Prager Erzbischof Graubner wird 75 und muss weitermachen

Pflichtbewusst bis zum anstehenden Wechsel

Jan Graubner, lange Jahre Erzbischof in Olmütz, war selbst überrascht über seine Versetzung nach Prag. Die Generation junger Bischöfe bleibt vorerst im Wartestand. Und Graubner muss wohl noch auf seinen Ruhestand warten.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Jan Graubner, Erzbischof von Prag, bei der Versammlung der Europa-Etappe der Weltsynode in Prag / © Björn Steinz (KNA)
Jan Graubner, Erzbischof von Prag, bei der Versammlung der Europa-Etappe der Weltsynode in Prag / © Björn Steinz ( KNA )

Als er vor gut einem Jahr von seiner Ernennung zum Prager Erzbischof erfuhr, war der Olmützer Erzbischof Jan Graubner gefühlt platt. Der Metropolit von Mähren hatte sich schon darauf vorbereitet, zu seinem 75. Geburtstag in Ruhestand gehen zu dürfen. 2020 war er schwer an Covid-19 erkrankt; im Krankenhaus hing sein Leben am Seidenen Faden. Ärzte und Schwestern kämpften; er selbst hatte schon innerlich abgeschlossen – und wurde doch wieder gesund. Vielleicht ein Zeichen seiner Widerstandsfähigkeit. Spurlos ist die Erkrankung aber nicht an ihm vorübergegangen.

Franziskus rechnet noch mit ihm

Im Mai 2022 schließlich, mit fast 74, erfuhr Graubner, dass es erst mal nichts wird mit der erhofften Altersruhe. Im Gegenteil: Papst Franziskus ernannte ihn zum Prager Erzbischof und Primas Böhmens – und ließ ihm mitteilen, dass er noch für drei, vier Jahre mit ihm rechne. Insofern ist Graubners 75. Geburtstag am 29. August kein wirklich tiefer Einschnitt. 

Graubner stammt aus Brünn (Brno), dem historischen Zentrum Mährens. Von seinem Vorgänger in Prag, Kardinal Dominik Duka, hat er auch die Leitung der Tschechischen Bischofskonferenz übernommen; in einer zweiten Amtszeit nach 2000 bis 2010. Graubner wird dem konservativen Flügel der katholischen Kirche zugerechnet – wobei ein solches Etikett in den changierenden postsozialistischen Gesellschaften Mittel- und Osteuropas noch schwieriger haftet als anderswo.

Als Arbeiter unstrittig

Da er nicht aus der "Arbeiterklasse" stammte, schrieb sich Graubner 1967 in einer beruflich orientierten Mittelschule ein und war danach auch aus Sicht der Kommunisten als "Arbeiter" unstrittig. Sie konnten dann auch nichts mehr dagegen einwenden, dass er 1968 in Olmütz ein Theologiestudium aufnahm. 1973 wurde er zum Priester geweiht.

Anschließend wirkte Graubner als Kaplan und Pfarrer in der Mährischen Walachei unweit der Grenze zum damals slowakischen Landesteil. Seit 1990 Bischof, wurde er 1992 zum Erzbischof von Olmütz (Olomouc) ernannt und baute die geistig fast zerstörte Diözese mit dem von ihm neu inspirierten landesweit größten Wallfahrtsort Velehrad neu auf. Unweit von dort sollen im 9. Jahrhundert die bis heute verehrten Slawen-Apostel Kyrill und Method gepredigt haben.

Durchgängig glanzvoll ist Graubners Wirken freilich auch nicht gewesen. So soll er gewusst haben, dass ein Pfarrer in den 90er Jahren Ministranten sexuell missbraucht habe. Als zuständiger Bischof habe er nichts unternommen, hieß es. Die Polizei stellte aber am Ende ihre Ermittlungen wegen Nichtigkeit ein.

Kompromissfreudiger Vorgänger

Graubner hat als Dukas Nachfolger im Prager Erzbischöflichen Palais kein leichtes Erbe übernommen. Natürlich muss er sich auch dort, als höchster Kirchenrepräsentant in Tschechien, neu der Tatsache stellen, dass die Zahl der Gläubigen schrumpft – und das in einem Land, das ohnehin schon reichlich säkularisiert ist.

Kardinal Duka war für die staatliche Seite vergleichsweise ein Leichtgewicht. In der guten Absicht, den erbittert geführten Streit um das in den 1950er Jahren von den damals herrschenden Kommunisten konfiszierte Eigentum der Kirchen und Religionsgemeinschaften endlich zu beenden, war er zu vielen Kompromissen bereit. Ob das Ergebnis tragen wird, kann erst nach 2030 abschließend beurteilt werden. Dann soll die Trennung von Staat und Kirche in Tschechien endgültig vollzogen sein. Die Kirche muss dann mit ihrem Eigentum allein wirtschaften und damit auch die Priester allein entlohnen.

Basis hoffte auf andere Personalentscheidung

An der Basis hätten sich derweil viele Tschechen einen jüngeren Nachfolger für Duka gewünscht: Jan Vokal (64) etwa aus Hradec Kralove (Königgrätz) oder den sehr beliebten Tomas Holub (55) aus Pilsen.

Letzterer sorgte mit einem Interview für Schlagzeilen, in dem er die Tschechen zu Großherzigkeit gegenüber den Geflüchteten aus der Ukraine ermunterte. Damit traf er damals nicht nur den Nerv der Gläubigen. Daran könnte sich der Vatikan auch erinnern, wenn in Prag in einigen Jahren wieder eine neue Personalie anstehen sollte.

Einstweilen muss die nächste Bischofsgeneration noch ein wenig auf die ganz großen Jobs warten.

Kirche in Tschechien

In der Tschechischen Republik bekennt sich nur noch eine Minderheit der Bevölkerung zu einer Religionsgemeinschaft. 2018 bezeichnete sich laut Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Stem noch jeder vierte tschechische Bürger als gläubig, jeder dritte dagegen als Atheist. Zu den Gläubigen rechneten sich demnach häufiger Frauen, Personen über 45 Jahre sowie Bürger kleinerer Gemeinden.

Altstädter Ring in Prag / © dimbar76 (shutterstock)
Quelle:
KNA
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