Regierungskritischer Bischof in Nicaragua muss vor Gericht

Geht Rolando Alvarez ins Gefängnis?

Ein Gericht in Nicaragua hat entschieden, dass Bischof Rolando Alvarez von Matagalpa wegen "Verbreitung von Falschnachrichten" und "Verschwörung" der Prozess gemacht werden soll. Ihm droht eine jahrelange Haftstrafe.

Autor/in:
Tobias Käufer
Symbolbild Handschellen / © Svetliy (shutterstock)

Im kargen Gerichtssaal "Augusto Cesar Sandino" der Hauptstadt Managua sitzt Bischof Rolando Alvarez hinter einem schwarzen Schreibtisch - auf dem Stuhl des Beschuldigten.

Richterin Gloria Maria Saavedra, die laut lokalen Medienberichten bereits einige Prozesse gegen Gegner der sandinistischen Regierung Nicaraguas geleitet hat, führt an diesem Dienstagmorgen durch die Anhörung.

Am Ende steht fest: Auch dem Bischof von Matagalpa, schon seit Monaten in Polizeigewahrsam, wird bald der Prozess gemacht. Einen Termin für das Verfahren gibt es noch nicht.

Vorwurf: "Verbreitung von Falschnachrichten"

Die Staatsanwaltschaft wirft Alvarez "Verbreitung von Falschnachrichten" und "Verschwörung zur Untergrabung der nationalen Integrität" vor. Wird der 56-Jährige verurteilt, drohen ihm mehrere Jahre Haft. Die Richterin kündigte an, nun erst einmal weiteres Beweismaterial gegen den inzwischen international bekannten Dissidenten sammeln zu wollen.

Wolken über der Kathadrale von Granada in Nicaragua / © Russell Johnson (shutterstock)
Wolken über der Kathadrale von Granada in Nicaragua / © Russell Johnson ( shutterstock )

Zudem wurde entschieden, dass der Geistliche im Hausarrest auf sein Verfahren warten muss. Angehörige berichteten, ihm sei untersagt worden, eigene Rechtsverteidiger zu stellen. Stattdessen sei ihm eine Pflichtverteidigung zugewiesen worden. Das Menschenrechtszentrum CALIDH bewertet den Prozess als willkürlich. Zahlreiche Standards würden nicht eingehalten, die Rechte des Beschuldigten nicht gewahrt.

Alvarez war bereits im August unter Hausarrest gestellt worden. Mit ihm wurden mindestens elf Priester festgenommen. Sie hatten - ebenso wie er - wiederholt die herrschenden Zustände in dem mittleramerikanischen Land offen angeprangert.

Immer wieder werden Forderungen laut, ranghohe Kirchenführer sollten sich zur Lage in Nicaragua äußern. Eine der prominentesten und lautesten Stimmen, die von Papst Franziskus klare Worte fordern, ist Bianca Jagger. Die in Managua geborene Menschenrechtsaktivistin und Ex-Frau von Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger bekräftigte jüngst ihren Appell an den Papst aus Argentinien, sich hinter den inhaftierten Bischof zu stellen.

Verbrechen gegen die Menschlichkeit

"Der Weg eines Dialogs ist nicht gangbar mit einer Regierung, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht", sagte Jagger bei einer Anhörung im US-Kongress zur Lage in Nicaragua. Genau diesen Weg hat der Papst aber immer wieder angemahnt.

Symbolbild Einschränkung der Menschenrechte / © Aram Shahinyan (shutterstock)
Symbolbild Einschränkung der Menschenrechte / © Aram Shahinyan ( shutterstock )

Auch das Nicaraguanische Zentrum für Menschenrechte (CENIDH) forderte eine klare Positionierung der Kirchenspitze. Diese müsste angesichts "dieser kriminellen Machenschaften des Regimes" ihre Haltung zum Ausdruck bringen. Managuas Kardinal Leopoldo Brenes indes äußert sich im Fall des festgesetzten Bischofs betont zurückhaltend.

Zu Wort meldete sich kürzlich auch UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk. Nach Erkenntnissen seines Büros sei die Zahl der Personen, "die willkürlich inhaftiert wurden, weil sie ihre politische Meinung geäußert oder als Kritiker der Regierung wahrgenommen wurden, von 195 im September auf inzwischen 225 gestiegen".

Dazu zählten offenbar auch Angehörige politischer Häftlinge, um den Druck auf die Dissidenten zu erhöhen. Besonders die Haftbedingungen im berüchtigten Gefängnis El Chipote seien "unmenschlich", mit eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung, so Türk.

Nicaragua erlebt seit Jahren eine schwere innenpolitische Krise. Bei landesweiten Protesten gegen die linksgerichtete Regierung Daniel Ortegas kamen Hunderte Menschen ums Leben, Tausende wurden verletzt.

Die katholische Kirche im Land, Nichtregierungsorganisationen und unabhängige Medien beklagten immer wieder Menschenrechtsverletzungen der Regierung.

Quelle:
KNA