Priester H. auf eigenen Antrag kein Kleriker mehr

"Nachvollziehbar und angemessen"

Etwa 30 Betroffene werfen Priester H. Missbrauchstaten vor. Auch ein Gerichtsurteil von 1986 gibt es gegen ihn. Nun ist H. aus dem Klerikerstand entlassen worden, wie das zuständige Bistum Essen an diesem Montag bekanntgab.

Autor/in:
Christian Wölfel
Seite aus dem Codex Iuris Canonici (CIC), Entlassung aus dem Klerikerstand / © Julia Steinbrecht (KNA)
Seite aus dem Codex Iuris Canonici (CIC), Entlassung aus dem Klerikerstand / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Der Priester sorgte immer wieder für Schlagzeilen, auch weil prominente Kirchenmänner mit dem Fall zu tun hatten, darunter Joseph Ratzinger als Erzbischof von München und Freising.

Die Entlassung aus dem Klerikerstand hatte der 74-Jährige selbst beantragt, nachdem der Vatikan ihn per Rechtsbelehrung im Zuge eines kirchenrechtlichen Verfahrens über diese Möglichkeit informierte. Das Bistum Essen hat Bedenken, weil so keine Kontrolle mehr möglich ist.

Nachvollziehbar und angemessen

Zwar sei vor dem Hintergrund der zahlreichen und schwerwiegenden Fälle, für die H. verantwortlich sei, die für Priester als Höchststrafe geltende Entlassung aus dem Priesterstand nachvollziehbar und angemessen, erklärte das Bistum. Doch er unterliege damit keiner kirchlichen Weisungsbefugnis mehr. Von der hatte Bischof Franz-Josef Overbeck Gebrauch gemacht, als er den Geistlichen 2020 von Bayern nach Essen zurückbeorderte und ihn dort engmaschig kontrollieren ließ, um weitere Taten zu verhindern.

Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Franz-Josef Overbeck / © Harald Oppitz ( KNA )

Wenn H. nicht mehr zum Klerus gehöre, "werden diese Bemühungen in dem Umfang, wie es jetzt geschieht, auf Dauer nicht weitergeführt werden können. Das sehe ich nicht ohne Sorge", schrieb Overbeck nun laut Mitteilung dem Vatikan. Es gelte, einen verantwortlichen Übergang zu gestalten, sagte der Interventionsbeauftragte des Ruhrbistums, Simon Friede. Das Bistum sei dazu mit H. im Gespräch. Das Erzbistum München und Freising wollte die Entscheidung nicht kommentieren und verwies auf das Bistum Essen.

Fall sorgte für Schlagzeilen

Der Fall von Peter H. sorgte immer wieder für Schlagzeilen. 1980 wurde er vom Bistum Essen in das Erzbistum München-Freising versetzt, nachdem er zuvor übergriffig geworden war.

Papst Johannes Paul II. und Joseph Ratzinger (KNA)
Papst Johannes Paul II. und Joseph Ratzinger / ( KNA )

Damals war Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., Erzbischof in München. In seiner Einlassung zum Münchner Missbrauchsgutachten im Januar 2022 hatte er zunächst erklärt, an einer entscheidenden Sitzung nicht teilgenommen zu haben, in der es um den Umzug des Priesters ging.

Diese Angaben korrigierte Ratzinger später. Der Emeritus bestreitet jedoch, damals von der Vorgeschichte des Priesters gewusst zu haben.

Erneut mit Gemeindeseelsorge beauftragt

H. verging sich an mindestens vier Orten in Nordrhein-Westfalen und Oberbayern an Minderjährigen. Trotz gerichtlicher Verurteilung im Erzbistum München und Freising und eines Gutachtens, das vor der Arbeit mit Kindern warnte, wurde er erneut mit der Gemeindeseelsorge beauftragt. Dies geschah während der Amtszeit von Kardinal Friedrich Wetter als Erzbischof. Erst 2010 wurde H. von Kardinal Reinhard Marx von dieser Tätigkeit abberufen. Als zuständiger Diözesanbischof untersagte ihm Overbeck in der Folge die Ausübung der priesterlichen Dienste.

Bereits 2016 wurde in München ein Strafdekret gegen H. erlassen.

Kritiker hielten die Strafe damals für zu milde, weil der Geistliche nicht aus dem Klerikerstand entlassen wurde. Der damals zuständige Kirchenrechtler Lorenz Wolf erklärte, er habe wegen Vorgaben aus Rom nicht selbst ermitteln dürfen. Auch wegen des schlechten Zustands der Akten zum Fall sei mehr nicht drin gewesen.

 

Hintergrund: Entlassung aus dem Klerikerstand 

Die Entlassung aus dem Klerikerstand wird umgangssprachlich als "Laisierung" bezeichnet. Sie kann etwa vor einer Heirat auf Antrag des Betroffenen erfolgen. Bei schweren Vergehen von Geistlichen ist sie im katholischen Kirchenrecht die Höchststrafe.

Symbolbild Priester / © Yeti studio (shutterstock)
Quelle:
KNA