Was macht die Faszination für Päpste im Film aus?

Popcorn und der Heilige Vater

Cineastische Päpste haben die letzten Jahre Hochkonjunktur. Nicht erst durch Wim Wenders' Film über Papst Franziskus, sondern auch dank des Netflix-Films "Die zwei Päpste" oder der Serie "The New Pope". Was fasziniert die Zuschauer daran?

Plakat für den Film Die zwei Päpste im Vatikan (Archiv) / © Burkhard Jürgens (KNA)
Plakat für den Film Die zwei Päpste im Vatikan (Archiv) / © Burkhard Jürgens ( KNA )

DOMRADIO.DE: Die Schlagzeilen, die die Kirche im Moment macht, sind nicht unbedingt positiv. Trotzdem gibt es eine riesige Begeisterung für Päpste in Serien und in Kinofilmen. Woher kommt das?

Fabian Apel (Katholischer Filmexperte und Mitbetreiber des Podcasts "PopcornPilger"): Ich würde da mit dem Begriff Begeisterung ein bisschen zurückhaltender sein. Die Päpste eignen sich ganz hervorragend für eine filmische oder eine serienhafte Umsetzung eines Bildes, das Menschen von der katholischen Kirche haben. Denn der Papst ist das sichtbare Zeichen, das Gesicht der Kirche.

Da kann man sich mit einer Person oder mit einem sehr begrenzten Personenkreis an einer ganzen Institution abarbeiten. Da kommen alle Faktoren und alle Aspekte, die man mit der katholischen Kirche verbindet, zum Vorschein - positive wie auch negative.

DOMRADIO.DE: Ein Beispiel: Jude Law spielt Pius XIII. in der Serie "The Young Pope". Das ist nicht unbedingt ein Held wie Luke Skywalker, aber es ist auch kein Bösewicht wie Darth Vader. Er ist eher eine Art Antiheld wie Walter White in "Breaking Bad" oder Frank Underwood in "House of Cards". Also bieten sich Päpste für diese Rolle zwischen Gut und Böse an?

Apel: Gerade Jude Law als Pius XIII. ist natürlich eine ganz schillernde Persönlichkeit, eine ganz schillernde Papstfigur, die gar nicht so recht in die Papst-Verfilmungen passen möchte, die wir aus der Vergangenheit und der Gegenwart kennen. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass es eigentlich im Kern eine italienische Serie ist und Italiener immer ganz besondere Verhältnisse zu "ihren Päpsten" haben.

Jude Law ist eine ganz faszinierende Papstfigur, die weder wirklich gut noch wirklich böse ist. Deshalb eignet sich diese Figur ganz gut, um sich an der katholischen Kirche als Institution mit allem, was man an Positivem, aber auch Negativen mit ihr verbindet, insofern abarbeiten zu können, als dass sie vielleicht "Macchiavelli-haft" ist, dass sie im inneren Kreise Intrigen spinnt oder dass man von außen Intransparenz mitbekommt und nicht weiß, was dort eigentlich passiert.

Gleichzeitig hat sie aber auch eine große karitative Dimension. Daran gibt es ja gar keinen Zweifel. Das zeigt sich auch gerade in der Serie "The Young Pope", dass auch Pius XIII. eine ganz besondere Beziehung zu Gott hat. Das wird da thematisiert.

Auf der anderen Seite führt er aber so einen allürenhaften Lebenswandel wie ein Popstar, der eigentlich nach unserem Dafürhalten gar nicht so recht zum Papst passen möchte.

DOMRADIO.DE: Man müsste eigentlich davon ausgehen, dass das ein Spartenthema ist, das nur Kirchen-Interessierte anlockt. Es kommt ja auch viel Fachwissen in den Serien vor. Um zu verstehen, dass der Name Pius XIII. etwas Gewisses bedeutet, muss man sich auskennen. Genauso muss man wissen, wer John Henry Newman ist, um zu verstehen, wen John Malkovich in "The New Pope" als Johannes Paul III. zum großen Vorbild nimmt. Das sind doch Dinge, die an 99 Prozent des Publikums vorbeigehen, oder?

Apel: Die Zahl ist vielleicht ein bisschen hoch. Ich finde aber, dass eine gute Serie und auch ein guter Film seinen Zuschauerinnen und Zuschauern etwas zumuten darf. Das haben wir in anderen Genres ja auch, dass man nicht immer jede Anspielung versteht. Das kann ein Musikstück sein, das im Film verwendet wird. Das können Dinge sein, die in einem Gemälde versteckt sind oder Bilder, die in einem Film gezeigt werden.

Der interessierte und der wissende Zuschauer, die wissende Zuschauerin kann die Anspielung verstehen, andere hingegen nicht. Aber das tut der Geschichte der Serie oder der Geschichte des Films keinen Abbruch. Das ist ein "Surplus" (Bonus oben drauf, Anm. d. Red.) und man freut sich daran, wenn man es verstanden hat.

Aber ich finde auch, dass das einen guten Film und eine gute Serie ausmacht, ähnlich wie die Renaissance-Gemälde Anspielungen auf antike Sagen haben. Man kann das Gemälde an sich als ein schönes Gemälde genießen und wenn man zudem Expertenwissen hat, versteht man noch die eine oder andere kleine Anspielung. Sowohl der Wissende als auch der Nichtwissende haben Spaß und Freude an einem guten Film oder an einer guten Serie.

DOMRADIO.DE: Gibt es einen fiktiven Papst, den Sie besonders beeindruckend finden und wo Sie die Geschichte besonders interessant erzählt finden?

Apel: Besonders interessant und beeindruckend ist natürlich Anthony Quinn als Papst Kyrill in dem Film "In den Schuhen des Fischers", was ein älteres Beispiel aus den 1960er Jahren ist. Aber der Film zeigt ganz schön, dass sich die Bilder von einer Institution wie der katholischen Kirche verändern.

"In den Schuhen des Fischers" zeigt vielleicht, wie man Ende der 1960er Jahre auf die Kirche geschaut hat oder was die Gesellschaft von Kirche erwartet hätte. Das macht es heute auch nochmal besonders interessant, sich ältere Filme über Päpste anzuschauen.

Besonders herzig ist natürlich die Komödie "Ein Papst zum Küssen" mit Robbie Coltrane als Papst. Das ist für die leichtere Kost und für die Experten. Und zu erwähnen ist noch, dass Ringo Starr, der Ex-Beatle, auch mal einen Papst in dem Film "Lisztomania" gespielt hat.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Anthony Hopkins als Papst Benedikt und Jonathan Pryce als Papst Franziskus in einer Szene des Films "Die zwei Päpste" / © Peter Mountain (dpa)
Anthony Hopkins als Papst Benedikt und Jonathan Pryce als Papst Franziskus in einer Szene des Films "Die zwei Päpste" / © Peter Mountain ( dpa )

John Malkovich (m), gekleidet im päpstlichen Gewand, in einer Szene von "The new pope" / © Luigi Costantini (dpa)
John Malkovich (m), gekleidet im päpstlichen Gewand, in einer Szene von "The new pope" / © Luigi Costantini ( dpa )

Wim Wenders und Papst Franziskus  / © Focus Features/AP (dpa)
Wim Wenders und Papst Franziskus / © Focus Features/AP ( dpa )
Quelle:
DR
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