrer Nahost-Reise auch das iranische Atomprogramm anzusprechen.

Als zweiten Grund ihrer Reise nannte Merkel den Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen insbesondere im Energiesektor. Hier habe die Region für Deutschland noch "einen relativ geringen Stellenwert".

Franziskaner-Kustos befürchtet Eskalation der Gewalt
Eine weitere Eskalation der Gewalt im Nahen Osten befürchtet der Franziskaner-Kustos des Heiligen Landes, Pierbattista Pizzaballa. Auf palästinensischer wie auf israelischer Seite fehlten politische Führer, die den Konflikt aufhalten könnten, sagte der Franziskaner im Interview mit der italienischen Tageszeitung "Avvenire" am Samstag.

Für die palästinensischen Familien drohten die bislang verbleibenden Zukunftsperspektiven völlig zu verschwinden, sagte Pizzaballa. Unter den gegenwärtigen Bedingungen könne sich die soziale und wirtschaftliche Situation nur verschlechtern. "Wer hat schon den Mut, jetzt in die besetzten Gebiete zu investieren?", fragte der Franziskaner. Unter der israelischen Bevölkerung herrsche ein Gefühl der Unsicherheit und Verletzlichkeit, das durch die anhaltenden Drohungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad noch verstärkt werde. Daraus entstünden "manche Überempfindlichkeiten", so Pizzaballa.