Präses hofft auf friedliche Mittel bei Lützerath-Räumung

"Es darf nicht zu Verletzten kommen"

Die Evangelische Kirche im Rheinland setzt sich für eine friedliche Austragung des Konflikts um das Dorf Lützerath ein. Es soll für die weitere Ausdehnung des Braunkohle-Tagebaus Garzweiler abgebaggert werden.

Protest gegen Braunkohletagebau / © Harald Oppitz (KNA)
Protest gegen Braunkohletagebau / © Harald Oppitz ( KNA )

"Es darf nicht wie beim Konflikt um den Hambacher Forst zu Verletzten und sogar einem Toten kommen", sagte der leitende Theologe der rheinischen Kirche, Präses Thorsten Latzel, dem Evangelischen Pressedienst.

Die Polizei begann dort am Montag mit Vorbereitungen für die geplante Räumung des Ortes, der Berichten zufolge von mehreren hundert Klimaaktivisten besetzt ist.

Lützerath im Rheinischen Revier / © Arnulf Stoffel (dpa)
Lützerath im Rheinischen Revier / © Arnulf Stoffel ( dpa )

Braunkohleausstieg vorziehen

"Ziel muss es sein, auch an dieser Stelle eine tiefgreifende ökologische Transformation zu schaffen und zugleich den sozialen Zusammenhalt zu bewahren", sagte Latzel. Er verwies auf den politischen Beschluss, den Braunkohleausstieg auf 2030 vorzuziehen und im Gegenzug den weiteren Kohleabbau in einem Rahmen zu erlauben, der die Abbaggerung von Lützerath einschließt.

"Zugleich wissen wir alle, dass weiter Braunkohle zu verbrennen im Blick auf das Klima massiv schadet", betonte der oberste Repräsentant der zweitgrößten deutschen Landeskirche.

Auch für die rheinische Kirche mit ihren rund 2,3 Millionen Mitgliedern sei die Situation nicht leicht, weil in ihr die verschiedenen Positionen vertreten seien, sagte Latzel. Einerseits gebe es Mitglieder, die den politischen Kompromiss für richtig halten und dafür eintreten, ihn zu akzeptieren und umzusetzen. "Zugleich engagieren sich Mitglieder unserer Kirche in Bürgerinitiativen der umliegenden Gemeinden, die Lützerath erhalten wollen."

Falsch "Letzte Generation" als "Klima-RAF" zu diffamieren

Der Klimaschutz sei ein äußerst dringliches Anliegen. Er teile deshalb die Ziele auch von Gruppen wie der "Letzten Generation", unterstrich der rheinische Präses.

Thorsten Latzel / © Henning Schoon (KNA)
Thorsten Latzel / © Henning Schoon ( KNA )

Aktionen wie Straßenblockaden seien aber problematisch und kontraproduktiv: "Sie gefährden einen gesellschaftlichen Konsens, den wir dringend brauchen, um die Erderwärmung gemeinsam effektiv zu begrenzen." Auf der anderen Seite sei es "falsch und eine Überreaktion, solche Gruppen zu stigmatisieren, als kriminelle Vereinigung oder gar als 'Klima-RAF' zu diffamieren oder Aktivisten 30 Tage in Schutzhaft zu nehmen". Solche Reaktionen seien unverhältnismäßig.

Latzel warb für einen "offenen Dialog mit den Menschen", zu dem auch rechtlich erlaubte Mittel des zivilen Ungehorsams gehören könnten. Dabei müsse es um das gemeinsame zentrale Anliegen gehen, die Schöpfung zu bewahren. Auch die Folgen illegitimer Aktionen sollten zur Sprache kommen: "Infragestellung des Rechtsstaates, Gefährdung eines gesellschaftlichen Konsenses beim Klimaschutz, Gefährdung von sich selbst und anderen, Gefährdung kultureller Nachhaltigkeit durch Angriffe auf Kunstwerke."

"Letzte Generation"

"Letzte Generation" ist ein Bündnis von Aktivisten aus der Umweltschutzbewegung mit dem erklärten Ziel, durch Mittel des zivilen Ungehorsams Maßnahmen der deutschen und der österreichischen Bundesregierung gegen die Klimakrise zu erzwingen. Es bildete sich 2021 aus Teilnehmern des Hungerstreiks der letzten Generation. Ihre Anfang 2022 einsetzenden Aktionen bezeichnen die Aktivisten des Bündnisses als Aufstand der Letzten Generation.

Aktivisten der Umweltgruppe Letzte Generation haben die Fassade der SPD-Bundeszentrale beschmiert / © Julius-Christian Schreiner/TNN (dpa)
Aktivisten der Umweltgruppe Letzte Generation haben die Fassade der SPD-Bundeszentrale beschmiert / © Julius-Christian Schreiner/TNN ( dpa )
Quelle:
epd