Rätselhafte Klosterrevolte in der Toskana

Ein Kardinal geht gegen Nonnen vor

Die Geschichte klingt wie aus der TV-Serie "Um Himmels Willen": Eine schlagfertige Mutter Oberin legt sich mit dem Bischof an. Der versucht sie mit disziplinarischen Mitteln zur Raison zu bringen. Die Nonnen protestieren.

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Ordensfrau hält einen Rosenkranz in ihren Händen / © Cristian Gennari (KNA)
Ordensfrau hält einen Rosenkranz in ihren Händen / © Cristian Gennari ( KNA )

Ein Konflikt zwischen einem Nonnenkonvent in der Toskana und den kirchlichen Aufsichtsbehörden im Bistum und im Vatikan beschäftigt die Medien.

Selbst die Londoner "Times" entdeckte das Thema und schrieb über die rebellischen "toskanischen Nonnen". Am Wochenende berichteten mehrere italienische Regionalzeitungen erneut über die Ereignisse, die zu einer Absetzung der Oberin Diletta Forti durch den Vatikan geführt hatten.

Kern des Konflikts liegt im Dunkeln

Inzwischen wenden sich die Streitparteien mit langen juristischen Erklärungen an die Öffentlichkeit. Der Kern des Konflikts liegt jedoch weiter im Dunkeln. Der zuständige Bischof von Montepulciano, der aus Rom stammende Kardinal Augusto Paolo Lojudice (58), ließ seine Version der Vorgänge über einen Rechtsanwalt mitteilen; sie ist auf der Website des Bistums nachzulesen.

Eine Ordensfrau mit Kreuz / © Cristian Gennari (KNA)
Eine Ordensfrau mit Kreuz / © Cristian Gennari ( KNA )

Daraus geht hervor, dass es zunächst eine kirchenrechtliche Visitation (Überprüfung) des Klosters gab. Was der Anlass war, teilt das Bistum nicht mit; und was dabei herauskam, weiß das Bistum laut eigenem Bekunden ebenfalls nicht.

Fest steht, was der Vatikan - in diesem Fall die Behörde für das Ordensleben - als Konsequenz aus der Visitation angeordnet hat. Dazu zählt die Absetzung der Äbtissin, Mutter Diletta, und der Aufruf an sie und die übrigen zwölf Benediktinerinnen, sich wieder an ihre Gelübde und Regeln als Klausurschwestern zu halten.

Ordensfrauen kündigen Berufung an

Die Schwestern reagierten mit einer Erklärung, in der sie dem Bischof die Kompetenz absprachen, Entscheidungen des Heiligen Stuhls auszulegen. Als Benediktinerinnen unterstünden sie unmittelbar dem Heiligen Stuhl; und ihnen sei bis heute kein konkreter Vorwurf gemacht worden.

Sie kündigten Berufung bei den vatikanischen Stellen an und wollen kirchenrechtlich gegen die angeordneten, als Strafen empfundenen Maßnahmen vorgehen; insbesondere gegen die zwangsweise, zeitlich befristete Umsiedlung der Äbtissin in die gemischtgeschlechtliche Kommunität von Bose in Norditalien.

Worum es in der Sache geht, wird auch aus dieser Erklärung nicht wirklich deutlich. Erschwerend kommt hinzu, dass der handelnde Bischof kein verknöcherter Kirchenhierarch ist, sondern ein typischer "Franziskus-Bischof". 2020 machte der Papst ihn überraschend zum Kardinal, weil er seinen Einsatz für Migranten und für die sozial Schwachen im Süden des Erzbistums Rom schätzte, wo er zuvor Weihbischof war.

Blick über die Dächer von Rom / © PHOTOCREO Michal Bednarek (shutterstock)
Blick über die Dächer von Rom / © PHOTOCREO Michal Bednarek ( shutterstock )

Der Bischof selbst, so scheint aus der Erklärung des Bistumsanwalts durch, ist offenbar auch gar nicht die treibende Kraft hinter dem Versuch, die rebellischen Nonnen an ihre Verpflichtungen als Klausurschwestern zu erinnern.

Auch dass es von der toskanischen Zivilgemeinde Beschwerden gegeben haben soll wegen von den Schwestern organisierter unangemeldeter Flohmärkte zum Verkauf von Kerzen und ähnlichem, reicht nicht aus, um die Eskalation zu erklären. Und die bloße Tatsache, dass sie als eine in strenger Klausur lebende Kommunität erstaunlich aktiv und professionell im Internet und in Sozialen Medien für sich werben, hätte wohl ebenfalls kaum zu einem Einschreiten des Vatikans geführt.

Was steckt hinter dem "Nonnen-Aufstand"?

Offenbar kam eins zum anderen. Aber die wichtigsten Gründe für den toskanischen "Nonnen-Aufstand" dürften in der resoluten Persönlichkeit der Äbtissin, einer ehemaligen Försterin, und in der jüngeren Geschichte des Klosters zu finden sein.

Der Konvent "Maria Tempel des Heiligen Geistes" in Pienza bei Siena ist eine "Ausgründung" des größeren Benediktinerinnenklosters "Santa Maria delle Rose", das bis zum Erdbeben 2016 in Sant'Angelo in Pontano in den Marken stand. Dieses Kloster sorgt seit Jahren für gewisse Aufmerksamkeit in Italien. Denn gegen den allgemeinen Trend zieht es immer wieder junge Frauen an, die sich dafür entscheiden, dort einzutreten.

Nach dem Erdbeben wurde die Kommunität wegen der Beschädigungen der Abtei aufgeteilt. 13 Schwestern gingen für vier Jahre nach Aalsmeer in den Niederlanden und kehrten dann auf Einladung des damaligen Bischofs von Montepulciano nach Italien zurück. Er stellte ihnen ein malerisch gelegenes Haus für ihren Konvent zur Verfügung.

Viele Spekulationen

Was seither geschah, ist Gegenstand von Spekulationen. Offenbar hat der Tochterkonvent unter der Ägide seiner Äbtissin neue Wege einzuschlagen versucht, die von denen des strengen, aber erfolgreichen Mutterklosters abweichen. Dazu gehörten neben Internet-Aktivitäten auch offene Besuchsangebote, die nur schwer mit den besonderen Regeln für einen klausurierten Nonnenkonvent in Einklang zu bringen sind.

Symbolbild Hände einer Ordensfrau (KNA)
Symbolbild Hände einer Ordensfrau / ( KNA )

Das scheint in den anderen Klöstern der Föderation für Aufregung gesorgt zu haben, in der 15 Benediktinerinnen-Klöster der Region zusammengeschlossen sind. Die Visitation und die verhängten Maßnahmen dürften eine Folge davon gewesen zu sein. Bis auf Weiteres sind die Fronten verhärtet. Die Schwestern haben die Klosterpforten geschlossen und beten. Nun sind der Vatikan und der Bischof wieder am Zug.

Benediktinerorden

Die Benediktiner sind die älteste heute noch bestehende klösterliche Bewegung der katholischen Kirche im Westen. Der Orden geht zurück auf die Regel des heiligen Benedikt von Nursia (480-547). In seiner heutigen Form wurde er 1893 von Papst Leo XIII. (1878-1903) gebildet. Als benediktinisch im weiteren Sinne gelten alle Ordensgemeinschaften, die nach der Regel Benedikts leben, etwa Zisterzienser und Trappisten.

Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy (KNA)
Ein Benediktiner geht durch einen Klosterflur / © Simon Koy ( KNA )
Quelle:
KNA