Special Olympics begeistern geistig behinderte Sportler und die freiwilligen Helfer in Bremen

Lebensfreude pur

Bis zum Samstag werden in Bremen die Special Olympics Deutschland für geistig behinderte Sportler gefeiert. 4.550 Athletinnen und Athleten geben rings um das Bremer Weserstadion in 20 Disziplinen ihr Bestes. Und sorgen für Begeisterung bei Sportlern, Zuschauern und Helfern.

Autor/in:
Jörg Nielsen
 (DR)

Lauras rote Haare wehen im Fahrtwind. Vom Rand der Rennstrecke brüllen ihre Fans «Laura, Laura, Laura». Nach 50 Metern erreicht die 17-Jährige in ihrem Rollstuhl als erste die Ziellinie und fällt einem Betreuer in die Arme. Das Mädchen schreit vor Begeisterung. Ein Bild, als hätte die Saarländerin gerade die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen gewonnen. Dabei war es erst der Vorlauf der Rollstuhl-Damen bei den Special Olympics Deutschland.

«Geistig Behinderte können sich nicht verstellen. Wenn sie sich freuen, dann auch richtig», sagt Lauras Vater Harald Bähr: «Und Laura ist die Lebensfreude pur.» An den Seitenrändern der Sportplätze herrscht ausgelassene Stimmung. Schüler feuern ihre Klassenkameraden an. Marina aus Buchholz in der Nordheide bläst in ihre Vuvuzela, eine der Tröten, die auch in den südafrikanischen Fußballstadien einen Höllenlärm verursachen. Jerome vom Gymnasium Bremen-Obervieland hat sich extra ein T-Shirt gestaltet. «Zusammen sind wir stark» ist darauf zu lesen. «Wir haben schulfrei bekommen, um unsere Leute anzufeuern», sagt er, springt auf und brüllt aus Leibeskräften: «schneller!»

Auf der 100-Meter-Sprintstrecke hat gerade Aaron aus Schleswig-Holstein die Zielmarke nach 14,5 Sekunden als Sieger erreicht. «Man kann das gar nicht beschreiben», stößt er nach Luft japsend hervor. «Das Ziel fliegt so auf einen zu. Und jetzt habe ich wackelige Beine.» Er sei ganz begeistert von der Stimmung, sagt der 19-jährige Epileptiker und Asthmatiker mit geistiger Behinderung: «Ich finde es toll, dass wir hier eine so große Aufmerksamkeit bekommen.» Direkt hinter ihm steht seine Betreuerin Jana Jakowiak und wischt sich vor Rührung eine Träne weg: «Das hätte ich auch nicht schöner sagen können.»

Irmi Perreng ist als eine der 2.300 freiwilligen Helfer von Mannheim nach Bremen gekommen. Gerade hat sie wieder als «Blockerin» hinter dem Ziel eine Läuferin aufgefangen und in die Arme geschlossen. «Oh, ist das schön», sagt sie. «Die freuen sich so ehrlich, egal ob sie gewinnen oder verlieren.» Ihre Kollegin Martina Stiller stimmt ihr zu: «Hier sieht man doch, was wirklich wichtig ist - die Freude am Leben.» Die beiden bezeichnen sich selbst als Wiederholungstäterinnen. Ihr Arbeitgeber gehört zu den Sponsoren und zahlt die Anfahrt und das Hotel. «Wir müssen nur eine Woche Urlaub nehmen und lassen darum seit Jahren keine Special Olympics aus.»

Doch nicht überall wird gejubelt. Neben dem Fußballfeld in der Pauliner Marsch stehen die Spieler vom Fußballclub Weckelweiler bei Schwäbisch-Hall im Kreis und versuchen sich zu trösten. «Wir haben gerade 1:0 gegen Fulda verloren», erklärt Walter «Parzival» Kern (48). Das Ergebnis ist eigentlich keine Schande. Die siegreichen Fuldaer aus dem St. Antoniuswohnheim stehen nämlich schon wieder auf dem Platz und versenken gerade den fünften Treffer im Tor der Mannschaft des Bremer Martinshofes.

«Aber egal», sagt «Parzival», der seinen Spitznamen einem Theaterauftritt als Ritter verdankt. «Beim nächsten Spiel ziehen wir voll durch, wie unsere Jungs in Südafrika.» Ob er jetzt lieber in Südafrika in der seutschen Nationalelf mitgespielt hätte? «Nee - meine Mannschaft ist hier und die Stimmung hier ist mindestens so gut wie in Afrika.»