Rainer Schmidt geht auch mit Behinderung seinen Weg

Sportler, Kabarettist, Pfarrer

"Für meine Eltern war meine Behinderung ein Schock", sagt Rainer Schmidt. Der 45-Jährige kam ohne Unterarme zur Welt, ein Oberschenkel war verkürzt – die Familie gewöhnte sich schnell an die Situation. Der Weg zum Pfarramt für Rainer Schmidt verlief über Umwege, der zu den Paralympics dagegen sehr direkt.

Autor/in:
Markus Peters
 (DR)

Manchmal kann Pfarrer Rainer Schmidt ganz schön gemein sein. Der in Bonn lebende 45-Jährige, der ohne Unterarme geboren wurde, behauptet, er sei zehn Jahre schwarz mit der Deutschen Bahn gefahren. "Die Schaffner haben bei meinem Anblick immer pikiert weggeguckt", erzählt Schmidt ungerührt bei der Premiere seines ersten Kabarettprogramms. Das sei natürlich zugespitzt, sagt der Pfarrer. Allerdings habe die Geschichte einen wahren Kern. Tatsächlich sei er einmal in der Bahn wegen seines Handicaps vom Kontrolleur gezielt "übersehen" worden.



Mit viel Selbstironie schildert Schmidt auch, wie das Fehlen der Arme mitunter das Tagwerk eines Pfarrers erschwert: "Wenn ich für einen Seelsorgebesuch vor der Haustüre stehe, glauben die Leute doch zuerst, ich wollte ihnen irgendwelche Wohltätigkeits-Postkarten verkaufen." Und das mit dem liturgischen Handauflegen will auch nicht so recht klappen.



Auch ohne Unterarme mehrere Tischtennistitel geholt

Schmidt hat die Kabarettbühne für sich entdeckt hat, nachdem er vor zwei Jahren seine Karriere als Leistungssportler beendet hat. Er war als Tischtennisspieler einer der erfolgreichsten deutschen Behindertensportler - und das in einer Disziplin, die nicht gerade für einen Jungen ohne Unterarme prädestiniert scheint.



Doch bei einem Familienurlaub in Österreich hatte ein anderer Feriengast eine improvisierte Hilfe gebastelt, mit der der damals Zwölfjährige beim Tischtennis mithalten konnte. Später schließt sich Schmidt einem Verein an und fällt als 15-Jähriger bei einem Turnier der Bundestrainerin auf: "Da tat sich für mich eine neue Welt auf. Ich hatte etwas gefunden, was ich richtig gut konnte." Beim Sport habe er die Erfahrung gemacht, an seine Grenzen gehen zu können. Als versierter Techniker wird Schmidt zum Schrecken seiner Gegenspieler, holt Goldmedaillen bei Europameisterschaften und den Paralympics.



An diese Erfolge war nicht zu denken, als Schmidt 1965 in einem kleinem Ort im Oberbergischen geboren wird: "Für meine Eltern war meine Behinderung ein Schock", sagt er offen. Neben dem Fehlen der Unterarme ist auch sein rechter Oberschenkel verkürzt: "Meine Mutter sagt immer, meine Geburt war der schlimmste Tag ihres Lebens - obwohl ich mich redlich bemüht hätte, ihm noch viel schlimmere folgen zu lassen." Doch schnell lernen Eltern und Geschwister, gelassen mit Schmidts Situation umzugehen: "Als Kind war ich mir meiner Behinderung kaum bewusst."



Als "Suchender" zum Theologie-Studium

Dafür verlief später der Weg zum Pfarramt nicht ohne Umwege. Nach dem Abitur absolviert Rainer Schmidt bei der Gemeinde Nümbrecht erfolgreich eine Ausbildung zum Kommunalbeamten. Dazu engagiert er sich als Jugendlicher und junger Erwachsener in verschiedenen evangelischen Gruppen: "Allerdings merkte ich damals, dass ich beim Thema Glauben mehr Fragen als Antworten hatte". Also beginnt er ein Theologiestudium, den eigenen Angaben zufolge als "Suchender".



Heute hat Schmidt als "Pfarrer mit besonderem Auftrag" eine halbe Stelle im Bonner Pädagogisch-Theologischen Institut der Evangelischen Kirche im Rheinland. Ansonsten ist er als Dozent und Moderator in ganz Deutschland unterwegs. Die Erfahrung, das mit Humor gewürzte Vorträge besser ankommen, seine persönlichen Erfahrungen und erste erfolgreiche Kabarett-Kurzauftritte haben die Idee zu einem abendfüllenden Kabarettprogramm entstehen lassen: "Ein Auftritt beim Kirchentag wäre natürlich klasse", sagt er. Obwohl Rainer Schmidt derzeit noch an den letzten Pointen feilt, liegen schon erste Anfragen vor.