Propst Franke blickt auf 300 Jahre Potsdamer Kirchengemeinde

Als belgische Handwerker nicht nur Waffen bauen wollten

Belgische "Büchsenmacher" brachten vor 300 Jahren die Waffenproduktion in Brandenburg auf Trab. Zugleich gründeten sie in Potsdam die erste katholische Gemeinde auf dem Gebiet des heutigen Erzbistums Berlin seit der Reformation.

Propsteikirche inPotsdam / © Gregor Krumpholz (KNA)
Propsteikirche inPotsdam / © Gregor Krumpholz ( KNA )

KNA: Herr Propst, dass Potsdamer Katholikinnen und Katholiken das 300-jährige Bestehen ihrer Propsteigemeinde feiern, ist selbstverständlich. Aber warum sollten Katholikinnen und Katholiken auch aus Berlin oder gar aus Vorpommern zum Festwochenende kommen?

Arnd Franke, Propst in Potsdam und Brandenburg / © Gregor Krumpholz (KNA)
Arnd Franke, Propst in Potsdam und Brandenburg / © Gregor Krumpholz ( KNA )

Arnd Franke (Potsdamer Propst): Weil wir die erste katholische Gemeinde waren, die nach der Reformation auf dem Gebiet des heutigen Erzbistums Berlin gegründet wurde. In Berlin gab es zwar schon vor über 300 Jahren katholische Gottesdienste, sie fanden aber nur in den Hauskapellen der Gesandtschaften aus katholischen Ländern statt. Es gibt also einen guten Grund, den Wiederbeginn des katholischen Gemeindelebens im ganzen Erzbistum zu feiern.

KNA: Welche Rolle spielt die Propsteigemeinde heute in der Stadt?

Franke: Unsere Propsteikirche Sankt Peter und Paul hat einen in Ostdeutschland außergewöhnlichen Standort für ein katholisches Gotteshaus. Sie liegt in der Sichtachse der Brandenburger Straße, der zentralen Einkaufsstraße, während die katholischen Kirchen in anderen ostdeutschen Städten ziemlich versteckt sind, etwa in meiner Heimatstadt Stralsund. Bei den Besucherzahlen der Potsdamer Sehenswürdigkeiten steht die Propsteikirche an vierter Stelle, sie hat mehr Besucherinnen und Besucher als die Berliner Sankt-Hedwigs-Kathedrale, als sie noch nicht wegen der gegenwärtigen Sanierung geschlossen war.

Propsteikirche Sankt Peter und Paul in Potsdam / © Gregor Krumpholz (KNA)
Propsteikirche Sankt Peter und Paul in Potsdam / © Gregor Krumpholz ( KNA )

KNA: Inwieweit ist die Gemeinde mit ihrer Kirche mehr als ein touristisches Highlight?

Franke: Aus der prominenten Position im Zentrum ergibt sich in der Tat auch ein gesellschaftlicher Auftrag. Als etwa die Stadtverordnetenversammlung neu gewählt wurde, war bei uns der ökumenische Eröffnungsgottesdienst für die Sitzungsperiode.

KNA: Welche gesellschaftlichen Themen sind Ihnen besonders wichtig?

Franke: Ich schaue immer, welche vordringlich sind. So sind es in Potsdam unter anderem Fragen der Ökologie. Dafür steht hier vor allem das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung mit seinem Leiter Ottmar Edenhofer, der an der Enzyklika "Laudato Si" von Papst Franziskus mitgewirkt hat. Generell geht es für uns als Christinnen und Christen um die Frage, was wir zur Zivilgesellschaft beitragen können. Wir wollen einen Pioniergeist und eine Haltung unterstützen, gesellschaftlich Verantwortung zu übernehmen.

KNA: Wie eng sind die ökumenischen Beziehungen der Kirchen?

Franke: In der Arbeitsgemeinschaft der Christlichen Kirchen auf kommunaler Ebene ist es ein sehr intensives Miteinander mit regelmäßigen Treffen. Wir sind als Christen gemeinsam eine Minderheit in einer Bevölkerung, in der 80 Prozent keiner Kirche angehören.

KNA: Zu dem Festwochenende werden auch der belgische Botschafter Geert Muylle und der Lütticher Bischof Jean-Pierre Delville erwartet, aus deren Land die Katholikinnen und Katholiken vor 300 Jahren nach Potsdam kamen. Wie sind die Beziehungen dorthin heute?

Franke: Bislang haben wir keine enge Partnerschaft, aber wir wollen durch das Jubiläum etwas anstoßen. Die Kontakte nach Belgien entstanden vergangenes Jahr, als das Sommerhochwasser auch im Raum Lüttich katastrophale Schäden anrichtete. In unserer Gemeinde haben wir eine Sonderkollekte für die Caritas Lüttich abgehalten. So ist der Kontakt zu Bischof Delville entstanden.

Übrigens ist mit dem Besuch aus Belgien ein schönes Zeichen verbunden: Die Botschaft spendiert uns 200 Liter belgisches Bier. Das ist eine Anspielung darauf, dass die belgischen Zuwandererinnen und Zuwanderer damals zwar einen katholischen Priester mitbringen durften, aber kein Braurecht für ihr Bier in Brandenburg erhielten.

Das Interview führte Gregor Krumpholz.

Erzbistum Berlin

Das Erzbistum Berlin umfasst das Land Berlin, den größten Teil Brandenburgs sowie Vorpommern und einen kleinen Teil Sachsen-Anhalts. In seinen Kirchengemeinden leben rund 400.000 Katholiken, davon rund 312.000 in Berlin. Während die Zahl der Katholiken im Raum der Bundeshauptstadt wächst, geht sie in den ländlichen Gebieten zurück. In seiner jetzigen Form wurde das Erzbistum 1994 errichtet. Erzbischof Dr. Heiner Koch übernahm die Bistumsleitung am 19. September 2015. Bischofssitz ist die St.-Hedwigs-Kathedrale in Berlin-Mitte.

Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin / © frantic00 (shutterstock)
Sankt-Hedwigs-Kathedrale in Berlin / © frantic00 ( shutterstock )
Quelle:
KNA