Proteste in San Francisco - China hält am olympischen Fackellauf durch Tibet fest

Stur, uneinsichtig und drohend

Der olympische Fackellauf in San Francisco ist ohne die ursprünglich geplante Abschlussfeier zu Ende gegangen. Aus Sicherheitsgründen wurde auf die Zeremonie ebenso verzichtet wie auf den Lauf entlang der Hafenpromenade. Bereits zu Beginn des Fackellaufs hatten die Organisatoren mit einem Versteckspiel Verwirrung ausgelöst. China bleibt auch noch den Protesten dabei: die Fackel werde wie geplant durch Tibet getragen. Gegner erführen "keine Milde".

 (DR)

Kurz nach dem Start verschwand der erste Läufer mit der Flamme in einem Gebäude. Erst etwa eine Stunde später tauchte die Fackel weit ab von der ursprünglich geplanten Strecke wieder auf. Die Veranstalter wollten auf diese Weise verhindern, dass es aus Protest gegen die chinesische Tibet-Politik zu Übergriffen auf das olympische Feuer kommt. Angesichts der Tumulte bei den Fackelläufen in London und Paris hatten die Organisatoren die Sicherheitsbestimmungen in San Francisco verschärft.

Auch nach den Turbulenzen in London, Paris uns San Francisco soll das Olympische Feuer wie geplant durch Tibet getragen werden: Die Flamme werde "vollständig erfolgreich" und "vollständig sicher" in die Himalaya-Region kommen, erklärte der Gouverneur von Tibet, Qiangba Puncog, am Mittwoch in Peking vor Journalisten. Gleichzeitig warnte er jeden, der versuchen sollte, den Fackellauf und die Besteigung des Mount Everest zu sabotieren: "Wir werden keine Milde zeigen."

In den chinesischen Medien war von den Unruhen beim Fackellauf in London und Paris in den vergangenen Tagen wenig zu sehen. Die Berichte in Zeitungen und Fernsehen konzentrierten sich überwiegend auf positive Stimmen unter Zuschauern und Fackelträgern.

Qiangba ist der zweithöchste Funktionär in der Hierarchie Tibets nach dem örtlichen KP-Chef. Er kritisierte den Dalai Lama, das religiöse Oberhaupt der Tibeter. Die «Dalai-Clique» und einige ungenannte Regierungen im Ausland steckten hinter den Protesten, um China und den Olympischen Spielen zu schaden.

Nach den Unruhen vom 14. März wurden laut Qiangba 953 Menschen festgenommen. Nach 70 werde noch gesucht. Deshalb stünden auch «einige Tempel und Klöster» noch unter besonderer Aufsicht. Tibeter waren Mitte März in der Hauptstadt Lhasa auf Zuwanderer aus anderen Teilen Chinas losgegangen und hatten Hunderte Geschäfte und Häuser beschädigt oder in Brand gesteckt.

Bei einer von den Behörden organisierten und beaufsichtigten Reise von rund 20 in- und ausländischen Journalisten kam es am Dienstag zu einem Eklat: Als die Gruppe das Kloster Labrang in der Provinz Gansu besuchte, stürzten etwa ein Dutzend Mönche aus ihren Quartieren auf die Presseleute zu.

Die Mönche forderten unter anderem die Freilassung inhaftierter Mönche und einen Dialog der Regierung mit dem Dalai Lama. Das berichtete der Korrespondent der Tageszeitung «Die Welt», Johnny Erling, der als einziger deutschsprachiger Reporter an der Reise teilnehmen durfte, telefonisch dem epd.

In Peking begründete Tibet-Gouverneur Qiangba unterdessen das Verbot einer unbeaufsichtigten und freien Berichterstattung aus der Region.
Es sei dort «nicht sicher» für ausländische Journalisten.

Zur Situation in Tibet erklärte der Funktionär, dass die Bewohner der Region zu den «wahren Begünstigten» der wirtschaftlichen Reformen in China gehörten. Die Regierung habe Tibet in den vergangenen fünf Jahren mit umgerechnet neun Milliarden Euro subventioniert, in Straßen und Bahnstrecken investiert.

Bis Ende 2007 seien fast 90 Prozent aller Ortschaften durch Straßen erreichbar geworden, und alle Städte hätten Telefon, berichtete Qiangba. Seit Beginn eines Umsiedlungsprogramms für Bauern und Hirten vor zwei Jahren seien 110.000 Haushalte mit 590.000 Personen in neue Häuser gezogen. (04089/9.4.2008)