Politiker rechnen nicht mit schneller NATO-Aufnahme Georgiens - Merkel will vermitteln

Ungewisse Zukunft

Deutsche Politiker rechnen nicht mit einer schnellen Aufnahme Georgiens in die NATO. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte dem Land am Wochenende ihre Unterstützung zugesichert. Mehr zur aktuellen Debatte und Situation, außerdem zahlreiche zahlreiche domradio-Interviews.

 (DR)

Für einen Beitritt müsse sich das Land weiter zu Demokratie und Rechtstaatlichkeit entwickeln, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Ruprecht Polenz (CDU) am Montag im Radiosender NDR Info. Hier gebe es noch Defizite. Außerdem müsse ausgeschlossen werden, dass Georgien neue Spannungen in die NATO bringe.

Die Haltung Deutschlands zu einer NATO-Kandidatur Georgiens habe sich nicht geändert, betonte Polenz. Bei ihrem Besuch in der georgischen Hauptstadt Tiflis am Wochenende habe Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lediglich deutlich gemacht, dass das Land NATO-Mitglied werden könne. Über den Zeitpunkt und die Bedingungen für einen solchen Schritt sei dagegen nichts gesagt worden.

SPD-Chef Kurt Beck mahnte, bei der Diskussion um eine mögliche NATO-Mitgliedschaft Georgiens sei "Sorgfalt geboten". "Die Voraussetzungen sind sicher noch schaffen", sagte Beck bei einem Besuch im brandenburgischen Spremberg.

Auch der FDP-Bundestagsabgeordnete und frühere FDP-Bundesvorsitzende Wolfgang Gerhardt sagte, Georgien müsse sich vor seinem Beitritt erst um seine Probleme kümmern. Eine NATO-Aufnahme des Landes als Antwort auf die gegenwärtige Situation sei nicht zu empfehlen, sagte Gerhardt im Südwestrundfunk. Dass Merkel das Angebot einer Mitgliedschaft erneuert habe, sei trotzdem richtig gewesen. Es könne schließlich "nicht akzeptiert werden, dass Moskau entscheidet, wer was darf".

Merkel sichert Georgien Unterstützung zu
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat Georgien Unterstützung zugesichert und den umgehenden Abzug der russischen Truppen aus dem Land gefordert. Georgien sei ein Staat, "dessen territoriale Integrität so geachtet werden muss, wie die anderer Staaten auch. Wir haben den Sechs-Punkte-Plan unterstützt und erwarten, dass er schnell umgesetzt wird", sagte Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Georgiens Staatspräsident Michail Saakaschwili am Sonntag in Tiflis. Gleichzeitig betonte sie, dass Georgien ungeachtet des Kaukasus-Konflikts Kandidat für die Aufnahme in die NATO bleibe.

Als "unabhängiger und souveräner Staat" könne Georgien die Mitgliedschaft in der NATO beantragen, es gebe keinen Grund, die Beschlüsse des letzten Gipfels in Bukarest zu ändern. "Georgien wird Mitglied der NATO sein", unterstrich Merkel. Die Bundeskanzlerin fügte hinzu, den Menschen müsse jetzt möglichst schnell geholfen werden. Es gelte, "humanitäre Korridore" zu errichten. Am Freitag hatte sie im russischen Badeort Sotschi Russlands Präsident Dmitri Medwedew getroffen und bereits dort einen Abzug der Russen vom georgischem Gebiet gefordert.

Abzug russischer Truppen gefordert
Medienberichten zufolge stellte Russlands Staatschef am Sonntag in einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy den Abzug erster russischer Einheiten aus Georgien für Montag in Aussicht.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hob am Wochenende ebenfalls die "territoriale Integrität" Georgiens hervor. Weil sich die Europäische Union am Völkerrecht orientiere, bleibe diese "Grundlage unserer Politik", sagte der SPD-Politiker. In der EU stehe "das Festhalten an der territorialen Integrität Georgiens für niemanden zur Debatte". Steinmeier reagierte damit auf Äußerungen seines russischen Amtskollegen Sergej Lawrow, wonach man das "Gerede" über die territoriale Unversehrtheit Georgiens "vergessen" solle.

Steinmeier betonte, er habe seine Position "in Tiflis ebenso wie in Moskau oder in Abchasien deutlich gemacht". Russland habe diese Sicht "in der Vergangenheit wiederholt bestätigt". Er gehe davon aus, dass sich daran nichts geändert habe.

Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) warnte derweil vor einer schnellen Aufnahme Georgiens in die NATO. Er sehe die Chancen auf einen georgischen Beitritt durch die jüngsten Ereignisse "in noch weitere Ferne" gerückt, sagte Schröder. Er nannte den georgischen Präsidenten Saakaschwili einen "Hasardeur".

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