Protokollarisch Einmaliges beim letzten Bush-Besuch im Vatikan

Wie ein Treffen unter alten Freunden

Daheim die schallende Ohrfeige mit dem Guantanamo-Urteil der obersten Richter, bei seiner Abschiedstour durch Europa lauwarme bis bitterkalte Kommentare - für die letzten Monate seiner Amtszeit hat sich US-Präsident George W. Bush sicher einen angenehmeren Verlauf erhofft. Am Freitagvormittag gab es Balsam für seine geschundene Seele: Papst Benedikt XVI. empfing den Texaner in Rom - zu einer Audienz an einem ungewöhnlichen Ort.

Autor/in:
Johannes Schidelko
 (DR)

Nach dem farbenprächtigen und herzlichen Empfang für den Papst im Weißen Haus im April wollte der Vatikan nicht nachstehen. Und so begrüßte Benedikt XVI. den US-Präsidenten am Freitag mit einem Protokoll, wie es der Vatikan bislang noch keinem Staatsgast bereitete. Schauplatz waren diesmal nicht Renaissance-Höfe und freskengeschmückten Audienzsäle, sondern die Vatikanischen Gärten. Im idyllischen Grün, vor dem alten Gemäuer des Johannes-Turms, hieß der Papst George W. Bush willkommen. Nach einem ernsten Sachgespräch gab es einen Spaziergang durch die schönsten Gärten Roms. Abschließend nahmen der Papst und Bush zusammen mit dessen Gattin Laura an einem runden Gartentisch vor der Lourdes-Grotte Platz und hörten ein Palestrina-Konzert der "Capella Sistina".

Das außergewöhnliche Protokoll schien dem Gast zu imponieren.
"Welche Ehre", begrüßte ein gut gelaunter Präsident den Papst bei der etwas verfrühten Ankunft. Er lobte den "nice garden" und überhaupt den "beautiful place" und fand, dass der Papst großartig aussehe. Nach dem halbstündigen Gespräch im Studio des Johannes-Turms stieg er mit Benedikt XVI. auf den oberen Umgang des spätmittelalterlichen Rundturms und genoss den Panoramablick auf Rom und den Vatikan.

Fortsetzung der jüngsten Unterredung von Washington
Das halbstündige Gespräch war eine Fortsetzung der jüngsten Unterredung von Washington. Wieder ging es um den Nahen Osten und um mehr Anstrengungen für einen Frieden im Heiligen Land. Man sprach über die Verteidigung ethischer Werte und über die Globalisierung. Aktuell kam nach der düsteren Bilanz des jüngsten FAO-Gipfels auch noch das Problem der Nahrungsmittelkrise auf die Themenliste.

Der letzte Besuch des Präsidenten Bush im Vatikan war von einer Herzlichkeit, wie man sie zu Beginn seiner Amtszeit und nach den Differenzen um den Irak-Krieg nicht erwartet hätte. "Wie ein Treffen von alten Freunden", so ein Beobachter. Schon vor dem Besuch ließ die Protokoll-Chefin des Präsidenten, Nancy Goodman Brinker, gegenüber Journalisten wissen, Bush sei ein "absoluter Fan dieses Papstes" und habe "totalen Respekt" vor ihm.

Erstaunen über Medienspekulationen
Das bedeutet keinesfalls Einigkeit in allen politischen Sachfragen. Während Benedikt XVI. und Bush in Sachen Abtreibung und in etlichen ethischen Fragen einer Meinung sind, gehörte der Heilige Stuhl zu den erbittertsten Widersachern der bewaffneten Intervention. Er lehnt auch generell Sanktionen gegen ein Land ab - da sie weniger den Machthabern schadeten als der Bevölkerung. Doch gegen Ende von Bushs Amtszeit scheinen die harten Töne nicht mehr gegenwärtig. Und mit der Ernennung von Mary Ann Glendon hat Bush gegen den Widerstand von Kritikern eine Botschafterin zum Papst entsandt, die am Vatikan höchstes Vertrauen genießt.

Der besondere Empfang für Bush war eine freundliche Geste gegenüber dem Präsidenten, vor allem aber ein Dank an das amerikanische Volk für die gelungene Papstreise in die USA. Benedikt XVI. war es Mitte April gelungen, der Ortskirche nach den Missbrauchsskandalen verlorenes Vertrauen zurückzugeben, ihr den Rücken zu stärken und Fronten innerhalb der Kirche zu versöhnen.

Erstaunen lösten unterdessen Medienspekulationen aus, der "wiedergeborene" Protestant Bush könnte - wie der britische Premierminister Tony Blair - nach Ende seiner Amtszeit zum Katholizismus übertreten. Als Indiz wurde das gemeinsame Gebet von Papst und Familie Bush im Weißen Haus genannt. Härtere Hinweise gab es freilich nicht. Und so wurden die gleichen Beobachter auch zurückhaltender, als das Konzert an der Lourdes-Grotte ohne religiöse Geste zu Ende ging, ohne Gebet oder Segen. Vielleicht, so gehen die Spekulationen weiter, hatten beide bereits zuvor unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Johannes-Turm ein Gebet gesprochen.  Im Zeitalter der Ökumene freilich wäre selbst ein solches gemeinsames Gebet noch kein Signal für eine bevorstehende Konversion.