Ramsauer reist nach Rom - "Noch Verletzungen nach Merkels Papst-Kritik"

Der Heiler aus Bayern

Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, sieht nach der Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel an Papst Benedikt XVI. immer "noch vorhandene Spuren oder Verletzungen" auf römischer Seite. Ramsauer ist an diesem Dienstag und Mittwoch im Vatikan zu Gast, begegnet Papst Benedikt XVI. und den Kardinälen Walter Kasper und Paul Josef Cordes. Er wolle diese Verletzungen heilen, sagte er am Montag in Berlin.

 (DR)

KNA: Herr Ramsauer, Sie treffen im Vatikan unter anderen Papst Benedikt XVI. Was ist Ihr Anliegen?
Ramsauer: Meine Partei, aber auch ich persönlich pflegen ein besonders herzliches Verhältnis zum Heiligen Vater. Das galt auch schon in seinen früheren Funktionen. Als designierter Spitzenkandidat meiner Partei und als Abgeordneter der bayerischen Heimat des Papstes, des Chiemgaus, möchte ich deswegen gerne den Heiligen Vater wieder besuchen.

KNA: Wollen Sie die Probleme der vergangenen Wochen aufarbeiten?
Ramsauer: Sicher, es hat einige Irritationen gegeben zwischen der deutschen Politik und dem Vatikan. Aber daneben gibt es andere, wichtige Themen, die gerade die Katholiken bewegen. Zum Beispiel den Skandal der Spätabtreibung - da scheiterte die Lösung bislang am Widerstand unseres sozialdemokratischen Koalitionspartners -, das breite Feld der Patientenverfügung, den Themenbereich Gentechnik und diverse Fragen um die embryonale Stammzellforschung. Lauter schwierige Themen, bei denen wir klare Entscheidungs-Leitplanken brauchen, die wir aus der christlichen Ethik ableiten sollten.

KNA: Wie bewerten Sie das deutsche Verhältnis zum Vatikan?
Ramsauer: Ich bin froh, dass sich die Debatte wieder beruhigt hat.
Aber ich bin auch noch besorgt, denn diese Vorkommnisse haben tiefe Spuren hinterlassen in Teilen unserer politischen Anhängerschaft, im Bereich der Katholiken in Deutschland. Es muss in aller Form klar gestellt werden, dass die Bundeskanzlerin niemals den Heiligen Vater selbst kritisieren wollte, sondern allenfalls die Art und Weise der Öffentlichkeitsarbeit des Vatikan.

KNA: Sie hat ihn explizit genannt.
Ramsauer: Sie hat davon gesprochen, dass von Seiten des Vatikan weitere Klarstellungen erfolgen müssen. Das ist dann auch in eindeutiger Weise geschehen. Um die noch vorhandenen Spuren oder Verletzungen zu heilen, möchte ich das Gespräch mit dem Heiligen Vater und den Kardinälen Cordes und Kasper suchen. Ich will ein klares Zeichen setzen, dass meine Partei und auch ich persönlich in unmissverständlicher Weise, klipp und klar auf der Seite des Papstes stehen.

KNA: Es ist ja nicht nur die Papst-Kritik: Egal ob Bioethik und Stammzellforschung, die Familienpolitik oder auch die Personalie Steinbach beim Vertriebenenzentrum - vielfältig wurden auch über das Wochenende Bedenken gegen einen Kurs laut, mit dem sich eine typische Unions-Klientel schwertut. Sind die Bedenken berechtigt?
Ramsauer: Ich habe Verständnis, wenn im bürgerlichen Lager Fragezeichen gesetzt werden. Wenn Menschen fragen, ob ihre angestammte politische Heimat erschüttert ist. Gerade als Politiker der CSU möchte ich deshalb ein klares Zeichen setzen. Bei all diesen Fragen - seien es Glaubensfragen, sei es die konkrete politische Umsetzung - müssen wir klarstellen, dass Entscheidungsgrundlage unserer politischen Arbeit immer die christliche Soziallehre und das christliche Menschenbild waren und auch bleiben werden.

KNA: Sie gehen nicht nur als Bundespolitiker in den Vatikan, sondern auch als Vertreter der bayerischen Heimat. Johannes Paul II. war 27 Jahre Papst. Er hat auf polnischer Seite wohl nie das erlebt, was seit Ende Januar von deutscher Seite mit Blick auf den Papst gesagt wurde. Warum?
Ramsauer: Das polnische Volk hat zu seinem Papst ein anderes, regelrecht patriotisches Verhältnis gehabt. Bei uns gibt es nicht diese eindeutig ausgeprägte katholische Konsistenz. Das liegt schon an unserer Bevölkerungsstruktur. Da ist es eben nicht selbstverständlich, sich von vornherein mit dem Papst zu solidarisieren. Und die Gruppen, die sich - warum auch immer, beispielsweise durch ihre Herkunft aus der 68er-Bewegung - kritisch zum Papst äußern, gewinnen rasch Raum. So entsteht nach außen ein anderes Bild, wie Deutschland mit dem Heiligen Vater umgeht. Um so wichtiger ist es, dass sich die katholischen Bevölkerungsteile auf die Seite des Papstes stellen, wenngleich auch nicht alles, was an amtlicher Öffentlichkeitsarbeit aus dem Vatikan kommt, unkritisiert bleiben muss.

KNA: Diese Kritik teilen Sie?
Ramsauer: Ich bin weit davon entfernt, in missionarischem Eifer dem Vatikan Nachhilfeunterricht zu erteilen. Ich glaube, dass dort in den vergangenen Wochen sehr klar Konsequenzen gezogen wurden, um nicht noch einmal solche bestimmt nicht beabsichtigten Irritationen auszulösen.

KNA: Sie verwiesen auf Ihr Lokalkolorit. Wie erleben Sie die Stimmung an der Basis?
Ramsauer: Ich bin ja ständig im Gespräch mit dem, was man als Basis bezeichnet, mit dem Kernbestand katholischer Bevölkerungsgruppen.
Hier haben diese Dinge tiefe Spuren hinterlassen. Da gehört es auch zum Aufgabenfeld eines CSU-Politikers, aufklärend und ausgleichend zu wirken. Die Bevölkerung in der süddeutschen Heimat des Papstes beobachtet all diese Dinge mit großer Sensibilität.